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September 2023

Inhalt

 

A. Gesetzgebung

B. Rechtsprechung

Allgemein

Arbeitsverhältnis im Rahmen einer Vereinsmitgliedschaft

Anpassung der Besoldung nur bei Erfüllung sämtlicher Voraussetzungen für eine Beförderung

Anrechnung von Pausenzeiten auf die Arbeitszeit von Polizeibeamten bei Krankheit

Grundsätze zur Entgeltfortzahlung im Rahmen einer COVID-19 Erkrankung

Grundsätze zur Entgeltfortzahlung im Rahmen einer symptomlosen COVID-19 Infektion

Beschäftigte müssen die Leasingraten eines Dienstrad-Leasings in Zeiträumen ohne Entgeltzahlung selbst zahlen

Betriebliche Altersversorgung

Teilweise Umstellung laufender Leistungen auf Kapitalleistung

Betriebsverfassungsrecht

Hausverbot gegen Betriebsratsvorsitzenden rechtswidrig

Datenschutz

Verstoß gegen Vorgaben der DSGVO genügt nicht für Schadensersatzanspruch nach Art. 82 Abs. 1 DSGVO

Europarecht

Väter von zwei und mehr Kindern, die sich eine Zulage zu ihrer Invaliditätsrente gerichtlich erstreiten müssen, haben Anspruch auf eine zusätzliche Entschädigung

Tarifwerk zur Leiharbeit zwischen iGZ e.V. und ver.di ist mit Art. 5 Abs. 3 RL 2008/104/EG vereinbar

Insolvenz

§ 89 Abs. 1 InsO hindert Durchsetzung der Forderung im Wege der Drittschuldnerklage

Kündigung/Kündigungsschutz

Begriff des Luftverkehrsbetriebs i.S.d. § 24 Abs. 2 KSchG

Kündigung wegen Äußerungen in einer Chatgruppe

Kündigung des Verwaltungsdirektors des RBB

Beendigung des Arbeitsverhältnisses der Juristischen Direktorin des RBB

Fristlose Kündigung wegen sexueller Belästigung wirksam

Prozessuales

Antrag auf Entfernung von Abmahnungen neben Kündigungsschutzantrag

Beteiligte im Beschlussverfahren gem. § 100 ArbGG

Sozialrecht

Eltern können Elterngeld Plus auch bei längerer Arbeitsunfähigkeit beanspruchen

Tarifrecht/Tarifvertragsrecht

Regelungsbefugnis der Tarifvertragsparteien in Bezug auf Erschwerniszuschläge

Voraussetzung einer Gleichstellungsabrede

Änderungsbefugnis der Tarifvertragsparteien betreffend die Senioritätsregeln für den beruflichen Aufstieg

D. Entscheidungsbesprechungen


 
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A. Gesetzgebung

Höhere Regelbedarfe in der Sozialhilfe und beim BürgergeldPressemitteilung des BMAS vom 13.9.2023
Das Bundeskabinett hat die „Regelbedarfsstufen-Fortschreibungsverordnung 2024“ (RSBFV 2023) gebilligt. Mit dieser werden die Regelbedarfe im Bereich der Sozialhilfe (SGB XII) zum 1. Januar 2024 sowie die Bedarfe für die Ausstattung mit persönlichem Schulbedarf für die beiden Schulhalbjahre im Jahr 2024 erhöht. Die Regelbedarfsstufen gelten daneben unmittelbar auch für das Bürgergeld (SGB II), sowie im Bereich der Leistungen der sozialen Entschädigung nach dem SGB XIV sowie im Asylbewerberleistungsgesetz.(ck)

Beratungsgegenstände des Bundestages

117. Sitzung, 5.9.2023

  • Keine relevanten Veröffentlichungen.

118. Sitzung, 6.9.2023

  • Keine relevanten Veröffentlichungen.

119. Sitzung, 7.9.2023

  • Keine relevanten Veröffentlichungen.

120. Sitzung, 8.9.2023

  • Keine relevanten Veröffentlichungen.

121. Sitzung, 20.9.2023

  • Keine relevanten Veröffentlichungen.

122. Sitzung, 21.9.2023

  • Keine relevanten Veröffentlichungen.

(ck)

Beratungsgegenstände des Bundesrats

Keine Beratung im Berichtszeitraum.(ck)Veröffentlichungen im Bundesgesetzblatt

Teil I:

  • Berichtigung der Verordnung zur Neuordnung der Berufsausbildung zum Verfahrensmechaniker für Kunststoff- und Kautschuktechnik und zur Verfahrensmechanikerin für Kunststoff- und Kautschuktechnik vom 8.9.2023 (BGBl. Nr. 241)

Teil II:

Keine relevanten Veröffentlichungen.(ck)

Amtsblatt der EU (Teil L) L 214-238

Keine relevanten Veröffentlichungen.(ck)


  • B. Rechtsprechung

AllgemeinArbeitsverhältnis im Rahmen einer VereinsmitgliedschaftBAG, Urt. v. 25.4.2023 - 9 AZR 253/22, Leitsatz
Kommt eine aufgrund Vereinsmitgliedschaft und zur Förderung des Vereinszwecks zu erbringende fremdbestimmte, weisungsgebundene Tätigkeit ihrer Verbindlichkeit nach einer arbeitsvertraglichen Pflicht gleich, ist jedenfalls dann zwingend von einem Arbeitsverhältnis auszugehen, wenn die beschäftigte Person nicht aufgrund ihrer Arbeitsleistung ähnlich einem Arbeitnehmer sozial geschützt ist. Als unabdingbarer Mindestschutz auf Entgeltebene ist dabei der gesetzliche Mindestlohn zu garantieren.
(ma)Anpassung der Besoldung nur bei Erfüllung sämtlicher Voraussetzungen für eine BeförderungBAG, Urt. v. 20.7.2023 - 6 AZR 161/22, Leitsatz
Bewertet der Besoldungsgesetzgeber vor dem Hintergrund einer strukturellen Neuordnung der Besoldung ein Amt höher, folgt hieraus noch keine schematische Anpassung der Besoldung des jeweiligen Beamten. Dieser muss, sofern der Gesetzgeber nichts anderes bestimmt hat, sämtliche beamtenrechtlichen Voraussetzungen für eine Beförderung erfüllen. Das gilt wegen der Verweisung im TV EntgO-L auf das Beamtenrecht auch für im Landesdienst angestellte Lehrkräfte.
(ma)

