August 2024

Inhalt

 

A. Gesetzgebung

B. Rechtsprechung

 

Allgemein

Vergütung für Umkleide-, Wege- und Körperreinigungszeiten

Disziplinarmaßnahme gegen Anhänger der Identitären Bewegung

Freistellung unter Lohnfortzahlung deutet nicht gleich auf eine Verweigerung einer Prämien- oder Bonuszahlung durch den Arbeitgeber

Betriebliche Altersversorgung

Arbeitgeberzuschuss zu Entgeltumwandlung

Betriebsverfassungsrecht

Kandidieren einer niedrigeren Anzahl von Arbeitnehmern als die in § 9 BetrVG festgelegte Zahl steht einer Betriebsratswahl nicht entgegen

Europarecht

Überstundenzuschläge müssen jedem Arbeitnehmer ab Überschreiten der individuellen Arbeitszeit gewährt werden

Kündigung/Kündigungsschutz

Sexuelle Belästigung auf Betriebsfeier kostet Außendienstmitarbeit den Arbeitsplatz

Prozessuales

Anforderungen an die Anfechtung eines Prozessvergleichs nach § 123 Abs. 1 BGB

Beweis des ersten Anscheins hinsichtlich des Zustellungszeitpunktes von Briefen der Deutschen Post AG

Anforderungen an eine ordnungsgemäße Nichtzulassungsbeschwerde

Durchführung eines arbeitsgerichtlichen Verfahrens ohne mündliche Verhandlung nur bei Vorliegen eines dringenden Falles

Tarifrecht/Tarifvertragsrecht

Maßgebende Lohngruppe für tarifliche Eingruppierung eines Vorarbeiters bei den Stationierungsstreitkräften

Bestimmungszeitpunkt der gewerkschaftlichen Mehrheitsverhältnisse im Rahmen einer Tarifkollision

Begriff der „Beschäftigte in Gaststätten“ i.S.d. § 1 Abs. 2 Buchst. r TVöD/VKA

Bestimmung der Höhe der Corona-Sonderzahlung nach § 2 Abs. 2 TdL

Maßgeblichkeit des regelmäßigen Beschäftigungsortes für Feiertagszuschläge

Tarifvertrag darf Inflationsausgleich während der Elternzeit ausschließen

Urlaubsrecht

Erfüllung des Urlaubsanspruchs durch den Arbeitgeber trotz Anordnung einer nicht krankheitsbedingten häuslichen Quarantäne

C. Literatur

 

Allgemein

Statusfragen in der Plattformarbeit: Europäische Arbeitnehmer- und Arbeitgeberkonzepte auf dem Prüfstand

Verfassungs- und Unionsrechtskonformität von Direktanstellungsgeboten

Die Erwerbsbemühungen im Annahmeverzug – zur Notwendigkeit eines (engeren) Abgleichs mit sozialrechtlichen Wertungen

Die Haftung des Arbeitgebers für Impfschäden

Verstöße gegen das Jugendarbeitsschutzgesetz durch den Einsatz minderjähriger Nationalspieler bei der Fußball-EM

Zwangsarbeit in Form moderner Schuldknechtschaft – ein Problem bei der Anwerbung von Arbeitskräften aus dem Ausland?

Die schweizerische Initiative zur Einführung einer 13. Altersrente

Arbeitnehmerüberlassung

Weitergeltung einer Arbeitnehmerüberlassungserlaubnis bei der umwandlungsrechtlichen Verschmelzung

Betriebliche Altersversorgung

Das geplante Optionsmodell der betrieblichen Altersversorgung

Rentenreform und Verfassungsrecht 2023 in Frankreich

Die abgeleitete Rentnergesellschaft im Konzern und ihre Schadensersatzpflicht nach § 826 BGB für unterbliebene Rentenanpassungen

Betriebsverfassungsrecht

Digitaler Betriebsrat und virtuelle Zusammenarbeit zwischen Arbeitgeber und Gremium

Neue Regeln zur Vergütung von Betriebsratsmitgliedern

Die Änderung der Regeln zur Betriebsratsvergütung

Die Bestimmung der richtigen Betriebsratsvergütung nach neuem Recht

Mehr Rechtssicherheit für die Betriebsratsvergütung - Zur Novelle der §§ 37 IV und 78 BetrVG

Neue Regeln zur Betriebsratsvergütung

Novelle zur Betriebsratsvergütung auf dem Prüfstand

Aktuelle Entscheidungen zur Erforderlichkeit der Teilnahme von Betriebsratsmitgliedern an Schulungsveranstaltungen und damit verbundener Kosten

Die (unwirksame) tarifvertragliche Aufstockung der Anzahl der Betriebsratsmitglieder nach § 9 BetrVG

Effektiver Rechtsschutz des Betriebsrats gegen die Verletzung des Unterrichtungsanspruchs bei Betriebsänderungen

Europarecht

Die KI-Verordnung der Europäischen Union: Überblick und Konsequenzen im Arbeitsrecht

Der „Vaterschaftsurlaub“ hätte in Deutschland längst gewährt werden müssen

Die Leitlinien zur Anwendung des Wettbewerbsrechts der Union auf Tarifverträge über die Arbeitsbedingungen von Solo-Selbständigen – Eine kritische Gesamtbetrachtung

Entgeltdiskriminierung wegen des Geschlechts – Das Bundesarbeitsgericht im europäischen Trend

Wo deutsches Arbeitsrecht die Europäische Sozialcharta verletzt

Kündigung/Kündigungsschutz

Der straffällige Arbeitnehmer und die Reputation des Arbeitgebers - die Auswirkungen strafbaren Verhaltens auf den Kündigungsschutz

“Nachspielzeit” im Arbeitsverhältnis - ein Spiel endet nicht immer nach 90 Minuten oder nach Zugang einer arbeitgeberseitigen Kündigung

Prozessuales

Gesetz zur weiteren Digitalisierung der Justiz (§ 46h ArbGG, § 130e ZPO): Renaissance der Schriftsatzkündigung

Der neue Streitwertkatalog für die Arbeitsgerichtsbarkeit – Eine kritische Betrachtung

Neuregelung der Videokonferenztechnik in der Arbeitsgerichtsbarkeit

Tarifrecht/Tarifvertragsrecht

Die Tariffähigkeit der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer nach Gründung der Fair Train e.G.

Gewerkschaftsbonus – Eine kritische Betrachtung aus der Praxis

Urlaubsrecht

Die Verjährung von Urlaubsansprüchen – Ein Blick auf die aktuelle Rechtsprechung

D. Entscheidungsbesprechungen


 
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A. Gesetzgebung

G20 einigen auf Abschlusserklärung zur Schaffung einer gerechteren Gesellschaft und ArbeitsweltMeldung des BMAS vom 6.8.2024
Die Arbeitsministerinnen und -minister der G20 haben sich am 25. und 26. Juli in Brasilien auf eine Abschlusserklärung geeinigt, in der die Schaffung menschenwürdiger Arbeitsplätze als Schüssel für eine gerechtere Gesellschaft und Arbeitswelt angesehen wird. 

Weitere Informationen sind auf der Seite des BMAS abrufbar. 
(ck)

SGB-III-Modernisierungsgesetz beschlossenPressemitteilung des BMAS vom 19.8.2024
Das Bundeskabinett hat den Entwurf des SGB-III-Modernisierungsgesetzes beschlossen, welches weitere Schritte zur Digitalisierung und Automatisierung vorsieht. 
Die bisherige Eingliederungsvereinbarung wird durch einen neuen Kooperationsplan ersetzt, welche auf eine unbürokratische Zusammenarbeit zwischen der Agentur für Arbeit und den arbeitssuchenden Bürgerinnen und Bürgern und auf Vertrauen in die Eigenbemühungen und Eigeninitiative setzt. 

