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Oktober 2023

Inhalt

 

A. Gesetzgebung

B. Rechtsprechung

 

Allgemein

 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 

C. Literatur

 

Allgemein

 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 

D. Entscheidungsbesprechungen


 
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A. Gesetzgebung

Vertragsverletzungsverfahren gegen DeutschlandPressemitteilung der EU-Kommission vom 28.9.2023
Mit einem Aufforderungsschreiben (INFR (2023/2043) hat die Kommission ein Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet. Deutschland hat die Richtlinie zur Festlegung einer vierten Liste von Arbeitsplatz-Richtgrenzwerten für gefährliche chemische Arbeitsstoffe nicht ordnungsgemäß in nationales Recht umgesetzt.
Diese EU-Grenzwerte werden auf der Grundlage der neuesten wissenschaftlichen Daten formuliert und stellen Expositionsgrenzen dar. Unterhalb dieser Grenzen sind selbst bei kurzfristiger oder täglicher Exposition keine schädlichen Auswirkungen für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zu erwarten. Die Mitgliedstaaten müssen diese EU-Werte bei der Festlegung ihrer nationalen Grenzwerte berücksichtigen. Für Acrylaldehyd hat Deutschland einen Grenzwert festgelegt, der viermal höher ist als der EU-Richtgrenzwert. Der deutsche Grenzwert für Schwefeldioxid ist doppelt so hoch wie der von der EU vorgegebene Wert. Nach der Richtlinie über chemische Arbeitsstoffe können die Mitgliedstaaten wählen, ob sie die EU-Richtgrenzwerte als Richt- oder als verbindliche Werte gemäß den nationalen Vorschriften und Gepflogenheiten übernehmen.
Obwohl Deutschland verbindliche Grenzwerte für die beiden Stoffe eingeführt hat, hat es die von der EU festgelegten Richtgrenzwerte und die ihnen zugrunde liegenden wissenschaftlichen Überlegungen nicht beachtet. Außerdem konnte Deutschland keine angemessene Erklärung für die höheren Grenzwerte liefern, und insbesondere nicht begründen, warum die EU-Grenzwerte in Deutschland nicht umgesetzt werden können.

Deutschland hat nun zwei Monate Zeit, um auf die Beanstandungen der Kommission zu reagieren. Andernfalls kann die Kommission eine mit Gründen versehene Stellungnahme übermitteln.
(gk)

Telefonische Krankschreibung soll wieder möglich werdenMeldung der Bundesregierung vom 2.10.2023
Die Möglichkeit, Krankschreibungen per Telefon zu erhalten, war während der Corona-Krise eine wichtige Option: Sie hat Arztpraxen entlastet und Infektionsgefahren – zum Beispiel in vollen Wartezimmern – reduziert. Die Regelung war nach mehrmaliger Verlängerung am 1. April 2023 ausgelaufen. 
Nach den positiven Erfahrungen soll nun eine Möglichkeit geschaffen werden, die telefonische Krankschreibung wieder zuzulassen – allerdings nur bei Krankheiten ohne schwere Symptome und nur bei Patientinnen oder Patienten, die in der jeweiligen Arztpraxis bekannt sind. Der Gemeinsame Bundesausschuss soll dazu eine Richtlinie bis zum 31. Januar 2024 ausarbeiten. Der Bundestag hatte am 23. Juni 2023 eine entsprechende Regelung verabschiedet, der Bundesrat hatte diese Regelung am 7. Juli 2023 gebilligt.

Bereits jetzt sind Krankschreibungen in bestimmten Fällen per Videosprechstunde möglich.
(gk)

Beratungsgegenstände des Bundestags

123. Sitzung, 22.9.2023: 

  • Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Anpassung des Zwölften und des Vierzehnten Buches Sozialgesetzbuch und weiterer Gesetze (BT-Drs. 20/8344)
  • Beratung des Antrags Abgeordneter und der Fraktion der AfD „Lebensleistung anerkennen – Vermögensfreibetrag bei Sozialhilfe und Bürgergeld angleichen“ (BT-Drs. 20/6275) sowie Überweisung an Ausschüsse
  • Beratung des Antrags Abgeordneter und der Fraktion Die Linke „Schlechterstellung von Menschen in der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung beenden“ (BT-Drs. 20/7642) sowie Überweisung an Ausschüsse