Anrechnung von Pausenzeiten auf die Arbeitszeit von Polizeibeamten bei KrankheitBVerwG, Urt. v. 22.6.2023 - 2 C 19.21, Leitsatz
Die Anrechnung von Ruhepausen auf die Arbeitszeit nach § 5 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 und 2 AZV setzt eine tatsächliche Dienstausübung voraus. Eine Zeitgutschrift auch für solche Tage, an denen der Beamte wegen Erkrankung keinen Dienst geleistet hat, ist danach ausgeschlossen.
Ein Anspruch auf Gutschrift auf dem Arbeitszeitkonto für die Zeit krankheitsbedingter Dienstabwesenheit kann sich aus dem Grundsatz ergeben, dass ausgefallener Dienst vom Beamten nicht nachzuholen ist.
(ma)Grundsätze zur Entgeltfortzahlung im Rahmen einer COVID-19 ErkrankungLAG Hamm, Urt. v. 24.8.2023 - 15 Sa 1033/22, Leitsätze
Ein an COVID-19 erkrankter Arbeitnehmer ist infolge Krankheit objektiv an seiner Arbeitsleistung verhindert, wenn er sich in Quarantäne begeben muss, es sei denn, der Arbeitgeber kann von ihm verlangen, im Homeoffice zu arbeiten. Die erforderliche Monokausalität i.S.v. § 3 Abs. 1 S. 1 EFZG ist gegeben, wenn die behördlich angeordnete Quarantäne Folge einer Arbeitsunfähigkeit ist.
Für den Verschuldensmaßstab des § 3 EFZG ist nicht auf § 56 Abs. 1 S. 4 IfSG abzustellen.
Ein Verschulden i.S.v. § 3 Abs. 1 S. 1 EFZG ist nicht anzunehmen, wenn die Corona-Infektion durch die Inanspruchnahme der empfohlenen Schutzimpfung nicht mit hoher Wahrscheinlichkeit hätte verhindert werden können.
Ein vorläufiges Leistungsverweigerungsrecht nach § 7 Abs. 1 Nr. 1 EFZG besteht nicht, wenn der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber die Fortdauer der krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit anders als durch Vorlage einer entsprechenden ärztlichen Bescheinigung nachweist.
(ma)Grundsätze zur Entgeltfortzahlung im Rahmen einer symptomlosen COVID-19 InfektionLAG Thüringen, Urt. v. 8.8.2023 - 1 Sa 41/23, Leitsätze
Im Falle einer symptomlosen Infektion mit dem SARS-CoV-2-Virus liegt keine krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit im Sinne von § 3 EFZG vor.
Eine Quarantäneanordnung wegen einer Infektion mit dem SARS-CoV-2-Virus stellt ein persönliches, nicht ein objektives Leistungshindernis im Sinne des § 616 BGB dar.
Wegen der gesetzgeberischen Ausgestaltung als Ausnahmetatbestand und unter Berücksichtigung der Risikoverteilung in einer Pandemie können bei einer behördlichen Quarantäneanordnung allenfalls wenige Tage einen verhältnismäßig nicht erheblichen Zeitraum im Sinne des § 616 Satz 1 BGB darstellen. Hierbei sollte als Richtgröße eine Grenze von maximal fünf Tagen angenommen werden.
Der Arbeitgeber ist für einen Anspruch aus § 56 Abs. 1, Abs. 5 IfSG nicht passivlegitimiert (Anschluss an LAG Düsseldorf, Beschluss vom 10.10.2022 - 3 Ta 278/22). Dies führt - unabhängig von der Frage des eröffneten Rechtswegs - zur Unbegründetheit einer hierauf gestützten Klage gegen den Arbeitgeber.
(ma)Beschäftigte müssen die Leasingraten eines Dienstrad-Leasings in Zeiträumen ohne Entgeltzahlung selbst zahlenArbG Aachen, Urt. v. 2.9.2023 - 8 Ca 2199/22, Pressemitteilung v. 25.9.2023
Das ArbG Aachen hat entschieden, dass der Arbeitnehmer die Leasingraten eines Dienstrad-Leasings, das im Wege der Entgeltumwandlung finanziert wird, während des Krankengeldbezugs selbst zu tragen hat. Die Zahlungspflicht des Arbeitnehmers bestehe auch bei entgeltfreien Beschäftigungszeiten, wie dem Bezug von Krankengeld, fort. Dies sei nicht überraschend. Der Abschluss des Leasingvertrags gehe auf die Initiative des Arbeitnehmers zurück, ein von ihm ausgewähltes Fahrrad, zu leasen. Auch während einer längeren Arbeitsunfähigkeit bleibe das Fahrrad im Besitz des Arbeitnehmers. Damit habe er weiterhin die Nutzungsmöglichkeit, wodurch die Verpflichtung zur Gegenleistung – die Zahlung der Leasingrate – bestehen bleibe. Der Arbeitnehmer finanziere die Nutzung des Fahrrads faktisch aus seinem Einkommen selbst. Diese Regelung benachteilige den Arbeitnehmer nicht unangemessen. Betroffen sei das unmittelbare Austauschverhältnis von Leistung (Nutzung des Fahrrads) und Gegenleistung (Zahlung der Leasingrate). Daher unterliege die entsprechende Vertragsgestaltung nicht der Kontrolle nach dem Maßstab, der für Allgemeine Geschäftsbedingungen gilt.
(ma)Betriebliche AltersversorgungTeilweise Umstellung laufender Leistungen auf KapitalleistungBAG, Urt. v. 20.6.2023 - 3 AZR 231/22, Leitsatz
Die teilweise Umstellung eines Versprechens laufender Betriebsrentenleistungen auf ein Kapitalversprechen bedarf einer eigenständigen Rechtfertigung anhand der Grundsätze des Vertrauensschutzes und der Verhältnismäßigkeit. Bei der dabei erforderlichen Abwägung der wechselseitigen Interessen ist zu berücksichtigen, dass die Umstellung nur einen Teil der laufenden Leistungen betrifft.
(ma)BetriebsverfassungsrechtHausverbot gegen Betriebsratsvorsitzenden rechtswidrigLAG Hessen, Beschluss v. 28.8.2023 - 16 TaBVGa 97/23, Pressemitteilung v. 4.9.2023
Das Hessische LAG hat ausgeführt, dass die Verweigerung des Zutritts eines Betriebsratsvorsitzenden zum Betrieb durch Ausspruch eines Hausverbots eine Behinderung der Betriebsratsarbeit darstelle. Nach den Vorgaben des Betriebsverfassungsgesetzes dürfen Betriebsratsmitglieder in der Ausübung ihrer Tätigkeit nicht gestört oder behindert werden. Bei ganz gravierenden Pflichtverletzungen müsse der Arbeitgeber selbst einen Antrag auf vorläufige Untersagung der Ausübung des Betriebsratsamts beim Arbeitsgericht stellen. Bei der Bewertung komme es dabei nicht auf die strafrechtliche Betrachtung an, sondern darauf, ob die vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen den Betriebspartnern unzumutbar beeinträchtigt sei.
(ma)DatenschutzVerstoß gegen Vorgaben der DSGVO genügt nicht für Schadensersatzanspruch nach Art. 82 Abs. 1 DSGVOLAG Baden-Württemberg, Urt. v. 27.7.2023 - 3 Sa 33/22, Leitsatz
Die verspätete Auskunftserteilung auf ein Verlangen nach Art. 15 Abs. 1 DSGVO stellt als solche keinen immateriellen Schaden dar. Ein bloßer Verstoß gegen die Vorgaben der Datenschutzgrundverordnung genügt nicht, um einen Schadensersatzanspruch gemäß Art. 82 Abs. 1 DSGVO zu begründen.
Art. 82 Abs. 1 DSGVO enthält auch keine Vermutung dahingehend, dass der mit einem Verstoß gegen die Datenschutzgrundverordnung einhergehende Kontrollverlust über die eigenen Daten als solcher zu einem ersatzfähigen immateriellen Schaden führt.
(ma)EuroparechtVäter von zwei und mehr Kindern, die sich eine Zulage zu ihrer Invaliditätsrente gerichtlich erstreiten müssen, haben Anspruch auf eine zusätzliche EntschädigungEuGH, Urt. v. 14.9.2023 - Rs. C-113/22, Pressemitteilung v. 14.9.2023
Der EuGH hat am 12. Dezember 2019 festgestellt, dass in der Rentenzulage, die Spanien ausschließlich eine Invaliditätsrente beziehenden Müttern mit zwei oder mehr Kindern, nicht aber Vätern in vergleichbarer Situation gewährt, eine mit der Gleichbehandlungsrichtlinie unvereinbare unmittelbare Diskriminierung aufgrund des Geschlechts liegen kann.
In einem weiteren Urteil hat der EuGH nun klargestellt, dass die gemäß einer solchen Verwaltungspraxis erlassene ablehnende Entscheidung über die im Urteil angesprochene Diskriminierung hinaus für die männlichen Versicherten zu einer zusätzlichen Diskriminierung führen könne, da ausschließlich Männer gezwungen seien, ihren Anspruch auf die streitige Rentenzulage gerichtlich geltend zu machen. Dies habe u.a. zur Folge, dass sie bis zur Gewährung der Zulage länger warten müssen und ihnen gegebenenfalls zusätzliche Kosten entstehen.