Weitere Informationen sind auf der Seite des BMAS abrufbar. 
(ck)

Veröffentlichungen im Bundesgesetzblatt

  • Zwölfte Verordnung zur Änderung der Bürgergeld-Verordnung (BGBl 2024 I Nr. 267 vom 26.08.2024)

(ck) 

Veröffentlichungen im Amtsblatt der EU (Teil L) 

  • Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses — Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Richtlinie 2009/38/EG betreffend die Einsetzung und Arbeitsweise Europäischer Betriebsräte und die wirksame Durchsetzung der Rechte auf länderübergreifende Unterrichtung und Anhörung [COM(2024) 14 final – 2024/0006 (COD)]

(ck)


  • B. Rechtsprechung

AllgemeinVergütung für Umkleide-, Wege- und KörperreinigungszeitenBAG, Urt. v. 23.4.2024 - 5 AZR 212/23, Leitsatz
Körperreinigungszeiten gehören zur vergütungspflichtigen Arbeitszeit, wenn sich der Arbeitnehmer bei seiner geschuldeten Arbeitsleistung so sehr verschmutzt, dass ihm ein Anlegen der Privatkleidung, das Verlassen des Betriebs und der Weg nach Hause ohne eine vorherige Reinigung des Körpers im Betrieb nicht zugemutet werden kann.
(ma)

Disziplinarmaßnahme gegen Anhänger der Identitären BewegungBVerwG, Urt. v. 19.4.2024 - 2 WD 9.23, Pressemitteilung v. 27.8.2024
Das BVerwG hat die disziplinarrechtliche Höchstmaßnahme gegen einen Oberleutnant der Reserve bestätigt, der sich im Jahr 2015/2016 aktiv für die Identitäre Bewegung Deutschland e.V. engagiert hatte. Er wirkte beim Aufbau einer Regionalgruppe in Bayern, bei mehreren Demonstrationen und in einem Werbefilm der Identitären Bewegung mit. Damit habe er die für alle Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr geltende verfassungsrechtliche Treuepflicht aus § 8 SG verletzt.

(ma)Freistellung unter Lohnfortzahlung deutet nicht gleich auf eine Verweigerung einer Prämien- oder Bonuszahlung durch den ArbeitgeberLAG Baden-Württemberg, Beschluss v. 1.8.2024 - 5 Ta 58/24, Leitsatz
Bei einer Freistellung unter Fortzahlung der Vergütung besteht keine Regelhaftigkeit, dass der Arbeitgeber eine Prämie oder Bonuszahlung vollständig oder teilweise verweigert. Ein "Streit" oder eine "Ungewissheit" im Sinne des § 779 BGB, die Voraussetzung für das Vorliegen eines Vergleichsmehrwerts sind, ist daher nur gegeben, wenn die Beteiligten hierzu konkret vortragen (Geltendmachung, Ablehnung).
(ma)Betriebliche AltersversorgungArbeitgeberzuschuss zu EntgeltumwandlungBAG, Urt. v. 20.8.2024 - 3 AZR 285/23, Pressemitteilung v. 20.8.2024
Von den gesetzlichen Regelungen zur Entgeltumwandlung (§ 1a BetrAVG) einschließlich des Anspruchs auf einen Arbeitgeberzuschuss nach § 1a Abs. 1a BetrAVG kann gemäß § 19 Abs. 1 BetrAVG auch in Tarifverträgen abgewichen werden, die bereits vor Inkrafttreten des Ersten Betriebsrentenstärkungsgesetzes am 1. Januar 2018 geschlossen wurden.

(ma)BetriebsverfassungsrechtKandidieren einer niedrigeren Anzahl von Arbeitnehmern als die in § 9 BetrVG festgelegte Zahl steht einer Betriebsratswahl nicht entgegenBAG, Urt. v. 24.4.2024 - 7 ABR 26/23, Leitsatz
Es steht der Wahl eines Betriebsrats nicht entgegen, wenn weniger Arbeitnehmer für das Betriebsratsamt kandidieren als die nach der Staffel des § 9 BetrVG festgelegte Zahl der Betriebsratsmitglieder. In einem solchen Fall ist bei der Betriebsratsgröße auf die jeweils nächstniedrigere Stufe des § 9 BetrVG so lange zurückzugehen, bis die Zahl von Bewerbern für die Errichtung eines Gremiums mit einer ungeraden Anzahl an Mitgliedern ausreicht.
(ma)EuroparechtÜberstundenzuschläge müssen jedem Arbeitnehmer ab Überschreiten der individuellen Arbeitszeit gewährt werdenEuGH, Urt. v. 29.7.2024 - Rs. C-184/22 und C-185/22
Nach dem EuGH verstößt eine nationale tarifliche Regelung, nach der die Zahlung von Überstundenzuschlägen an Teilzeitbeschäftigte nur für die Arbeitsstunden vorgesehen ist, die über die regelmäßige Arbeitszeit von sich in einer vergleichbaren Lage befindlichen vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmer hinaus gearbeitet werden, gegen das Unionsrecht.Der EuGH ist in seinem Urteil zunächst auf die Frage eingegangen, ob durch eine solche nationale Regelung ein Verstoß gegen § 4 Nr. 1 und 2 der Rahmenvereinbarung vorliegt und hat diese im Ergebnis bejaht. Nach § 4 Nr. 1 dürfen Teilzeitbeschäftigte in ihren Beschäftigungsbedingungen nur deswegen, weil sie teilzeitbeschäftigt sind, gegenüber vergleichbaren Vollzeitbeschäftigten nicht schlechter behandelt werden, es sei denn, dass diese unterschiedliche Behandlung aus objektiven Gründen gerechtfertigt ist. Nr. 2 der Vorschrift weist hingegen auf die grundsätzliche Geltung des pro-rata-temporis-Grundsatzes hin. Der Begriff der Beschäftigungsbedingungen i.S.d. § 4 Nr. 1 der Rahmenvereinbarung umfasse nach ständiger Rechtsprechung auch Vergütungsbedingungen und erstrecke sich daher auch auf die Regelung von Überstundenzuschlägen. Hinsichtlich der Beurteilung der Vergleichbarkeit der Situation von vollzeitbeschäftigten und teilzeitbeschäftigten Arbeitnehmern sei nach ständiger Rechtsprechung die Gesamtheit von Faktoren wie Art der Arbeit, Ausbildungsanforderungen und Arbeitsbedingungen heranzuziehen. Nehmen die teilzeitbeschäftigten Arbeitnehmer während der Zeit ihrer Beschäftigung erwiesenermaßen die gleichen Aufgaben wahr wie die beim selben Arbeitgeber vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmer oder bekleiden sie dieselbe Arbeitsstelle wie diese, so sei grundsätzlich von einer Vergleichbarkeit auszugehen. Die Würdigung und Prüfung dieses Sachverhalts sei aber Sache der nationalen Gerichte. Eine Ungleichbehandlung der teilzeitbeschäftigten Arbeitnehmer gegenüber vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmern liege durch die Regelung vor. Dies ergebe sich daraus, dass ein teilzeitbeschäftigter Arbeitnehmer die gleiche Anzahl an Stunden arbeiten müsse wie ein vollzeitbeschäftigter Arbeitnehmer, um Überstundenzuschläge zu erhalten und zwar unabhängig von der individuell im Arbeitsvertrag dieses teilzeitbeschäftigten Arbeitnehmers vereinbarten regelmäßigen Arbeitszeit, sodass für Teilzeitbeschäftigte eine Erreichung der Anzahl an Arbeitsstunden, die für den Erhalt des Überstundenzuschlags erforderlich ist, nicht oder nur mit einer deutlich geringeren Wahrscheinlichkeit gegeben sei. Während Vollzeitbeschäftigte ab der ersten Arbeitsstunde, die sie über ihre regelmäßige Arbeitszeit hinaus leisten, einen Überstundenzuschlag erhielten, erhielten Teilzeitbeschäftigte für Arbeitsstunden, die zwar über die in ihren Arbeitsverträgen vereinbarte regelmäßige Arbeitszeit hinausgehen, aber unter der regelmäßigen Arbeitszeit von Vollzeitbeschäftigten liegen, keinen Überstundenzuschlag. Dies begründe für Teilzeitbeschäftigte eine größere Belastung und damit die nach § 4 Nr. 1 Rahmenvereinbarung erforderliche Schlechterbehandlung. Für eine solche Schlechterbehandlung liege auch kein rechtfertigender sachlicher Grund vor. Ein solcher liege nur vor, wenn die unterschiedliche Behandlung einem echten Bedarf entspreche und zur Erreichung des verfolgten Ziels geeignet und erforderlich sei. Solche Umstände könnten sich etwa aus der besonderen Art der Aufgaben, zu deren Erfüllung Teilzeitverträge geschlossen wurden und ihren Wesensmerkmalen oder ggf. aus der Verfolgung eines legitimen sozialpolitischen Ziels durch einen Mitgliedstaat ergeben. Das vorlegende Gericht stellt zwar als mögliche sachliche Gründe auf solche legitimen Ziele, nämlich die Verringerung der Anordnung von Überstunden durch den Arbeitgeber und auf die Vermeidung einer Ungleichbehandlung von Vollzeitbeschäftigten gegenüber Teilzeitbeschäftigten, ab. Die tarifliche Regelung sei aber nicht geeignet diese Ziele zu fördern, sondern bewirke gerade im Gegenteil den Anreiz des Arbeitgebers, eher bei Teilzeitbeschäftigten als bei Vollzeitbeschäftigten Überstunden anzuordnen. Die tarifliche Regelung führe nämlich dazu, dass die Anordnung von Überstunden bei Teilzeitbeschäftigen für den Arbeitgeber eine geringere finanzielle Belastung bedeute, als die Anordnung der gleichen Anzahl bei Vollzeitbeschäftigten, da für diese Stunden keine Zuschläge zu zahlen seien. Auch sei durch die Gewährung eines Überstundenzuschlags ab der ersten Stunde, die jeder Arbeitnehmer über die in seinem Arbeitsvertrag individuell vereinbarte Arbeitszeit hinaus arbeitet, mangels Ungleichbehandlung keine Schlechterstellung der Vollzeitbeschäftigten zu befürchten. Im Ergebnis liege daher eine ungerechtfertigte Schlechterbehandlung der Teilzeitbeschäftigten und daher ein Verstoß gegen § 4 Nr. 1 und 2 der Rahmenvereinbarung vor. Hinsichtlich eines möglichen Verstoßes gegen Art. 157 AEUV, Art. 2 Abs. 1 Buchst. b und Art. 4 Abs. 1 der RL 2006/54 führt der EuGH zunächst aus, dass die tarifliche Regelung für männliche und weibliche Arbeitnehmer unterschiedslos gelte und daher keine unmittelbare Diskriminierung aufgrund des Geschlechts begründe. Möglich sei aber eine mittelbare Diskriminierung aufgrund des Geschlechts. Diese Prüfung sei aber Sache der nationalen Gerichte. Der EuGH weist lediglich daraufhin, dass der bloße statische Beweis, dass die konkreten Vollzeitbeschäftigten nicht aus erheblich mehr Männern besteht als Frauen, nicht geeignet sei, eine mittelbare Diskriminierung von vornherein auszuschließen. 