124. Sitzung, 27.9.2023: Keine relevanten Beratungsgegenstände.

125. Sitzung, 2.10.2023: 

  • Beratung des Antrags Abgeordneter und der Fraktion Die Linke „Antidiskriminierungsstelle des Bundes stärken – Diskriminierungsschutz erweitern“ (BT-Drs. 20/2696) sowie Überweisung an Ausschüsse
  • Beratung des Antrags Abgeordneter und der Fraktion Die Linke „Verbot von Werkverträgen und Subunternehmerketten in der Kurier-, Express- und Paketdienstbranche" (BT-Drs. 20/7644) sowie Überweisung an Ausschüsse

126. Sitzung, 4.10.2023: Keine relevanten Beratungsgegenstände.

127. Sitzung, 11.10.2023: Keine relevanten Beratungsgegenstände.

128. Sitzung, 12.10.2023: Keine relevanten Beratungsgegenstände.

129. Sitzung, 13.10.2023: Keine relevanten Beratungsgegenstände.

130. Sitzung, 18.10.2023: Keine relevanten Beratungsgegenstände.

131. Sitzung, 19.10.2023: 

  • Beratung des Antrags Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU „Innovation ermöglichen, Investitionen erleichtern – Agenda für Bürokratieabbau und bessere Rechtssetzung" (BT-Drs. 20/8856) sowie Überweisung an Ausschüsse
  • Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Übereinkommen Nr. 184 der Internationalen Arbeitsorganisation vom 21. Juni 2001 über den Arbeitsschutz in der Landwirtschaft (BT-Drs. 20/8655) sowie Überweisung an Ausschüsse

132. Sitzung, 20.10.2023: Keine relevanten Beratungsgegenstände.

(gk)

Beratungsgegenstände des Bundesrats

1037. Sitzung, 20.10.2023: 

  • Ausschusszuweisung/Entschließung des Bundesrates: Die Fachkräftegewinnung und Arbeitsmarktintegration stärken und optimieren (BR-Drs. 526/23)

(gk)

Veröffentlichungen im Bundesgesetzblatt

Keine relevanten Veröffentlichungen im Berichtszeitraum.

(gk)

Veröffentlichungen im Amtsblatt der EU (Teil L) 

Keine relevanten Veröffentlichungen im Berichtszeitraum.

(gk)