Das nationale Gericht dürfe sich hierbei, wenn es mit einer Klage gegen eine solche ablehnende Entscheidung befasst ist, nicht darauf beschränken, dem betroffenen männlichen Versicherten den Anspruch auf die streitige Rentenzulage rückwirkend zuzusprechen. Dies ersetze nämlich nicht die durch diese zusätzliche Diskriminierung entstandenen Schäden. Die männlichen Versicherten sollen eine angemessene finanzielle Wiedergutmachung erhalten, die die durch die Diskriminierung tatsächlich entstandenen Schäden in vollem Umfang auszugleichen vermag. Diese Wiedergutmachung müsse auch die dem Versicherten entstandenen Auslagen, einschließlich der Prozesskosten und der Anwaltshonorare, berücksichtigen.
(ma)Tarifwerk zur Leiharbeit zwischen iGZ e.V. und ver.di ist mit Art. 5 Abs. 3 RL 2008/104/EG vereinbarBAG, Urt. v. 31.5.2023 - 5 AZR 143/19, Leitsatz
Das vom Interessenverband Deutscher Zeitarbeitsunternehmen (iGZ e.V.) mit der Gewerkschaft ver.di geschlossene Tarifwerk zur Leiharbeit, das vom Grundsatz des gleichen Arbeitsentgelts (§ 8 Abs. 1 S. 1 AÜG bzw. § 10 Abs. 4 S. 1 AÜG a.F.) „nach unten“ abweicht, genügt den unionsrechtlichen Anforderungen des Art. 5 Abs. 3 Richtlinie 2008/104/EG.
(ma)Insolvenz§ 89 Abs. 1 InsO hindert Durchsetzung der Forderung im Wege der DrittschuldnerklageBAG, Urt. v. 20.7.2023 - 6 AZR 112/23, Leitsatz
Unterfällt eine Maßnahme der Einzelzwangsvollstreckung dem Vollstreckungsverbot des § 89 Abs. 1 InsO, kann der Vollstreckungsgläubiger während des eröffneten Insolvenzverfahrens die vom Pfändungs- und Überweisungsbeschluss erfasste Forderung – auch wenn deren öffentlich-rechtliche Verstrickung noch besteht – mangels materiell-rechtlichen Verwertungsrechts nicht im Wege der Drittschuldnerklage durchsetzen.
(ma)Kündigung/KündigungsschutzBegriff des Luftverkehrsbetriebs i.S.d. § 24 Abs. 2 KSchGBAG, Urt. v. 1.6.2023 - 2 AZR 150/22, Leitsatz
Ein Luftverkehrsbetrieb i.S.v. § 24 Abs. 2 KSchG wird aus der Gesamtheit der an inländischen Flughäfen stationierten Luftfahrzeugen eines Luftverkehrsunternehmens gebildet.
(ma)Kündigung wegen Äußerungen in einer ChatgruppeBAG, Urt. v. 24.8.2023 - 2 AZR 17/23, Pressemitteilung v. 24.8.2023
Ein Arbeitnehmer, der sich in einer aus sieben Mitgliedern bestehenden privaten Chatgruppe in stark beleidigender, rassistischer, sexistischer und zu Gewalt aufstachelnder Weise über Vorgesetzte und andere Kollegen äußert, kann sich gegen eine dies zum Anlass nehmende außerordentliche Kündigung seines Arbeitsverhältnisses nur im Ausnahmefall auf eine berechtigte Vertraulichkeitserwartung berufen.
Eine Vertraulichkeitserwartung ist nur dann berechtigt, wenn die Mitglieder der Chatgruppe den besonderen persönlichkeitsrechtlichen Schutz einer Sphäre vertraulicher Kommunikation in Anspruch nehmen können. Das wiederum ist abhängig von dem Inhalt der ausgetauschten Nachrichten sowie der Größe und personellen Zusammensetzung der Chatgruppe. Sind Gegenstand der Nachrichten – wie vorliegend – beleidigende und menschenverachtende Äußerungen über Betriebsangehörige, bedarf es einer besonderen Darlegung, warum der Arbeitnehmer berechtigt erwarten konnte, deren Inhalt werde von keinem Gruppenmitglied an einen Dritten weitergegeben.
(ma)Kündigung des Verwaltungsdirektors des RBBArbG Berlin, Urt. v. 1.9.2023 - 21 Ca 1751/23, Pressemitteilung v. 1.9.2023
Das ArbG Berlin hat die Klage des Verwaltungsdirektors des RBB in wesentlichen Teilen abgewiesen. Das Gericht kam zu dem Ergebnis, der zuletzt zwischen den Parteien im Jahr 2018 geschlossene Dienstvertrag sei aufgrund der Regelungen zum nachvertraglichen Ruhegeld sittenwidrig im Sinne des § 138 BGB und daher nichtig. Daher habe die Beklagte sich mit Schreiben einseitig von dem Vertrag mit dem Kläger lossagen können. Auf die Wirksamkeit der erklärten außerordentlichen, hilfsweise ordentlichen Kündigung des Dienstverhältnisses kam es daher streitentscheidend nicht mehr an.
(ma)Beendigung des Arbeitsverhältnisses der Juristischen Direktorin des RBBArbG Berlin, Urt. v. 20.9.2023 - 22 Ca 13070/22, Pressemitteilung v. 21.9.2023
Das ArbG Berlin hat auch die Klage der Juristischen Direktorin des RBB gegen die Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses abgewiesen. Der zuletzt abgeschlossene Dienstvertrag sei wegen der darin enthaltenen Regelungen zu einem nachvertraglichen Ruhegeld vor Renteneintritt bereits nichtig. Hierin liege ein grobes Missverhältnis von Leistung und Gegenleistung. Hinzu komme, dass die Beklagte als öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalt den Grundsätzen von Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit verpflichtet sei. Es sei daher von einer Sittenwidrigkeit der Vereinbarung auszugehen, die zur Gesamtnichtigkeit des Vertrages führe.
(ma)Fristlose Kündigung wegen sexueller Belästigung wirksamArbG Berlin, Urt. v. 6.9.2023 - 22 Ca 1097/23, Pressemitteilung v. 19.9.2023
Das ArbG Berlin hat die fristlose Kündigung eines bei einer Bundesbehörde beschäftigten Arbeitnehmers wegen des Vorwurfs, dieser habe vorsätzlich die unbekleideten Brüste einer Arbeitskollegin ohne deren Einwilligung berührt, für wirksam erachtet. Wegen der Schwere der Pflichtverletzung, die möglicherweise sogar strafrechtlich relevant sei, sei eine Abmahnung entbehrlich. Die Abwägung der Interessen der Arbeitgeberin einerseits und des nur noch außerordentlich kündbaren Klägers andererseits falle trotz der 19-jährigen Dauer des Arbeitsverhältnisses zu dessen Lasten aus.
(ma)ProzessualesAntrag auf Entfernung von Abmahnungen neben KündigungsschutzantragLAG Baden-Württemberg, Beschluss v. 14.8.2023 - 4 Ta 7/23, Leitsatz
Es ist einer nicht bemittelten Partei nicht zumutbar, die mit einer unberechtigten Abmahnung verbundene Beeinträchtigung ihres Persönlichkeitsrechts hinzunehmen bis ein Kündigungsschutzprozess beendet ist, in welchem möglicherweise die Berechtigung der Abmahnung inzidenter geprüft werden könnte. Ein Antrag auf Entfernung der Abmahnung aus der Personalakte neben der Kündigungsschutzklage ist deshalb nicht mutwillig.
(ma)Beteiligte im Beschlussverfahren gem. § 100 ArbGGLAG Baden-Württemberg, Beschluss v. 11.9.2023 - 4 TaBV 4/23, Leitsatz
Im Bestellungsverfahren gem. § 100 ArbGG sind nur die streitenden Betriebspartner zu beteiligen und nicht auch Gremien, die für das streitige Mitbestimmungsrecht ebenfalls zuständig sein könnten. Es ist dabei unerheblich, ob der Zuständigkeitskonflikt zwischen Betriebsratsgremien unterschiedlicher hierarchischer Ebenen besteht oder auf derselben hierarchischen Ebene zwischen zwei konkurrierenden und die Existenz des jeweils anderen bestreitenden Gremien.
(ma)SozialrechtEltern können Elterngeld Plus auch bei längerer Arbeitsunfähigkeit beanspruchenBSG, Urt. v. 7.9.2023 - B 10 EG 2/22 R, Pressemitteilung v. 7.9.2023
Elterngeld Plus kann auch dann beansprucht werden, wenn ein Elternteil während der Partnerschaftsbonusmonate für längere Zeit erkrankt und keine Lohnfortzahlung mehr erhält. Eltern sind auch dann „erwerbstätig“, wenn sie ihre auf die vorgeschriebene Zahl an Wochenstunden festgelegte Tätigkeit während einer vorübergehenden Arbeitsunfähigkeit tatsächlich nicht ausüben können, jedoch das Arbeitsverhältnis fortbesteht und die konkrete Tätigkeit voraussichtlich wieder aufgenommen werden wird. Eine andere Auslegung des BEEG widerspricht dem Ziel des Elterngeld Plus, die partnerschaftliche Betreuung des Kindes bei gleichzeitiger Teilzeittätigkeit beider Eltern wirtschaftlich abzusichern.
(ma)