(ma)Kündigung/KündigungsschutzSexuelle Belästigung auf Betriebsfeier kostet Außendienstmitarbeit den ArbeitsplatzArbG Siegburg, Urt. v. 24.7.2024 - 3 Ca 387/24, Pressemitteilung v. 28.8.2024
Ein Arbeitnehmer, der einer Kollegin einen Klaps auf den Po gibt, sie an sich zieht und gegen ihren erkennbaren Willen festhält, kann deswegen außerordentlich gekündigt werden, auch wenn sich der Vorfall in der lockeren Atmosphäre einer Betriebsfeier ereignete. Nach der Vernehmung der Kollegin als Zeugin stand zur Überzeugung des Gerichts fest, dass der Kläger sie durch sein Verhalten anlässlich der Betriebsfeier sexuell belästigt habe. Seine Äußerung, sie solle den Klaps auf den Po als Kompliment auffassen, lasse seine sexuell bestimmte Motivation erkennen. Zudem stelle das Festhalten der Kollegin gegen ihren Willen einen nicht hinnehmbaren Eingriff in ihre Freiheit dar. 

(ma)ProzessualesAnforderungen an die Anfechtung eines Prozessvergleichs nach § 123 Abs. 1 BGBBAG, Urt. v. 20.6.2024 - 2 AZR 156/23, Leitsatz
Ein Prozessvergleich kann nur mit Erfolg nach § 123 Abs. 1 Alt. 1 BGB angefochten werden, wenn die arglistige Täuschung durch den Anfechtungsgegner für die Annahmeerklärung des Anfechtenden kausal geworden ist. Das ist nicht der Fall, wenn der Anfechtende im Zeitpunkt der vermeintlichen Täuschung dem Vergleich bereits unwiderruflich zugestimmt hatte.
(ma)Beweis des ersten Anscheins hinsichtlich des Zustellungszeitpunktes von Briefen der Deutschen Post AGBAG, Urt. v. 20.6.2024 - 2 AZR 213/23, Leitsatz
Es besteht ein Beweis des ersten Anscheins, dass Bedienstete der Deutschen Post AG Briefe zu den postüblichen Zeiten zustellen.
(ma)

Anforderungen an eine ordnungsgemäße NichtzulassungsbeschwerdeBAG, Beschluss v. 27.7.2024 - 6 AZM 14/24, Leitsatz
Verwirft das LAG die Berufung ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss als unzulässig und lässt es die Revisionsbeschwerde nach § 77 S. 1 ArbGG nicht zu, setzt eine hiergegen gerichtete ordnungsgemäße Nichtzulassungsbeschwerde zwingend voraus, dass sie sich mit den Erwägungen des Berufungsgerichts zur Unzulässigkeit des Rechtsmittels auseinandersetzt.
(ma)Durchführung eines arbeitsgerichtlichen Verfahrens ohne mündliche Verhandlung nur bei Vorliegen eines dringenden FallesLAG Berlin-Brandenburg, Beschluss v. 29.7.2024 - 12 Ta 625/24, Leitsatz
Im arbeitsgerichtlichen Verfahren hat auch die Zurückweisung eines Antrags auf Erlass einer einstweiligen Verfügung ohne mündliche Verhandlung zur Voraussetzung, dass ein dringender Fall im Sinne von § 62 Abs. 2 S. 2 ArbGG vorliegt. Anderenfalls ist aufgrund mündlicher Verhandlung und damit unter Zuziehung der ehrenamtlichen Richter zu entscheiden. Liegt kein dringender Fall vor, entscheidet das ArbG aber dennoch ohne mündliche Verhandlung durch den Kammervorsitzenden allein, so liegt ein schwerer Verfahrensfehler vor, der grundsätzlich geeignet ist, die Aufhebung des Beschlusses und Zurückverweisung des Verfahrens zu begründen.
(ma)Tarifrecht/TarifvertragsrechtMaßgebende Lohngruppe für tarifliche Eingruppierung eines Vorarbeiters bei den StationierungsstreitkräftenBAG, Urt. v. 20.3.2024 - 4 AZR 142/23, Leitsatz
Für die Eingruppierung eines Vorarbeiters bei den Stationierungsstreitkräften nach § 57 Ziffer 2 Buchst. a TV AL II ist als Mindesteingruppierung die zutreffende Lohngruppe des höchst eingruppierten Arbeiters maßgebend, mit dessen Einsatz nach einer von dem AG getroffenen Organisationsentscheidung in einer von dem Vorarbeiter geleiteten Arbeitsgruppe zu rechnen ist.
(ma)Bestimmungszeitpunkt der gewerkschaftlichen Mehrheitsverhältnisse im Rahmen einer TarifkollisionBAG, Beschluss v. 30.4.2024 - 1 ABR 10/23, Leitsatz
Die gewerkschaftlichen Mehrheitsverhältnisse im Betrieb bei einer nach § 4a Abs. 2 S. 2 TVG aufzulösenden Tarifkollision sind jeweils zu dem Zeitpunkt zu bestimmen, in dem der letzte kollidierende Tarifvertrag schriftlich abgeschlossen wurde. Auf das Datum eines rückwirkenden Inkrafttretens kommt es nicht an.
(ma)Begriff der „Beschäftigte in Gaststätten“ i.S.d. § 1 Abs. 2 Buchst. r TVöD/VKABAG, Urt. v. 24.4.2024 - 4 AZR 195/23, Leitsatz
„Beschäftigte in Gaststätten“ i.S.d. § 1 Abs. 2 Buchst. r TVöD/VKA sind solche, die in einem Betrieb iSd. allgemeinen Betriebsbegriffs tätig sind, dessen arbeitstechnischer Zweck darauf gerichtet ist, Gästen Speisen und Getränke zum Verzehr vor Ort gegen Entgelt anzubieten.
(ma)Bestimmung der Höhe der Corona-Sonderzahlung nach § 2 Abs. 2 TdLBAG, Urt. v. 4.7.2024 - 6 AZR 3/24, Leitsatz
Zur Bestimmung der Höhe der Corona-Sonderzahlung nach § 2 Abs. 2 des Tarifvertrags über eine einmalige Corona-Sonderzahlung vom 29. November 2021 (TdL) ist im Fall einer Teilzeitbeschäftigung im Blockmodell der Anteil der individuell vereinbarten durchschnittlichen Arbeitszeit an der regelmäßigen Arbeitszeit vergleichbarer Vollzeitbeschäftigter zugrunde zu legen. Dabei gilt für die gesamte Zeit im Blockmodell eine einheitliche Teilzeitquote, auch wenn die Arbeitszeit in der Anspar- und der Freistellungsphase ungleichmäßig verteilt ist.
(ma)Maßgeblichkeit des regelmäßigen Beschäftigungsortes für FeiertagszuschlägeBAG, Urt. v. 1.8.2024 - 6 AZR 38/24, Pressemitteilung v. 1.8.2024
Für Beschäftigte, die unter den Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L) fallen, richtet sich der Anspruch auf Feiertagszuschläge danach, ob am regelmäßigen Beschäftigungsort ein gesetzlicher Feiertag ist.