  • B. Rechtsprechung

AllgemeinAnwendbarkeit der Grundsätze der korrigierenden RückgruppierungBAG, Urt. v. 16.8.2023 - 4 AZR 339/22, Leitsatz
Die Grundsätze der korrigierenden Rückgruppierung, nach denen die AG die Darlegungs- und Beweislast für die objektive Fehlerhaftigkeit der bisher angenommenen Bewertung der Tätigkeit trägt, sind nur anzuwenden, wenn sich aus der bislang vorgenommenen Zuordnung zu einer Entgeltgruppe oder einem Tätigkeitsmerkmal zwingend die durch die Beschäftigte begehrte Eingruppierung ergibt. Sie gelten ihrem Sinn und Zweck nach nicht, wenn die Beschäftigte ihr Vertrauen nur auf ein Element der bisherigen tariflichen Bewertung durch die AG stützt, aber weitere rechtliche Folgeüberlegungen erforderlich sind, die erst zur beanspruchten Entgeltgruppe führen.
(ma)Betriebliche Invaliditätsrente kann Ausscheiden aus Arbeitsverhältnis voraussetzenBAG, Urt. v. 10.10.23 - 3 AZR 250/22, Pressemitteilung vom 10.10.2023
Der eine betriebliche Invaliditätsrente zusagende AG darf die Leistung in einer Versorgungsordnung, die für eine Vielzahl vorformulierte Vertragsbedingungen (AGB) enthält, grundsätzlich davon abhängig machen, dass der AN eine gesetzliche Erwerbsminderungsrente bezieht und rechtlich aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschieden ist. Die der Inhaltskontrolle unterliegende Regelung benachteiligt den Kläger auch nicht unangemessen entgegen den Geboten von Treu und Glauben. Es ist im Grundsatz nicht unzumutbar, die Zahlung einer betrieblichen Invaliditätsrente davon abhängig zu machen, dass eine gesetzliche Erwerbsminderungsrente bewilligt und das Arbeitsverhältnis beendet ist. Unter Berücksichtigung der wechselseitigen Interessen wird dadurch kein unzumutbarer Druck auf den AN zur Beendigung seines Arbeitsverhältnisses ausgeübt.
(ma)Abweichung von § 12 Abs. 1 S. 3 TzBfG im Wege ergänzender VertragsauslegungBAG, Urt. v. 18.10.2023 - 5 AZR 22/23, Pressemitteilung v. 18.10.2023
Vereinbaren AG und AN Arbeit auf Abruf, legen aber die Dauer der wöchentlichen Arbeitszeit nicht fest, gilt grundsätzlich nach § 12 Abs. 1 S. 3 TzBfG eine Arbeitszeit von 20 Stunden wöchentlich als vereinbart. Eine Abweichung davon kann im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung nur dann angenommen werden, wenn die gesetzliche Regelung nicht sachgerecht ist und objektive Anhaltspunkte dafür vorliegen, die Parteien hätten bei Vertragsschluss übereinstimmend eine andere Dauer der wöchentlichen Arbeitszeit gewollt.
(ma)„Pool-Arzt“ im vertragszahnärztlichen Notdienst nicht automatisch selbstständigBSG, Urt. v. 24.10.2023 - B 12 R 9/21 R, Pressemitteilung v. 24.10.2023
Ein Zahnarzt, der als so genannter „Pool-Arzt“ im Notdienst tätig ist, geht nicht deshalb automatisch einer selbstständigen Tätigkeit nach, weil er insoweit an der vertragszahnärztlichen Versorgung teilnimmt. Maßgebend sind vielmehr - wie bei anderen Tätigkeiten auch - die konkreten Umstände des Einzelfalls.
(ma)Rechtmäßigkeit der Entlassung eines Polizeimeisteranwärters wegen Postens einer Bilddatei vor Eintritt in den PolizeivollzugsdienstVG Koblenz, Urt. v. 12.9.2023 - 2 K 354/23.KO, Pressemitteilung v. 28.9.2023
Das VG Koblenz entschied, dass die Entlassung eines im Dienst der beklagten Bundesrepublik Deutschland stehenden Polizeimeisteranwärters aus dem Beamtenverhältnis auf Widerruf rechtmäßig ist. 
Der Kläger hatte rund ein Jahr vor seinem Eintritt in den Polizeivollzugsdienst eine Bilddatei (sog. Sticker) in eine über 30 Mitglieder umfassende WhatsApp-Chatgruppe gepostet, auf der eine uniformierte Person zu sehen ist, die eine Gasmaske trägt und auf deren Uniform ein sichtbares Hakenkreuz abgebildet ist. Betitelt ist die Abbildung mit dem Schriftzug „Willste Spaß brauchste Gas“. 
Die Einschätzung der Beklagten, dem Kläger fehle die für den Dienst erforderliche charakterliche Eignung, sei gerichtlich nicht zu beanstanden. Die Beklagte habe auf das singuläre Ereignis vor Eintritt des Klägers in den Polizeivollzugsdienst abstellen dürfen. Es sei auch nicht entscheidend, ob der Vorfall tatsächlich Ausdruck einer fremdenfeindlichen Gesinnung des Klägers sei. Dieser müsse den Aussagegehalt des Bildes so gegen sich gelten lassen, wie er objektiv zu verstehen sei, nämlich menschenverachtend, gewaltverherrlichend und antisemitisch. Mit dem Beruf eines Polizeibeamten sei es zudem unvereinbar, den Holocaust und damit die massenhafte Vernichtung menschlichen Lebens als geeignetes oder akzeptables Mittel einer humoristischen Grenzüberschreitung anzusehen und sich durch die innerhalb einer Chatgruppe vorherrschende Gruppendynamik zum Teilen solcher Inhalte verleiten zu lassen.