Tarifrecht/TarifvertragsrechtRegelungsbefugnis der Tarifvertragsparteien in Bezug auf ErschwerniszuschlägeBAG, Urt. v. 20.7.2023 - 6 AZR 256/22, Leitsatz
Mit Ausnahme der Zuschläge für die Arbeitsleistung während der tarifvertraglich definierten Nachtzeit können die Tarifvertragsparteien in den Grenzen des Willkürverbots frei regeln, für welche Erschwernisse sie in welcher Weise und Höhe einen Zuschlag gewähren wollen.
Bei der Willkürkontrolle wird von den Arbeitsgerichten nur geprüft, ob objektive Willkür vorliegt, d.h., ob die Tarifnorm im Verhältnis zu der tatsächlichen Situation, die sie regeln soll, objektiv unangemessen ist. Die nach dem Willen der Tarifvertragsparteien für die Ausgestaltung der Tarifregelung maßgeblichen Gründe müssen sich insoweit weder ausdrücklich noch durch Auslegung dem Tarifvertrag entnehmen lassen.
(ma)Voraussetzung einer GleichstellungsabredeLAG Nürnberg, Urt. v. 9.8.2023 - 4 Sa 74/23, Leitsatz
Eine Gleichstellungsabrede im Sinne einer nur bedingten zeitdynamischen Verweisung auf Tarifverträge setzt voraus, dass die Tarifgebundenheit des Arbeitgebers in einer für den Arbeitnehmer erkennbaren Weise zur auflösenden Bedingung der Vereinbarung gemacht worden ist. Dies ist jedenfalls dann anzunehmen, wenn bereits im Wortlaut der Klausel ("… die aufgrund der Tarifgebundenheit des Arbeitgebers … geltenden Tarifverträge") mit hinreichender Deutlichkeit zum Ausdruck kommt, dass die Anwendung der Tarifverträge von der Tarifbindung des Arbeitgebers abhängig ist.
(ma)Änderungsbefugnis der Tarifvertragsparteien betreffend die Senioritätsregeln für den beruflichen AufstiegLAG Düsseldorf, Urt. v. 11.8.2023 - 10 Sa 421/22, Leitsatz
Die Tarifvertragsparteien dürfen die Senioriätsregeln für den beruflichen Aufstieg vom First Officer zum Kapitän durch nachfolgenden Tarifvertrag ändern. Sie haben dabei den allgemeinen Gleichheitssatz aus Art. 3 Abs. 1 GG zu beachten und dürfen nicht gegen das Rückwirkungsverbot verstoßen.
(ma)