(ma)Tarifvertrag darf Inflationsausgleich während der Elternzeit ausschließenLAG Düsseldorf, Urt. v. 14.8.2024 - 14 SLa 303/24, Pressemitteilung v. 14.8.2024
Ein Tarifvertrag darf einen Inflationsausgleich während der Elternzeit ausschließen. Die Tarifvertragsparteien dürften den Bezug von Entgelt an mindestens einem Tag als Anspruchsvoraussetzung für den Inflationsausgleich festlegen. Eine solche tarifliche Regelung verstoße nach dem LAG Düsseldorf nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG. Sie sei wirksam. Weil das Arbeitsverhältnis während der Elternzeit - ausgenommen die Teilzeittätigkeit - ruht, erfüllte die Klägerin in dem Verfahren diese Voraussetzung nicht. Diese Differenzierung sei sachlich gerechtfertigt und stelle keine mittelbare Diskriminierung dar, weil der tarifliche Inflationsausgleich auch einen Vergütungszweck verfolge. Er sei arbeitsleistungsbezogen ausgestaltet. Soweit Beschäftigte, die Krankengeld bzw. Kinderkrankengeld beziehen, einen Inflationsausgleich erhalten, erfolge dies aus sozialen Gründen zur Abmilderung besonderer Härten. Für diese dürften die Tarifvertragsparteien andere Regelungen vorsehen als für Beschäftigte in Elternzeit. Die Inanspruchnahme einer Elternzeit sei im Regelfall planbar, die eigene oder die Erkrankung des Kindes trete dagegen typischerweise plötzlich und unerwartet auf.

(ma)UrlaubsrechtErfüllung des Urlaubsanspruchs durch den Arbeitgeber trotz Anordnung einer nicht krankheitsbedingten häuslichen QuarantäneBAG, Urt. v. 28.5.2024 - 9 AZR 76/22, Leitsatz
Bewilligt der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer antragsgemäß Urlaub und zahlt an ihn Urlaubsentgelt, erfüllt er den Urlaubsanspruch ungeachtet des Umstands, dass die zuständige Behörde anschließend für denselben Zeitraum die Absonderung des selbst nicht erkrankten Arbeitnehmers in häusliche Quarantäne anordnet, weil er mit einer Person Kontakt gehabt hat, die mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 infiziert gewesen ist. Die von dem Arbeitnehmer ausgehende Ansteckungsgefahr, die den Grund für die Quarantäneanordnung bildet, ist mangels eines regelwidrigen Körperzustands keine Krankheit i.S.d. § 9 BUrlG. Eine analoge Anwendung des § 9 BUrlG scheidet aus, da weder eine planwidrige Regelungslücke vorliegt noch die Regelungsgegenstände hinreichend vergleichbar sind.
(ma)

 

  •  C. Literatur

AllgemeinStatusfragen in der Plattformarbeit: Europäische Arbeitnehmer- und Arbeitgeberkonzepte auf dem PrüfstandProf. Dr. Christina Hiessl, Leuven, SR 2024, 128-143
In diesem Beitrag beleuchtet die Autorin zentrale rechtliche Fragen und Trends in der Rechtsprechung bezüglich digitaler Arbeitsplattformen und deren Beschäftigten in Europa. Anhand der Analyse von über 890 Entscheidungen diskutiert die Autorin die Kriterien, nach denen Gerichte feststellen, ob ein Plattformbeschäftigter als Arbeitnehmer gilt. Sie stellt fest, dass die Entwicklungen der Rechtsprechung zeigen, dass trotz einer Vielzahl von Urteilen in verschiedenen Ländern keine einheitliche Linie in der Bewertung des Arbeitnehmerstatus erkennbar ist, insbesondere da die Plattformen ihre Geschäftsmodelle ständig anpassen. Die Autorin unterstreicht die Unsicherheit in der Rechtslage und hebt die Komplexität der Statusfrage in der Plattformarbeit hervor.
(ib)Verfassungs- und Unionsrechtskonformität von DirektanstellungsgebotenProf. Dr. Volker Rieble / Gregor Pingel / Fabian Vetter, München, ZfA 2024, 372-398
Die Autoren analysieren in diesem Beitrag die rechtlichen Aspekte von Direktanstellungsgeboten, insbesondere im Hinblick auf ihre Verfassungs- und Unionsrechtskonformität. Sie argumentieren, dass solche Gebote, die Unternehmen zwingen, bestimmte Tätigkeiten mit eigenen Mitarbeitern durchzuführen, erhebliche Eingriffe in die Organisationsfreiheit und Berufsfreiheit darstellen. Die Autoren kritisieren zudem, dass Direktanstellungsgebote oft nicht geeignet seien, den Arbeitnehmerschutz zu verbessern und darüber hinaus gegen Unionsrecht, insbesondere gegen die Dienstleistungsfreiheit, verstoßen könnten. Abschließend stellen sie fest, dass solche Maßnahmen den Wettbewerb auf dem Binnenmarkt unzulässig verzerren könnten.
(ib)

Die Erwerbsbemühungen im Annahmeverzug – zur Notwendigkeit eines (engeren) Abgleichs mit sozialrechtlichen WertungenRAin Dr. Nathalie Oberthür, Köln, NZA 2024, 1010-1015
Die jüngeren Entscheidungen des 5. Senats des BAG zur Anrechnung böswillig unterlassenen Erwerbs gemäß § 615 S. 2 BGB haben in der rechtswissenschaftlichen Diskussion große Beachtung gefunden. Der Beitrag hebt hervor, dass diese Rechtsprechung auch bedeutende Implikationen für die Arbeitslosenversicherung hat und plädiert für eine engere Ausrichtung der arbeitsrechtlichen Beurteilung an arbeitsförderungsrechtliche Wertungen. § 615 BGB, § 115 SGB X würden nach Auffassung der Autorin gebieten, dass die wirtschaftlichen Risiken des Annahmeverzugs nicht überobligatorisch dem Arbeitnehmer aufgebürdet werden. Böswilliges Unterlassen sollte nur in Ausnahmefällen angenommen werden.
(lh)