(ma)ArbeitsvertragsrechtRegelung einer Vermittlungsposition in AGB unwirksamBAG, Urt. v. 20.6.2023 - 1 AZR 265/22, Leitsatz
Eine vorformulierte Vertragsbedingung i.S.v. § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB, nach der der AN verpflichtet ist, dem AG eine von ihm für das Zustandekommen des Arbeitsvertrags an einen Dritten gezahlte Vermittlungsprovision zu erstatten, wenn der AN das Arbeitsverhältnis vor Ablauf einer bestimmten Frist durch Eigenkündigung beendet, ist unangemessen und daher nach § 307 Abs. 1 S. 1 BGB unwirksam.
(ma)BetriebsübergangBetriebsübergang begründet keinen Übergang der OrganstellungBAG, Urt. v. 20.7.2023 - 6 AZR 228/22, Leitsatz
Liegt der rechtlichen Beziehung zwischen Organ und Gesellschaft ein Arbeitsverhältnis zugrunde, geht bei einem Betriebsübergang gemäß § 613a BGB zwar das Arbeitsverhältnis, nicht aber die Organstellung auf den Erwerber über.
(ma)BetriebsverfassungsrechtKeine Auflösung eines restmandatierten BetriebsratsBAG, Beschluss v. 24.5.2023 - 7 ABR 21/21, Leitsatz
Ein Betriebsrat kann nicht wegen grober Verletzung seiner gesetzlichen Pflichten aufgelöst werden, wenn er nach dem Untergang des Betriebs nur noch ein Restmandat innehat. Möglich ist aber der Ausschluss eines Mitglieds aus dem Betriebsrat wegen grober Verletzung seiner gesetzlichen Pflichten in dem Sinn, dass es von der Wahrnehmung des Restmandats ausgeschlossen ist.
(ma)§ 80 Abs. 1 Nr. 4 BetrVG erfasst auch die Gruppe schwerbehinderter und ihnen gleichgestellten leitenden AngestelltenBAG, Beschluss v. 9.5.2023 - 1 ABR 14/22, Leitsatz
Die Aufgabe des Betriebsrats nach § 80 Abs. 1 Nr. 4 BetrVG i.V.m. § 176 SGB IX, die Eingliederung schwerbehinderter Menschen zu fördern, erfasst auch die Gruppe der schwerbehinderten und ihnen gleichgestellten leitenden Angestellten.
(ma)Keine Anordnung einer verpflichtenden Anwesenheit (Änderung der Regeln zum mobilen Arbeiten/Home Office) ohne Mitbestimmung des BetriebsratsLAG München, Beschluss v. 10.8.2023 - 8 TaBVGa 6/23, Pressemitteilung v. 27.9.2023
Das LAG München hat auf Antrag des Betriebsrats in einem Eilverfahren entschieden, dass Anordnungen der AG zum mobilen Arbeiten (hier Anordnung von Präsenztagen), die nicht nur eine bestehende Betriebsvereinbarung ausgestalten, sondern eine abweichende Regelung treffen, zu unterlassen sind, solange das Mitbestimmungsverfahren nicht durch Abschluss einer Betriebsvereinbarung, durch Einigungsstellenspruch abgeschlossen oder eine rechtskräftige Entscheidung im Hauptsacheverfahren ergangen ist. Außerdem müssen bereits getroffene Anordnungen zurückgenommen werden.
(ma)Datenschutz§ 6 Abs. 4 S. 1 BDSG ist mit Unionsrecht vereinbarBAG, Urt. v. 6.6.2023 - 9 AZR 621/19, Leitsatz
Der in § 6 Abs. 4 S. 1 BDSG normierte besondere Schutz des betrieblichen Datenschutzbeauftragten vor einer Abberufung ist mit Unionsrecht vereinbar.
(ma)§ 26 Abs. 1 S. 1 BDSG als Rechtsgrundlage i.S.d. Art. 6 Abs. 3 i.V.m. Abs. 1 Unterabs. 1 Buchst. c DSGVOBAG, Beschluss v. 9.5.2023 - 1 ABR 14/22, Leitsatz
Soweit § 26 Abs. 1 S. 1 BDSG vorsieht, dass personenbezogene Daten von Beschäftigten verarbeitet werden dürfen, wenn dies zur Erfüllung eines sich aus dem Gesetz ergebenden Rechts der Interessenvertretung der Beschäftigten erforderlich ist, stellt die Norm eine Rechtsgrundlage i.S.v. Art. 6 Abs. 3 i.V.m. Abs. 1 Unterabs. 1 Buchst. c DSGVO dar. Der Umstand, dass § 26 Abs. 1 S. 1 BDSG den Vorgaben der Öffnungsklausel in Art. 88 DSGVO nicht genügt, ist insoweit unerheblich.
(ma)EuroparechtKeine Verpflichtung des AG die von einer beabsichtigten Massenentlassung betroffenen AN einzeln zu konsultierenEuGH, Urt. v. 5.10.2023 - Rs. C-496/22