  •  C. Literatur

AllgemeinDigitalisierung und künstliche Intelligenz im arbeitsrechtlichen KontextRA/FAArbR Dr. Markus Janko / RA/FAArbR Jakob Friedrich Krüger / RAin Christiane Adam, Düsseldorf / Berlin / Düsseldorf, BB 2023, 2100-2103
Die Autoren beschäftigen sich im vorliegenden Aufsatz mit den Problemen, die bei dem Einsatz von künstlicher Intelligenz und der fortschreitenden Digitalisierung in Unternehmen entstehen können. Im Hinblick auf das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats schlagen die Autoren vor, den Einsatz von künstlicher Intelligenz mit Hilfe eines „KI/IT Cooperation Agreement“ mit dem Betriebsrat frühzeitig abzustimmen, sodass Verzögerungen oder Versperrungen gegen die Einsetzung verhindert werden können.
Problematisch sehen die Autoren den Datenschutz im Unternehmen. Hier kommt dem Betriebsrat aufgrund einer abschließenden gesetzlichen Regelung kein Mitbestimmungsrecht zu.
Bezüglich der Verwendung von KI hat das Unternehmen den Betriebsrat zu informieren, § 90 I Nr. 3 BetrVG. Durch die Digitalisierung und den Einsatz von KI werden Arbeitsabläufe umstrukturiert oder fallen ganz weg. Um mehr Akzeptanz für die Umstrukturierung zu schaffen sollen Arbeitnehmer frühzeitig informiert und geschult werden. Die Autoren machen abschließend deutlich, dass eine hinreichende Kommunikation zwischen Unternehmen und Betriebsrat für die Digitalisierung und den Einsatz von KI unabdingbar ist.
(ib)Neue Anforderungen und Möglichkeiten im TeilzeitrechtRA/FAArbR. Dr. Alexander Willemsen/RA Moritz Coché, Köln / Düsseldorf, DB 2023, 2051-2055
In diesem Beitrag beschäftigen sich die Autoren mit der Entwicklung des Teilzeit- und Befristungsgesetzes. Zunächst stellen die Autoren fest, dass die Frage, wann jemand teilzeitbeschäftigt ist, beantwortet wird, indem die Wochenarbeitszeit eines Vollzeitbeschäftigten mit der des Teilzeitbeschäftigten im selben Unternehmen verglichen wird. Darunter fallen auch geringfügig Beschäftigte. Sie machen deutlich, dass durch dieses Arbeitszeitenmodell auf die unterschiedlichsten Lebensformen eingegangen und Rücksicht genommen werden kann. Jeder Arbeitnehmer, der mehr als sechs Monate in einem Betrieb (mit mehr als 15 Arbeitnehmern) arbeitet, hat einen Anspruch auf Teilzeitarbeit. Der Arbeitgeber kann den Antrag auf Teilzeitarbeit aus wichtigen betrieblichen Gründen ablehnen. Der Arbeitnehmer kann auch für einen festgelegten Zeitraum Teilzeitarbeit beantragen (sog. „ Brückenteilzeit“). Des Weiteren gehen die Autoren auf die Rechte des Teilzeitarbeitnehmers wie das Diskriminierungsverbot, Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen und das Kündigungsverbot gem. § 11 S. 1 TzBfG ein.
(ib)ArbeitsvertragsrechtDer Aufhebungsvertrag ohne Abfindung – eine kausale Verfügung!?Dr. Lorenz Leitmeier, München, NZA-RR 2023, 449-452
Im vorliegenden Beitrag erörtert der Autor die Rechtsnatur eines Aufhebungsvertrags zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Dabei unterscheidet er zwischen einem Aufhebungsvertrag mit Abfindung und ohne Abfindung.
Bei einem Aufhebungsvertrag ohne Abfindung liegt nur ein Rechtsgeschäft vor, das sich hier um das genaue Gegenteil des geschlossenen Arbeitsvertrags handelt. Durch die Aufhebung wird das kausale Rechtsgeschäft und damit der Austausch von Arbeitsleistung und Lohn beendet.
Beim Aufhebungsvetrag mit Abfindung handelt es sich dagegen um zwei Rechtsgeschäfte. Das kausale Rechtsgeschäft liegt wie bei dem Aufhebungsvertrag ohne Abfindung in der Beendigung des Austausches von Leistungen. Hinzu kommt das abstrakte Rechtsgeschäft, das in der Zustimmung des Arbeitnehmers zur Aufhebung des Vertrages mit der Bedingung der Zahlung einer Abfindung des Arbeitgebers liegt.
(ib)BefristungsrechtArbeitsrechtliche Aspekte der Beschäftigung von RentnernRA Prof. Dr. Daniel Benkert, Frankfurt a.M., NJW-Spezial 2023, 562-563
Ein Arbeitsvertrag endet nicht automatisch mit dem Eintritt in das Rentenalter. Aufgrund des Fachkräftemangels beschäftigen viele Unternehmen ihre Arbeitnehmer über das Rentenalter hinaus. Dabei gelten auch für Mitarbeiter, die das Rentenalter bereits erreicht haben die gleichen Rahmenbedingungen in Bezug auf Kündigungsschutz und Vergütung wie Arbeitnehmer, die noch nicht das Rentenalter erreicht haben. Jedoch kann der Arbeitgeber die Beschäftigung befristen. Es besteht auch die Möglichkeit diese als freie Mitarbeiter zu beschäftigten, was jedoch bei Fortführung der vorherigen Aufgaben die Annahme einer Scheinselbstständigkeit birgt.
(ib)Befristete RentnerbeschäftigungPräsident des SG Dr. Christian Ziegelmeier, Landshut, NZA 2023, 1078-1084
Der Autor beschäftigt sich mit der Weiterbeschäftigung von Arbeitnehmern nach dem Eintritt in das Rentenalter aufgrund des Fachkräftemangels. Dabei geht er vor allem auf die zu beachtenden Besonderheiten im Sozialversicherungsrecht bei der Anstellung von sich bereits im Rentenalter befindenden Arbeitnehmern ein. Der Autor stellt abschließend fest, dass die Weiterbeschäftigung von Rentnern den Fachkräftemangel nicht gänzlich verhindert, jedoch bei Einhaltung der Rahmenbedingungen eine gute Möglichkeit darstellt, die Lücke zu verringern.
(ib)BetriebsverfassungsrechtBB-Rechtsprechungsreport zum BetrVG 2021/2022 – Teil IVors. RiBAG a.D. Dr. Mario Eylert, Erfurt, BB 2023, 1973-1980
Im ersten Teil dieses Aufsatzes befasst sich der Autor mit der Rechtsprechung des BAG der letzten zwei Jahre bezüglich der Beteiligungsrechte eines Betriebsrats.