Die Haftung des Arbeitgebers für ImpfschädenVorsRiLAG Roland Stöbe/Ass. jur. Daniel Stach, NJW 2024, 2430
In ihrem Beitrag untersuchen die Autoren, unter welchen Bedingungen ein Arbeitgeber für Impfschäden seiner Arbeitnehmer haftbar gemacht werden kann. Dabei kommen sie unter anderem zu dem Ergebnis, dass die Einbeziehung der Arbeitgeber in die Impfkampagne zwar grundsätzlich zu einer Erhöhung des Haftungsrisikos führte. Allerdings bleibe es für geschädigte Arbeitnehmer schwierig,  den Zusammenhang zwischen Impfung und Beschwerden nachzuweisen. Eine Aufnahme typischer Impfschäden in die Berufskrankheiten-Liste könnte Betriebsfrieden schaffen und den lückenhaften Unfallversicherungsschutz verbessern. 
(lh)Verstöße gegen das Jugendarbeitsschutzgesetz durch den Einsatz minderjähriger Nationalspieler bei der Fußball-EMDr. Lisa Gerlach, Hamburg, NZA 2024, 958-961
Der Aufsatz befasst sich mit der Tätigkeit des sechzehnjährigen spanischen Nationalspielers Lamine Yamal während der Fußball-EM in Deutschland und die dadurch möglicherweise begangenen Verstöße gegen das JArbSchG. Weiterhin untersucht die Autorin das Risiko möglicher Konsequenzen für die Verantwortlichen, wobei eine Ahndung durch die Ordnungsbehörden im konkreten Fall nicht erfolgt sei. Auch abseits der EM seien im Bundesligaspielbetrieb und den Nachwuchsleistungszentren Verstöße gegen das Jugendarbeitsschutzgesetz alltäglich. Es bleibe abzuwarten, ob sich die zuständigen Behörden und der Gesetzgeber dem rechtswidrigen Dauerzustand annehmen. 
(lh)Zwangsarbeit in Form moderner Schuldknechtschaft – ein Problem bei der Anwerbung von Arbeitskräften aus dem Ausland?Prof. Dr. Christiane Brors, Oldenburg, NZA 2024, 961-965
Das Gesetz zur Weiterentwicklung der Fachkräfteeinwanderung zielt darauf ab, die Erwerbsmigration gemäß der Richtlinie 2021/1883 zu erleichtern und dabei ethische Standards bei der Anwerbung ausländischer Arbeitskräfte zu wahren. Trotz rechtlicher Schutzmaßnahmen gegen Zwangsarbeit werden laut dem Autor aus dem Ausland vermittelte Arbeitskräfte oft durch hohe Vermittlungskosten in Abhängigkeit gezwungen, was als moderne Zwangsarbeit gelte. Da die Betroffenen meist keine Möglichkeit haben, sich aufgrund sprachlicher und rechtlicher Barrieren zu wehren, schlägt der Autor vor, eine verpflichtende Zertifizierung für private Vermittler einzuführen, um die Einhaltung der Gesetze sicherzustellen.
(lh)

Die schweizerische Initiative zur Einführung einer 13. AltersrenteDr. Marco Weiss, Zürich, ZESAR 2024, 278-279
In diesem Beitrag erläutert der Autor den Beschluss der Schweizer Initiative „Für ein besseres Leben im Alter“, welche ab 2026 allen Rentnerinnen und Rentnern eine 13. Altersrente zusichert. Diese Maßnahme soll die finanzielle Situation der Rentner verbessern, stellt aber auch eine Herausforderung für das bestehende, umlagefinanzierte AHV-System dar.
(ib)

ArbeitnehmerüberlassungWeitergeltung einer Arbeitnehmerüberlassungserlaubnis bei der umwandlungsrechtlichen VerschmelzungRA/FA Dr. Sebastian Pfrang / RAin Katharina Geyer, Frankfurt aM, DB 2024, 1953-1957
In diesem Beitrag untersuchen die Autoren, ob eine Arbeitnehmerüberlassungserlaubnis nach einer umwandlungsrechtlichen Verschmelzung weiterhin gültig bleibt. Sie argumentieren gegen die bisherige Ansicht, dass die Erlaubnis erlischt, und plädieren für eine Fortgeltung der Erlaubnis beim übernehmenden Rechtsträger. Dabei kritisieren sie insbesondere das Gebot der „Höchstpersönlichkeit“ und regen eine Neubewertung der bisherigen Praxis an.
(ib)

Betriebliche AltersversorgungDas geplante Optionsmodell der betrieblichen AltersversorgungProf. Dr. Reinhold Höfer, DB 2024, 2089-2092
Der Referentenentwurf zum zweiten Betriebsrentenstärkungsgesetz von Juni 2024 soll die freiwillige Verbreitung der betrieblichen Altersversorgung (bAV) fördern. In seinem Beitrag untersucht der Verfasser, inwieweit das Optionsmodell in der Fassung des Gesetzentwurfs die Ausbreitung der bAV fördern könnte und kommt insoweit hinsichtlich dem betriebsindividuellen Optionsmodell zu einem positiven Ergebnis. 
(lh)Rentenreform und Verfassungsrecht 2023 in FrankreichProf. Dr. Francis Kessler, Paris, ZESAR 2024, 274-277
Der Autor befasst sich in diesem Beitrag mit den Reformen des Rentenrechts in Frankreich im Jahr 2023. Der Schwerpunkt der Reform liegt auf der Anhebung des Renteneintrittsalters, das bis 2030 schrittweise auf 64 Jahre erhöht werden soll. Der Autor analysiert die verfassungsrechtlichen Herausforderungen und die politischen Strategien der Regierung, insbesondere im Hinblick auf den Einsatz von Gesetzgebungsverfahren und die parlamentarische Beteiligung. Abschließend wird die kritische Rezeption der Reform und deren Auswirkungen auf das soziale Sicherungssystem in Frankreich erörtert.
(ib)