Ein Recht auf Auskunft und Informationen besteht nur, sofern der Betriebstrat diese zur Ausübung seiner Aufgaben benötigt. Dabei muss die konkrete Aufgabe, für die die Information benötigt wird, dargelegt werden.
Der Autor stellt weiterhin fest, dass laut BAG der Durchführungsanspruch des Betriebsrats nur bei Angelegenheiten zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat besteht.
Im weiteren Verlauf des Aufsatzes geht der Autor auf einzelne Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats in sozialen, personellen und wirtschaftlichen Angelegenheiten ein. Er stellt fest, dass nur kollektive Sachverhalte dem Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats unterliegen.
(ib)Interessenausgleich und Sozialplan bei TransformationsmaßnahmenProf. Dr. Wolfgang Kleinebrink, Wuppertal, DB 2023, 2179-2186
Im vorliegenden Beitrag geht der Autor auf die Probleme und zu ergreifenden Maßnahmen ein, die bei der Umgestaltung eines Unternehmens im Bezug auf deren Mitarbeiter getroffen werden müssen und inwieweit einem vorhandenen Betriebsrat ein Mitbestimmungsrecht zukommt. Das Unternehmen darf bei Änderungen im Arbeitsablauf Mitarbeiter nicht bereits entlassen, weil diese für den geänderten Arbeitsablauf unzureichend qualifiziert sind. Vielmehr muss das Unternehmen in Zusammenarbeit mit dem Betriebsrat Maßnahmen ergreifen, damit die benötigte Qualifikation von den Mitarbeitern erlangt werden kann. Dies darf für das Unternehmen nicht unzumutbar sein. Der Autor stellt klar, dass dies zum Nachteil des Unternehmens zu zeitlichen Verzögerungen in der Umgestaltung führen könnte und damit nicht im Interesse des Unternehmens liegt. Dennoch argumentiert der Autor abschließend damit, dass ein Interessenausgleich und Sozialplan zwischen Unternehemen und Arbeitnehmer auch bei der Umstrukturierung zu einem besseren Arbeitsklima beiträgt.
(ib)Webinar oder Präsenzschulung? – Der Betriebsrat entscheidet selbstDr. Oliver Reinartz, Düsseldorf, NZA-RR 2023, 452-454
In diesem Beitrag befasst sich der Autor mit der Frage, ob der Betriebsrat die Schulungskosten seiner Mitglieder so gering wie möglich halten und z.B. Online-Schulungen wahrnehmen muss. Der Autor stimmt der Entscheidung des LAG Düsseldof (Beschl. v. 24.11.2022 – 8 TaBV 59/21) zu, dass es im Ermessen des Betriebsrats liegt, ob sie ihre Mitglieder an Präsenz- oder Online-Schulungen teilnehmen lassen. Als Maßstab der Entscheidung gilt die Qualität und der zu erwartende Lernerfolg der Teilnehmer der Online-Schulung im Verhältnis zur Präsenzschulung. Dabei sieht der Autor die Notwendigkeit einer Präsenzschulung vor allem in der besseren Austauschmöglichkeit zwischen den Teilnehmern und Dozenten. Abschließend betont der Autor auch, dass diese Kosten nicht unverhältnismäßig sein dürfen und die Wahl ob Präsenz- oder Online-Schulung auch in Einzelfällen von den finanziellen Möglichkeiten des Unternehmens abhängig sein kann.
(ib)Benachteiligung von Betriebsratsmitgliedern – Klärung im Beschluss oder im Urteilsverfahren?Prof. Dr. Wolfgang Däubler / RA Dieter Stang, Bremen / Stuttgart, NZA 2023, 1085-1087
Die Autoren befassen sich mit der Frage, welche Verfahrensart einschlägig ist, wenn ein Bertriebsratsmitglied gegen die Einbehaltung von zumindest Teilen seines Gehaltes vorgehen möchte. Die Autoren kommen zu dem Ergebnis, dass im vorliegenden Fall das Beschlussverfahren anzuwenden ist.
(ib)BB-Rechtsprechungsreport zum BetrVG 2021/22 – Teil IIVors. RiBAG a.D. Dr. Mario Eylert, Erfurt, BB 2023, 2037-2044
In Teil II dieses Beitrags erörtert der Autor die Entscheidungen des BAG aus den Jahren 2021 und 2022 in Bezug auf das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats in sozialen und wirtschaftlichen Angelegenheiten. Dabei nimmt er vor allem Bezug auf die Mitbestimmung bezüglich der Beschäftigung von Arbeitnehmern und deren Arbeitsumfeld.
(ib)DatenschutzVerwertungsverbote bei DatenschutzverstößenRA Prof. Dr. Michael Fuhlrott, Hamburg, NZA 2023, 1073-1078
Der Autor befasst sich im vorliegenden Beitrag mit der Frage, ob in einem arbeitsgerichtlichen Verfahren auch Beweismittel zugelassen sind, wenn deren Verwendung gegen das Datenschutzrecht verstößt. Zunächst stellt der Autor fest, dass bei der Frage nach der Verwertbarkeit dahingehend unterschieden werden muss, ob es sich um ein Beweiserhebungsverbot oder ein Sachvortragsverwertungsverbot handelt. Nach der Rechtsprechung des BAG unterliegen Beweismittel, deren Verwendung gegen das Datenschutztrecht verstößt, nicht automatisch einem Verwertungsverbot. Es kommt darauf an, ob der Arbeitnehmer ein berechtigtes Interesse an der Verwendung des Beweismittels hat. Der Betriebsrat kann durch eine Betriebsvereinbarung die Verwendung von Beweismitteln auch nicht einschränken.
(ib)EuroparechtDie Reform des PflegeZG – Eine halbherzige Umsetzung der Vereinbarkeitsrichtlinie 2019/1158/EUProf. Dr. Wiebke Brose, Jena, ZESAR 2023, 313-317
Im vorliegenden Beitrag befasst sich die Autorin mit der nationalen Umsetzung der Richtlinie zur Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben für Eltern und pflegende Angehörige. Sie stellt fest, dass unterschiedliche Begriffsbestimmungen bezüglich der pflegenden bzw. der zu pflegenden Person vorliegen, keine Regelungen für eine Umlegung von Arbeitszeiten getroffen wurden und Art. 10 der Richtlinie im nationalen Recht nicht berücksichtigt wurde. Arbeitnehmer müssen die Freistellung beim Arbeitgeber beantragen und auf eine Bewilligung warten. Der Kündigungsschutz greift entgegen Art. 12 I der Richtlinie aber erst, wenn der Arbeitnehmer freigestellt wurde. Nach Auffassung der Autorin besteht bei der Umsetzung der Richtlinie weiterer Handlungsbedarf.
(ib)Gedanken zu Inhalt und Grenzen des UnionsrechtsDr. Arno Bokeloh, Bonn, ZESAR 2023, 323-326
Der Autor erörtert in diesem Beitrag die Vereinbarkeit der Gestaltungsfreiheit jedes Mitgliedsstaates in Bezug auf sein Sozialsystem. Dabei geht er auf den Fall ein, dass ein im Ausland lebender deutscher Staatsangehöriger sich in Deutschland freiwillig rentenversichern kann, Staatsangehörige anderer Mitgliedsstaaten jedoch nicht, was im Zuge der Ungleichbehandlung gegen Art. 18 AEUV verstoßen würde.
(ib)EuGH zur Anwendbarkeit der Leiharbeitsrichtlinie: Praktische Auswirkungen auf das Konzernprivileg des § 1 Abs. 3 Nr. 2 AÜGFA/RA Daniel Happ / Dipl.-Jur. Nicolas Krämer, Frankfurt am Main, BB 2023, 2164-2166
Anlass des Beitrags ist das Urteil des EuGH vom 22.6.2023 zur Anwendbarkeit der Leiharbeitsrichtlinie auf Formen der Personalgestellung bei öffentlichen Arbeitgebern und dessen Auswirkungen auf das Konzernprivileg nach § 1 Abs. 3 Nr. 2b AÜG. Die Verfasser erläutern kurz die Entscheidung des EuGH, der die Anwendbarkeit der Leiharbeitsrichtlinie verneinte und deshalb die Frage des BAG zur Bereichsausnahme nach § 1 Abs. 3 Nr. 2b AÜG nicht beantworten musste. Sodann untersuchen sie, ob das Konzernprivileg des § 1 Abs. 3 Nr. 2b AÜG, nach den Voraussetzungen, die Literatur und das LAG Niedersachen unterschiedlich beurteilen, mit dem Unionsrecht vereinbar ist.
(ck)
Kündigung/KündigungsschutzBestandsschutz in Zeiten von Corona (Teil II)Prof. Dr. Wolfgang Däubler / Prof. Dr. Alpay Hekimler / Prof. Dr. Reinhard Resch, Bremen / Eskişehir / Linz, ZESAR 2023, 318-322
Im zweiten Teil des Beitrags befassen sich die Autoren mit der Frage, ob in der Türkei trotz des Kündigungsverbots eine außerordentliche Kündigung während der Pandemie wirksam ist und welche arbeitsrechtlichen Maßnahmen Österreich während der Corona-Pandemie ergriffen hat. Aus der Sicht eines Arbeitnehmers in der Türkei, kann dieser trotz Kündigungsverbots eine außerordentliche Kündigung aussprechen, wenn Corona-Maßnahmen wie die Quarantäne nicht eingehalten werden und er sich der Gefahr einer Ansteckung ausgesetzt sieht. Aus der Sicht des Arbeitgebers kann der Arbeitnehmer nicht bereits wegen einer Infektion gekündigt werden. Der Arbeitnehmer darf nur gekündigt werden, wenn er die Tätigkeit aufgrund der Krankheit nach einer festgelegten Zeitspanne nicht wieder aufnehmen kann. Österreich setzte ähnlich wie Deutschland auf Kurzarbeit, um die Arbeitslosigkeit so gering wie möglich zu halten.
(ib)Die Beteiligung des Personalrats bei der Kündigung von ArbeitnehmernRA Prof. Johann Bader, Stuttgart, NZA 2023, 1087-1096
Der Autor erörtert die Auswirkungen der Änderung des Personalvertretungsgesetzes in Baden-Württemberg, welche die Beteiligungsrechte des Personalrats bei Kündigungen weiter ausbaut. Demnach kommt dem Personalrat ein Mitbestimmungsrecht in Sachen Kündigung von Arbeitnehmern zu. Die ordentliche Kündigung eines Arbeitnehmers bedarf der Zustimmung des Personalrats. Der Autor geht insbesondere darauf ein, welche Form-und Verfahrensvorschriften dabei eingehalten werden müssen.
(ib)Fallstricke der Massenentlassungsanzeige – Abkehr des BAG von der Unwirksamkeit der Kündigung?RA/FA Dr. Andreas Krause / RA/FA Carl-Philipp Fischer, München, DB 2023, 2243-2247
Ist angesichts der Entscheidung des EuGH vom 13.7.2023 zum Massenentlassungsverfahren zu erwarten, dass Fehler im Konsultations- und Anzeigeverfahren nach § 17 KSchG künftig nicht mehr die Unwirksamkeit der Kündigung zur Folge haben werden? Die Verfasser stellen die bisherige Rechtsprechung des BAG dar, das § 17 Abs. 1 und 3 KSchG wiederholt als Verbotsgesetz i.S.d. § 134 BGB mit der Folge der Unwirksamkeit der Kündigung qualifiziert hat. Im Urteil vom 13.7.2023 hat der EuGH entschieden, dass die in Art. 2 Abs. 3 Unterabs. 2 MERL vorgeschriebene Übermittlung der Abschrift der Mitteilung an die Arbeitnehmervertretung an die Agentur für Arbeit lediglich Informations- und Vorbereitungszwecken dienen und keinen Individualschutz für den Arbeitnehmer entfalte. Im Hinblick auf § 17 Abs. 3 S. 1 Hs. 1 KschG gehen die Verfasser daher von einer Anpassung der Rechtsprechung an die Entscheidung des EuGH aus. Darüberhinaus halten sie die Entscheidungsgründe nicht unmittelbar auf andere Fehler im Konsultations- und Anzeigeverfahren übertragbar.
(ck)SozialrechtDie Reform der Pflegeversicherung – das Pflegeunterstützungs- und -entlastungsgesetzRA Prof. Ronald Richter, Hamburg, NJW 2023, 2679-2683
In diesem Beitrag erörtert der Autor die im Pflegeunterstützungs- und -entlastungsgesetz (PUEG) geregelten Neuerungen des Beitragsrechts der sozialen Pflegeversicherung. Die Beitragshöhe der sozialen Pflegeversicherung wird zukünftig an der Anzahl der Kinder und dessen Alter bemessen, um Familien mit mehreren Kindern zu unterstützen. Außerdem wurden Änderungen in der Beurteilung des Pflegegrades und des Leistungserbringungsrechts vorgenommen. Weiter soll ab 2024 das Budget für Sachleistungen im Pflege- und Betreuungsdienst um 5% erhöht werden. Der Autor stellt fest, dass zur Unterstützung von Pflegebedürftigen, deren Angehörigen und von Pflegeeinrichtungen noch einiges getan werden muss.
(ib)