Die abgeleitete Rentnergesellschaft im Konzern und ihre Schadensersatzpflicht nach § 826 BGB für unterbliebene RentenanpassungenRAin Dr. Charlotte Beck, Berlin, ZfA 2024, 344-371
In diesem Beitrag untersucht die Autorin die rechtlichen Konsequenzen für sogenannte Rentnergesellschaften innerhalb eines Konzerns, insbesondere in Bezug auf die Schadensersatzpflicht nach § 826 BGB bei unterbliebenen Rentenanpassungen. Sie argumentiert, dass die Trennung des operativen Geschäfts von den Pensionsverbindlichkeiten zu einer potenziellen Gefährdung der Betriebsrente führen kann, wenn keine ausreichende Kapitalausstattung der Rentnergesellschaft erfolgt. Die Autorin analysiert verschiedene Konstellationen von Haftung und Anpassungspflichten und weist auf die komplexen Spannungsfelder zwischen den gesetzlichen Regelungen und der Rechtsprechung hin. Abschließend fordert sie eine einheitliche Linie, um die Betriebsrente besser zu schützen.
(ib)BetriebsverfassungsrechtDigitaler Betriebsrat und virtuelle Zusammenarbeit zwischen Arbeitgeber und GremiumRA Markus Weron / RA Claus Dettki, Karlsruhe / Attendorn, DB 2024, 1816-1819
In diesem Beitrag beleuchten die Autoren die rechtlichen Rahmenbedingungen für die Digitalisierung der Betriebsratsarbeit und die Zusammenarbeit zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat. Sie erörtern, inwieweit digitale Kommunikationsmittel in der internen Organisation des Betriebsrats und in der Kommunikation mit dem Arbeitgeber unter Berücksichtigung der geltenden Formvorschriften eingesetzt werden können. Zudem wird die Frage nach der Formbedürftigkeit von Kollektivvereinbarungen und der Möglichkeit des mobilen Arbeitens für Betriebsratsmitglieder untersucht.
(ib)Neue Regeln zur Vergütung von BetriebsratsmitgliedernRA/FA Dr. Boris Dzida / RA Philipp Castrup, Hamburg, BB 2024, 1844-1853
Die Autoren erläutert in diesem Beitrag die gesetzlichen Änderungen zur Vergütung von Betriebsratsmitgliedern, welche am 25. Juli 2024 in Kraft getreten sind. Dabei betonen sie, dass die Neuregelungen den Arbeitgebern mehr Rechtssicherheit bieten und insbesondere das Risiko der Strafbarkeit wegen Untreue reduzieren. Allerdings weisen sie auch darauf hin, dass die Notwendigkeit zum Abschluss von Betriebsvereinbarungen, um den erweiterten Spielraum bei der Vergütung zu nutzen, eine politisch zweifelhafte Situation schafft, da Betriebsräte dadurch Betriebsvereinbarungen über ihre eigene Vergütung abschließen können.
(ib)Die Änderung der Regeln zur BetriebsratsvergütungRA/FA Dr. Detlef Grimm / RA Dr. Sebastian Krülls, LL.M., Köln, BB 2024, 1780-1786
Der Beitrag befasst sich mit der Novellierung der Regelungen über die Betriebsratsvergütung. Die Autoren zeigen auf, dass der Gesetzgeber das Ehrenamtsprinzip beibehält, aber dessen Konturen durchaus schärft und damit eine Liberalisierung der Betriebsratsvergütung vornimmt. Des Weiteren identifizieren die Autoren wesentlichen Schwachstellen, etwa die Nichtanpassung der Vergleichsgruppe bei hypothetischer Beförderung nach § 37 Abs. 4 Hs. 2 BetrVG sowie den Nachbesserungsbedarf der Gesetzesnovelle. 
(lh)Die Bestimmung der richtigen Betriebsratsvergütung nach neuem RechtProf. Dr. Wolfgang Kleinebrink, Wuppertal, DB 2024, 1883-1889
Die Neuregelungen im BetrVG zielen insbesondere darauf ab, die bislang bestehende Rechtsunsicherheit in Bezug auf die strafrechtliche Verantwortlichkeit von Personalverantwortlichen bei der Gewährung überhöhter Betriebsratsvergütungen zu beseitigen. Nach Auffassung des Verfassers trägt die Neuregelung jedoch nicht zur Rechtssicherheit im Arbeitsrecht bei. Die Konkretisierung der unbestimmten Rechtsbegriffe obliege nun der Rechtsprechung.
(lh)Mehr Rechtssicherheit für die Betriebsratsvergütung - Zur Novelle der §§ 37 IV und 78 BetrVGProf. Dr. Frank Bayreuther, Passau, NZA 2024, 946-951
Der Beitrag stellt die Neuerungen des zweiten Gesetzes zur Änderung des Betriebsverfassungsgesetzes und insbesondere die Regelungen zur Bemessung der Betriebsratsvergütung vor. Dabei geht der Autor auch auf das Inkrafttreten, offene Rechtsstreitigkeiten, Verfahrensfragen und die strafrechtliche Rückwirkung ein.
(lh)Neue Regeln zur BetriebsratsvergütungProf. Dr. Richard Giesen, München, NJW 2024, 2281-2286
Am 25. Juli 2024 sind mit § 37 Abs. 4 S. 3-5 und § 78 S. 3 BetrVG neue Vorschriften zur Vergütung von Betriebsratsmitgliedern in Kraft getreten. Diese regeln den Stichzeitpunkt zur Festlegung von Vergleichspersonen sowie die Verfahren zu deren Bestimmung und gewähren einen Ermessensspielraum bei der Vergütungsfestlegung. Die Änderungen dienen der Ergänzung und Modifikation der bisherigen Regelungen, ohne diese nach Auffassung des Autors grundlegend zu verändern. Im Beitrag werden die neuen Normen beleuchtet und bewertet.
(lh)Novelle zur Betriebsratsvergütung auf dem PrüfstandRA Prof. Dr. Robert von Steinau-Steinrück/Paula Sophie Kurth, Berlin, NJW-Spezial 2024, 498-499
Nach den Verfassern war die Novelle des Betriebsverfassungsgesetzes angesichts vieler offenen Fragen rund um das Thema Betriebsratsvergütung dringend notwendig. Die hierdurch geschaffenen Gestaltungsspielräume würden zwar einen wichtigen Beitrag in Richtung der erhofften Transparenz und Rechtssicherheit liefern, bergen jedoch auch neue Missbrauchsrisiken. Zudem würde das Gesetz zugunsten von Unternehmensleitern im Strafrecht (§ 2 Abs. 3 StGB) Rückwirkung erlangen, sodass die befürchtete Straffälligkeit von Führungskräften nicht eintreten dürfte.
(lh)Aktuelle Entscheidungen zur Erforderlichkeit der Teilnahme von Betriebsratsmitgliedern an Schulungsveranstaltungen und damit verbundener KostenRA Dr. Johann Ante, Dortmund, NZA-RR 2024, 393-398
Der Beitrag geht der Frage nach, wann und in welchem Umfang der Arbeitgeber die Kosten für Schulungsveranstaltungen von Betriebsratsmitgliedern übernehmen muss. Dafür wertet der Autor ausgewählte Entscheidungen aus, die Schulungsinhalte, den Teilnehmerkreis, das Schulungsformat, betriebliche Regelungen im Hinblick auf Seminarnebenkosten, die Qualifikation der Referenten oder Seminarbeigaben zum Gegenstand hatten. In seinem Fazit hält der Autor fest, dass die Frage, wann und in welchem Umfang Arbeitgeber die Kosten übernehmen müssen, meist von den Umständen des Einzelfalls abhänge. Um Meinungsverschiedenheiten zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat zu verhindern, könnten sich Schulungspläne anbieten.
(lh)Die (unwirksame) tarifvertragliche Aufstockung der Anzahl der Betriebsratsmitglieder nach § 9 BetrVG RA/FA Dr. Markus Schwipper, München, DB 2024, 2021-2026
Tarifverträge zur Gestaltung von Betriebsratsstrukturen nach § 3 Abs. 1 BetrVG haben große praktische Bedeutung, insbesondere bei der Erhöhung der Anzahl der Betriebsratsmitglieder. Laut der Rechtsprechung und der überwiegenden Meinung in der Literatur ist eine solche „Aufstockung“ allerdings unwirksam und führt zur Gesamtnichtigkeit des Tarifvertrags, da § 9 BetrVG zwingende Regelungen enthält. Die Nichtigkeit kann erhebliche Auswirkungen auf betroffene Betriebe, etwa im Hinblick auf den Bestand des Betriebsrats, haben. Im weiteren Verlauf seines Beitrags stellt der Autor Handlungsoptionen sowie deren Vor- und Nachteile für Unternehmen dar. 
(lh)Effektiver Rechtsschutz des Betriebsrats gegen die Verletzung des Unterrichtungsanspruchs bei BetriebsänderungenDirArbG Dr. Dirk Gilberg, Köln, NZA 2024, 1001-1009
Es gilt als umstritten, ob Betriebsänderungen mit einen allgemeinen Unterlassungsanspruch begegnet werden können, wenn die Beteiligungsrechte des Betriebsrats gemäß § 111 S. 1 BetrVG verletzt wurden. Der Autor lehnt einen allgemeinen Unterlassungsanspruch, der auf das Fehlen eines Interessenausgleichsversuchs gestützt wird, ab und spricht sich stattdessen für eine dogmatische Trennung von Unterrichtungs- und Beratungsanspruch und einen zeitlich bis zur Unterrichtung begrenzten besonderen Unterlassungsanspruch gemäß § 23 Abs. 3 BetrVG aus, der durch eine „Informations- und Unterlassungsverfügung“ im Eilrechtsschutz durchgesetzt werden kann.
(lh)EuroparechtDie KI-Verordnung der Europäischen Union: Überblick und Konsequenzen im ArbeitsrechtProf. Dr. Wolfgang Däubler, Bremen, SR 2024, 110-127
In diesem Beitrag beschreibt der Autor die umfassenden Regelungen der KI-Verordnung der Europäischen Union, welche vor allem Hochrisiko-Systeme betreffen. Er weist etwa bei der Beschaffung von Trainingsdaten und den möglichen Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt auf Lücken hin, die zusätzliche Maßnahmen auf nationaler Ebene erforderlich machen könnten. Er macht außerdem deutlich, dass, obwohl das Arbeitsrecht nicht im Fokus dieser Verordnung steht, sie dennoch zu relevanten Veränderungen in diesem Bereich, insbesondere durch neue Anforderungen an den Einsatz von KI-Systemen in der Arbeitswelt, führt.
(ib)Der „Vaterschaftsurlaub“ hätte in Deutschland längst gewährt werden müssenRA Wolfgang Daniels, Berlin, AuR 2024, 335-340