 
 
  D. Entscheidungsbesprechungen

 

Verlängerung der Überlassungshöchstdauer für Leiharbeitnehmer durch BetriebsvereinbarungWiss. Mit. Stephan Sura, Köln, NZA-RR 2023, 497
BAG, Urt. v. 8.11.2022 – 9 AZR 486/21
(ib)Entgeltungleichheit zwischen Frauen und Männern – individuelle GehaltsverhandlungRA Dr. Anton Barrein, Hannover, NZA-RR 2023, 498
BAG, Urt. v. 16.2.2023 – 8 AZR 450/21
(ib)

Keine persönliche Haftung von GmbH-Geschäftsführern für MindestlohnProf. Dr. Alexander Eufinger, Wiesbaden, NZA-RR 2023, 499
BAG, Urt. v. 30.3.2023 – 8 AZR 120/22
(ib)Ausbleibende Anwendung einer Ausschlussfrist wegen Streitlosstellung des AnspruchsWiss. Mit. Stephan Sura, Köln, NZA-RR 2023, 500
BAG, Urt. v. 3.5.2023 – 5 AZR 268/22
(ib)Annahmeverzugslohn bei einrichtungsbezogener ImpfpflichtRA/FA Dr. Brigitte Glatzel, Mainz, NZA-RR 2023, 501
LAG Düsseldorf, Urt. v. 19.4.2023 – 12 Sa 621/22
(ib)(Nicht-)Zuleiten der Informationen nach § 17 III KSchG an Agentur für Arbeit keine WirksamkeitsvoraussetzungRA/FA Prof. Dr. Michael Fuhlrott, Hamburg, NZA-RR 2023, 502
EuGH, Urt. v. 13.7.2023 – C-134/22
(ib)Kündigung aus Anlass einer Krankmeldung und MaßregelungsverbotProf. Dr. Alexander Eufinger, Wiesbaden, NZA-RR 2023, 503
LAG Mecklenburg-Vorpommern, Urt. v. 31.1.2023 – 5 Sa 104/22
(ib)Tarifliche SenioritätsregelnRA/FA Dr. Brigitte Glatzel, Mainz, NZA-RR 2023, 504
LAG Düsseldorf, Urt. v. 10.1.2023 – 8 Sa 420/22
(ib)

Keine Annahme böswilligen Unterlassens anderweitigen Verdienstes allein aufgrund fehlender ArbeitslosmeldungRA/FA Dr. Wolfgang Wittek, Hamburg, DB 2023, 2056
BAG, Urt. v. 12.10.2022 – 5 AZR 30/22
(ib)Der unwirksame FreiwilligkeitsvorbehaltRAin Svenja Katharina Langohr, LL.M., Frankfurt a.M., DB 2023, 2187
BAG, Urt. v. 25.1.2023 – 10 AZR 109/22
(ib)Gleichbehandlung bei der Ausschüttung von BoniRAin/FAin Dr. Julia Schweitzer, Frankfurt a.M., DB 2023, 2188
BAG, Urt. v. 25.1.2023 – 10 AZR 29/22
(ib)Zuständigkeit des Konzernbetriebsrats bei Regeln zur privaten DienstwagennutzungRA/FA Dr. Frank Zaumseil, Frankfurt a.M., DB 2023, 2189
LAG Nürnberg, Beschl. v. 6.9.2022 – 1 TaBV 4/22
(ib)Haftung des Geschäftsführers für den Mindestlohn in der Insolvenz nur nach allgemeinen RegelnRA/FA Prof. Dr. Jens M. Schmittmann, Essen, DB 2023, 1983
BAG, Urt. v. 30.3.2023 – 8 AZR 120/22
(ib)Rückzahlung von Fortbildungskosten zum SteuerberaterexamenRA/FA Prof. Dr. Jens M. Schmittmann, Essen, DB 2023, 2047
BAG, Urt. v. 25.4.2023 – 9 AZR 187/22
(ib)Altersdiskriminierung/PolizeikommissareMag. Denise Posch, Linz, ZESAR 2023, 331
EuGH, Urt. v. 17.11.2022 – C-304/21
(ib)

Altersdiskriminierung/Ruhebezug/Beamte/RückwirkungMarje Mülder, Regensburg, ZESAR 2023, 341
EuGH, Urt. v. 27.4.2023 – C-681/21
(ib)Zuschläge bei nicht rechtzeitig aufgestellten Dienstplänen - Auslegung des Begriffs „aufstellen“RAin/FAin Dr. Eva Rütz (LL.M.) und RAin Dr. Carolin Pockrandt, Düsseldorf, DB 2023, 2248
BAG, Urteil vom 16.3.2023 – 6 AZR 130/22
(ck)Beschränkte revisionsrechtliche Kontroller einer Ersatzleistungsbestimmung i.S.d. § 315 Abs. 3 Satz 2 BGBRAin Svenja Heizmann, München, DB 2023, 2249
BAG, Urteil vom 25.1.2023 – 10 AZR 319/20
(ck)Diskriminierung von Teilzeitbeschäftigten aufgrund unterschiedlicher VergütungRA Dr. Justus Frank (LL.M.), Düsseldorf
BAG, Urteil vom 18.1.2023 – 5 AZR 108/22
(ck)