Der Autor befasst sich in seinem Beitrag mit der RL 2019/1158 "zur Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben für Eltern und pflegende Angehörige". Dabei bildet der Schwerpunkt des Beitrags der in der Richtlinie vorgesehene Vaterschaftsurlaub, der von Deutschland bisher nicht umgesetzt wurde. Laut dem Autor können sich Arbeitnehmer in der Privatwirtschaft auf den in der Richtline verbrieften Vaterschaftsurlaub nicht unmittelbar berufen, sondern sind auf Schadensersatzansprüche verwiesen. Anders stelle sich die Situation dagegen für Beschäftigte im öffentlichen Dienst dar, für die die Richtlinie unmittelbar gelte und die sich daher bereits auf die in der Richtlinie zugesicherten Rechte berufen können. 
(lh)Die Leitlinien zur Anwendung des Wettbewerbsrechts der Union auf Tarifverträge über die Arbeitsbedingungen von Solo-Selbständigen – Eine kritische GesamtbetrachtungProf. Dr. Clemens Höpfner, Köln, EuZA 2024, 243-262 
Der Arbeitsmarkt verändert sich weltweit, insbesondere durch die Digitalisierung und die Nutzung alternativer Beschäftigungsformen werden immer neue Wege gefunden, um staatliche Regulierungen zu umgehen. Die Europäische Kommission reagierte darauf mit einer Initiative zur Regulierung von Plattformarbeit, die 2021 eine Richtlinie zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen und Leitlinien zur Anwendung des Wettbewerbsrechts auf Solo-Selbständige vorschlug. In seinem Beitrag befasst sich der Autor mit der Richtlinie, die 2024 angenommen wurde und den Leitlinien, die darauf abzielen, Tarifverträge für Solo-Selbständige von kartellrechtlichen Beschränkungen zu befreien.
(lh)Entgeltdiskriminierung wegen des Geschlechts – Das Bundesarbeitsgericht im europäischen TrendProf. Dr. Martina Benecke, Augsburg, EuZA 2024, 263-276
Der Beitrag befasst sich mit der Entgeltdiskriminierung aufgrund des Geschlechts, vor allem im Kontext des Equal Pay Day und der rechtlichen Entwicklungen in der EU und Deutschland. Die Autorin konzentriert sich insbesondere auf zwei Entscheidungen des BAG zu den Auswirkungen der Auskunftspflicht nach dem EntgTranspG und der Rolle von Vertragsverhandlungen sowie auf die Zusammenhänge zwischen der Entgelttransparenzrichtlinie und der bestehenden Rechtsprechung. In ihrem Fazit hält sie unter anderem fest, dass auch, wenn die Entscheidungen des BAG de lege lata zu Recht kritisiert werden, diese doch im europäischen Trend liegen.
(lh)Wo deutsches Arbeitsrecht die Europäische Sozialcharta verletztKlaus Lörcher, Frankfurt am Main, AuR 2024, 329-334
In dem Beitrag beschreibt der Verfasser auf der Grundlage der Auswertungen des Europäischen Ausschusses für Soziale Rechte (EASR) inwieweit das deutsche Arbeitsrecht die Vorgaben der Europäischen Sozialcharta (ESC) einhält und an welchen Stellen es bisweilen zu Verletzungen kommt. Letzteres wurde etwa im Bereich des Streikrechts oder bei den zu geringen Ausbildungsvergütungen festgestellt.
(lh)Kündigung/KündigungsschutzDer straffällige Arbeitnehmer und die Reputation des Arbeitgebers - die Auswirkungen strafbaren Verhaltens auf den KündigungsschutzRAin Franziska Golombek, LL.M., Hamburg, BB 2024, 1916-1920
Der Beitrag untersucht die Herausforderungen für Arbeitgeber, wenn ein Mitarbeiter eine Straftat begeht und dadurch die Reputation des Unternehmens gefährdet ist. Obwohl Arbeitgeber häufig eine schnelle Entlassung wünschen, erschwert der starke Kündigungsschutz des deutschen Arbeitsrechts dies. Die Verfasserin beleuchtet, wie die Rechtsprechung die Kündigungsmöglichkeiten ausgestaltet und inwieweit die Reputation des Unternehmens dabei berücksichtigt wird.
(lh)“Nachspielzeit” im Arbeitsverhältnis - ein Spiel endet nicht immer nach 90 Minuten oder nach Zugang einer arbeitgeberseitigen KündigungRA/FA Dr. Philipp Byers / RA/FA Christian Fischer, Müchen, BB 2024, 1909-1915
Der Aufsatz setzt sich mit der Thematik auseinander, wie in der Praxis vorkommende kritische Verhaltensweisen von Arbeitnehmern nach Kündigungszugang rechtlich zu bewerten sind und zeigt Wege auf, wie Arbeitgeber auf die nicht mehr von der Rechtsordnung gedeckten Verhaltensweisen effektiv und zielgerichtet reagieren können. Nach den Autoren können insbesondere ein konsequentes Vorgehen des Arbeitgebers bereits aufgrund der psychologischen Wirkung eine Verbesserung der Verhandlungsposition herbeiführen.
(lh)ProzessualesGesetz zur weiteren Digitalisierung der Justiz (§ 46h ArbGG, § 130e ZPO): Renaissance der Schriftsatzkündigung?Prof. Dr. Frank Bayreuther, Passau, DB 2024, 1820-1823
In diesem Beitrag setzt sich der Autor kritisch mit der Einführung des § 46h ArbGG auseinander, der die Schriftformanforderung im elektronischen Rechtsverkehr neu regelt. Nach Ansicht des Autors werde durch diese Regelung die Schriftsatzkündigungen wieder ermöglicht und könnte potenziell missbräuchlich genutzt werden sowie zu zahlreichen prozessualen Problemen führen.
(ib)Der neue Streitwertkatalog für die Arbeitsgerichtsbarkeit – Eine kritische BetrachtungRiArbG Sönke Oltmanns, Neumünster, NZA 2024, 951-957
Mit Wirkung zum 1.2.2024 hat der einheitliche Streitwertkatalog für die Arbeitsgerichtsbarkeit eine Überarbeitung erfahren. Diese neue Version übernimmt die meisten bisherigen Vorschläge unverändert und bewahrt die bestehende Systematik. Es wurden neue, praxisrelevante Streitwerte, wie der datenschutzrechtliche Auskunftsanspruch, hinzugefügt, wobei die meisten Streitwerte weiterhin konservativ bewertet werden, um die Kosten des Rechtsstreits zu begrenzen. Nach dem Verfasser bleibt offen, ob diese konservative Bewertung auch bei zukünftigen Aktualisierungen des Katalogs beibehalten wird.
(lh)Neuregelung der Videokonferenztechnik in der ArbeitsgerichtsbarkeitPräsident des LAG aD Prof. Dr. Johannes Peter Francken / Präsident des LAG aD Dr. Eberhard Natter / Präsidentin des LAG Dr. Betina Rieker, NZA 2024, 937-946
Am 19.07.2024 ist das Gesetz zur Förderung des Einsatzes von Videokonferenztechnik in der Zivilgerichtsbarkeit und den Fachgerichtsbarkeiten in Kraft getreten. Der Beitrag gibt einen Überblick über das Gesetzgebungsverfahren und die Auswirkungen der Neuregelungen auf das arbeitsgerichtliche Verfahren, insbesondere über § 50a ArbGG. Die Autoren halten unter anderem fest, dass der Gesetzgeber die wichtigen Grundstrukturen im Arbeitsgerichtsprozess nicht geändert hat und insbesondere § 50a ArbGG einen vertretbaren Kompromiss für die Arbeitsgerichtsbarkeit darstellt.
(lh)Tarifrecht/TarifvertragsrechtDie Tariffähigkeit der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer nach Gründung der Fair Train e.G.Prof. Dr. Clemens Höpfner, Köln, ZfA 2024, 301-343
In diesem Beitrag erörtert der Autor die Tariffähigkeit der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) nach der Gründung der Fair Train e.G. im Jahr 2023. Der Autor argumentiert, dass die Gründung dieser Genossenschaft die Unabhängigkeit der GDL gefährden könnte, da frühere Mitglieder der GDL auch maßgebliche Positionen in der Fair Train e.G. einnehmen. Dies könnte zu einer Interessenkollision führen, die die Fähigkeit der GDL, unabhängig Tarifverträge abzuschließen, in Frage stellt. Abschließend betont der Autor, dass diese Verflechtung potenziell die Tariffähigkeit der GDL insgesamt beeinträchtigen könnte.
(ib)Gewerkschaftsbonus – Eine kritische Betrachtung aus der PraxisRAin Kristin Jordanow / Alfred Kübler, LL.M., Hamburg, NZA 2024, 1015-1023
Der Beitrag befasst sich mit der rechtlichen Bewertung von Leistungen wie z.B. zusätzliche Entgeltbestandteile, zusätzliche freie Tage, höhere vermögenswirksame Leistungen, Tankgutscheine oder die Absenkung der wöchentlichen Arbeitszeit, die von den Gewerkschaften zusätzlich zu dem eigentlichen Tarifergebnis gewährt werden. Die Verfasser kommen zu dem Ergebnis, dass einfache Differenzierungsklauseln häufig darauf abzielen, nicht gewerkschaftlich organisierte Beschäftigte von Leistungen auszuschließen, was eine faire Behandlung aller Mitarbeiter gefährdet, den Betriebsfrieden stört und die Tarifbindung langfristig schwächt. Gewerkschaften sollten daher nach der Auffassung der Autoren auf wettbewerbsfähige Tarifverträge setzen, um diese Probleme zu vermeiden.
(lh)UrlaubsrechtDie Verjährung von Urlaubsansprüchen – Ein Blick auf die aktuelle RechtsprechungWiss. Mit. Jennifer Zilz / Prof. Dr. Stefan Greiner, Bonn, ZfA 2024, 399-421
Die Autoren analysieren in diesem Beitrag die Verjährung von Urlaubsansprüchen im Lichte der aktuellen Rechtsprechung des EuGH und des BAG. Sie diskutieren die Auswirkungen der Rechtsprechung, insbesondere die Verschiebung des Verjährungsbeginns aufgrund der Mitwirkungsobliegenheiten des Arbeitgebers. Die Autoren betonen, dass diese Entwicklungen zu einer erheblichen Unsicherheit führe, da Urlaubsansprüche unter bestimmten Bedingungen nicht verjähren können. Abschließend fordern sie eine klare gesetzliche Regelung, um diese Unsicherheiten zu beseitigen.
(ib)

   D. Entscheidungsbesprechungen

Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Nr. 14 BetrVG beim zeitlichen Umfang der mobilen ArbeitRAin / FAin Claudia Posluschny / RAin / FA Michaela Zenkert, München, DB 2024, 1824
LAG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 30.1.2024 – 8 TaBV 748/23
(ib)Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf / Diskriminierungen wegen der Religion oder der Weltanschauung / Staatlicher Sektor / Sichtbares Tragen weltanschaulicher oder religiöser Zeichen am Arbeitsplatz / Islamisches Kopftuch / Neutralität im Umgang mit dem Publikum, den Vorgesetzten und KollegenProf. Dr. Jacob Joussen, Bochum, ZESAR 2024, 293-297
EuGH, Urteil vom 28.11.2023 – Rs. C-148/22
(ib)

EGB-UNICE-CEEP-Rahmenvereinbarungen / Kündigung eines befristeten Arbeitsvertrags / Angabe von KündigungsgründenEffrosyni Bakirtzi, Frankfurt aM, ZESAR 2024, 303-308
EuGH, Urteil vom 20.2.2024 – Rs. C-715/20
(ib)

Kein Zugang einer Gewerkschaft zu digitalen Kommunikationsmitteln im BetriebRA/FA Dr. Burkard Göpfert, LL.M. / RAin/FAinArbR Dr. Susanna Stöckert, München, DB 2024, 1958
LAG Nürnberg, Urteil vom 26.9.2023 – 7 Sa 344/22
(ib)

Schadensersatz – Nichtbeschäftigung als EishockeyspielerRA Dr. Johannes Oehlschläger, München, DB 2024, 1959
BAG, Urteil vom 29.2.2024 – 8 AZR 359/22
(ib)Unternehmensmitbestimmung bei der SE-Gründung durch Umwandlung: bye-bye Vereinbarungsautonomie?Prof. Dr. Matthias Jacobs, Hamburg, ZfA 2024, 422-434
BAG, Urteil vom 23.3.2023 – 1 ABR 43/18
(ib)Nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung von Teilzeitbeschäftigten bei der Zahlung von tariflichen Mehrarbeitszuschlägen?Prof. Dr. Wolfgang Kleinebrink / RAin Christina Schomburg, Wuppertal, ZfA 2024, 435-445
EuGH, Entscheidung vom 19.10.2023 – C-660/20
(ib)Arbeitnehmerbeteiligung bei Gründung einer arbeitnehmerlosen SERA Constantin Liesner, Hamburg/Ref. jur Michael Pauly, Düsseldorf, NZA-RR 2024, 448
EuGH, Urteil vom 16.5.2024 – C-706/22
(lh)Arbeitnehmerbeteiligung bei Gründung einer arbeitnehmerlosen SERA Dr. Veit Voßberg, Mainz, NJW 2024, 2388
EuGH, Urteil vom 16.5.2024 – C-706/22
(lh)Besserstellung von Leiharbeitnehmern gegenüber StammarbeitnehmernProf. Dr. Alexander Eufinger, Wiesbaden, NZA-RR 2024, 442
LAG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 9.1.2024 – 5 Sa 37/23
(lh)Betriebsratswahl in digitalisierten Betrieben – Zur Klärung des Betriebsbegriffs in der PlattformarbeitRAin Julia Windhorst, Wiesbaden, NZA-RR 2024, 426
ArbG Aachen, Beschluss vom 23.4.2024 – 2 BV 56/23 (nicht rechtskräftig)
(lh)Betriebsvereinbarungsoffenheit einer Gesamtzusage – Zusätzliches UrlaubsgeldRA/FA  Robert Pacholski/RAin Sophie Haeberlein, Leipzig, NZA-RR 2024, 444
BAG, Urteil vom 24.1.2024 – 10 AZR 33/23
(lh)Erfolglose Bewerbung – Schadensersatz für Datenverstoß aufgrund einer Google-RechercheProf. Dr. Michael Fuhlrott, Hamburg, NZA-RR 2024, 408
LAG Düsseldorf, Urteil vom 10.4.2024 – 12 Sa 1007/23
(lh)Ersatzfähigkeit der Rechtsverfolgungskosten folgt aus dem EffektivitätsgebotDr. Jan Alexander Daum, Köln, EuZA 2024, 317
EuGH, Urteil vom 14.9.2023 – C-113/22
(lh)Grundfragen der Kündigung des fliegenden Personals im internationalen LuftverkehrProf. Dr. Abbo Junker, München, EuZA 2024, 329
BAG, Urteil vom 1.6.2023 – 2 AZR 150/22
(lh)Hypothetische Karriereentwicklung: Vergütungsansprüche eines freigestellten BetriebsratsmitgliedsRA/FA Dr. Marc Spielberger, München, NZA-RR 2024, 445
LAG Niedersachsen, Urteil vom 14.2.2024 – 6 Sa 559/23
(lh)Keine Haftungsbefreiung des Arbeitgebers bei Datenschutzverstößen durch ArbeitnehmerWiss. Mitarbeiter Stephan Sura, Köln, NZA-RR 2024, 447
EuGH, Urteil vom 11.4.2024 – C-741/21
(lh)Knüpfung der Inflationsausgleichsprämie an weitere BedingungenRA/FA Prof. Dr. Michael Fuhlrott, Hamburg, NZA-RR 2024, 441
LAG Niedersachsen, Urteil vom 21.2.2024 – 8 Sa 564/23
(lh)Kündigungszugang und gleichzeitiges ElternzeitverlangenRA Dr. Johann Ante, Dortmund, NZA-RR 2024, 415
LAG Baden-Württemberg, Urteil vom 8.5.2024 – 4 Sa 35/23
(lh) Vorlage an EuGH wegen der Rechtsfolge von Fehlern im Anzeigeverfahren bei MassenentlassungProf. Dr. Alexander Eufinger, Wiesbaden, NZA-RR 2024, 443
BAG, Vorlagebeschluss vom 1.2.2024 – 2 AS 22/23 (A)
(lh)Persönliche Assistenz bei Behinderung zwischen Diskriminierungsschutz, Sozialrecht, Arbeitsrecht und VerbraucherschutzProf. Dr. Felix Welti, Kassel, EuZA 2024, 287
EuGH, Urteil vom 7.12.2023 – C-518/22
(lh)Quarantäne während des gewährten Urlaubs: Der Arbeitgeber schuldet keinen UrlaubsgenussDr. Markus Sprenger, Mainz, EuZA 2024, 277
EuGH, Urteil vom 14.12.2023 – C-206/22
(lh)Unionsrechtliche Rahmenbedingungen für Kopftuchverbote im öffentlichen BeschäftigungsverhältnisProf. Dr. Mehrdad Payandeh, Hamburg, EuZA 2024, 298
EuGH, Urteil vom 28.11.2023 – C-148/22
(lh)Urlaubsanspruch in der Zeit zwischen Kündigung und WiedereinstellungPD Dr. Alexander Stöhr, Marburg/Wiesbaden, EuZA 2024, 310
EuGH, Urteil vom 12.10.2023 – C-57/22
(lh)Kündigung wegen beleidigender und menschenverachtender Äußerungen in einer ChatgruppeDr. Mario Eylert, Erfurt, AuR 2024, 314-318
BAG, Urt. vom 24.8.2023 – 2 AZR 17/23, 18/23 und 19/23
(lh)Kollidierende Tarifverträge: Feststellung der Mehrheitsverhältnisse und Bestandsschutz für langfristig angelegte, tariflich garantierte Leistungen(LAG Sachsen, Urteile vom 2.11.2023 – 4 Sa 95/22 – 4 Sa 96/22
(lh)