Eine nationale Regelung, die für den AG keine Verpflichtung vorsieht, die von einer beabsichtigten Massenentlassung betroffenen AN einzeln zu konsultieren, wenn diese keine Arbeitnehmervertreter benannt haben, ist mit der EG-Massenentlassungsrichtlinie (RL 98/59/EG) vereinbar. Hauptziel der RL ist nämlich nach dessen Art. 2 die Ermöglichung der Durchführung einer Konsultation des AG mit den Arbeitnehmervertretern. Auf diesem Weg sollen Massenentlassungen vermieden, deren Umfang beschränkt oder zumindest ihre Folgen gemildert werden. Das Informieren oder Konsultieren jedes einzelnen AN ist aber gerade nicht dazu geeignet, die Erreichung dieses Ziels sicherzustellen, da zum einen die Interessen der einzelnen AN möglicherweise nicht mit den Interessen aller AN übereinstimmen und zum anderen einzelne AN nicht berechtigt sind, im Namen aller AN tätig zu werden. Der EuGH hat außerdem wiederholt entschieden, dass das in der RL vorgesehene Informations- und Konsultationsrecht den Arbeitnehmervertretern zukommt und nicht dem einzelnen AN. Art. 2 der RL gewähre den betroffenen AN einen kollektiven und keinen individuellen Schutz.
Ferner ergibt sich aus Art. 3 der RL, dass nur den Arbeitnehmervertretern eine Abschrift der betreffenden Anzeige übermittelt werden muss und diese ihre etwaigen Bemerkungen an die zuständige Behörde richten können, während den einzelnen AN eine solche Möglichkeit gerade nicht eröffnet ist. 
Auch die Entstehungsgeschichte der RL kann für die Vereinbarkeit der nationalen Regelung angeführt werden. Aus den Vorarbeiten der RL geht nämlich hervor, dass die Aufnahme einer Bestimmung vorgesehen war, wonach die AG in Betrieben ohne Arbeitnehmervertreter mit in der Regel weniger als 50 AN verpflichtet wären, den von der betroffenen Massenentlassung betroffenen AN rechtzeitig die gleichen Informationen wie die den Arbeitnehmervertretern zu übermittelnden bereitzustellen. Diese Bestimmung wurde aber gerade nicht Inhalt der RL. 
(ma)Arbeitszeit: Teilzeitbeschäftigte dürfen nicht schlechter behandelt werden, wenn es darum geht, eine erhöhte Vergütung wegen Überschreitung einer bestimmten Zahl an Arbeitsstunden zu erhaltenEuGH, Urt. v. 19.10.2023 - Rs. C-660/20Pressemitteilung v. 19.10.2023
Das mit dem Rechtsstreit zwischen dem Piloten und Lufthansa CityLine befasste deutsche BAG hat ein Vorabentscheidungsersuchen an den Gerichtshof gerichtet. Es möchte wissen, ob eine nationale Regelung, nach der ein Teilzeitbeschäftigter die gleiche Zahl Arbeitsstunden wie ein Vollzeitbeschäftigter leisten muss, um eine zusätzliche Vergütung zu erhalten, eine Diskriminierung darstellt, die nach dem Unionsrecht verboten ist. Der Gerichtshof bejaht dies. Er stellt zunächst fest, dass die teilzeitbeschäftigten AN während der Zeit ihrer Beschäftigung die gleichen Aufgaben wahrnehmen wie die vollzeitbeschäftigten AN oder die gleiche Arbeitsstelle wie diese bekleiden. Damit ist die Situation beider Arbeitnehmerkategorien vergleichbar. Das nationale Gericht wird diesen Aspekt jedoch zu überprüfen haben.
Der Gerichtshof stellt sodann fest, dass das Bestehen identischer Schwellenwerte für die Auslösung einer zusätzlichen Vergütung für teilzeitbeschäftigte Piloten gemessen an ihrer Gesamtarbeitszeit einen längeren Flugstundendienst als für vollzeitbeschäftigte Piloten bedeutet. Teilzeitbeschäftigte Piloten werden damit in höherem Maß belastet und werden die Anspruchsvoraussetzungen für die zusätzliche Vergütung weitaus seltener erfüllen als ihre vollzeitbeschäftigten Kollegen.
Der Gerichtshof urteilt daher, dass eine solche nationale Regelung zu einer schlechteren Behandlung der teilzeitbeschäftigten Piloten führt, was gegen das Unionsrecht verstößt, es sei denn, diese Behandlung ist durch einen sachlichen Grund gerechtfertigt. Das nationale Gericht ist aufgerufen, auch letzteren Aspekt zu prüfen. Dabei wird es die entsprechenden Erwägungen des Gerichtshofs zu berücksichtigen haben, der Vorbehalte gegenüber den Rechtfertigungsgründen äußert, die insbesondere von der Fluggesellschaft vorgebracht werden.
(ma)Mutterschutz und ErziehungsurlaubAuslegung der §§ 18 S. 2 und 20 Abs. 1 S. 2 MuSchG bei tariflichen JahresarbeitszeitmodellenBAG, Urt. v. 31.5.2023 - 5 AZR 305/22, Leitsatz
§ 18 S. 2 MuSchG kann bei tariflichen Jahresarbeitszeitmodellen mit saisonal stark schwankender variabler Vergütung extensiv dahingehend auszulegen sein, dass zur Ermittlung des als Mutterschutzlohn zu zahlenden durchschnittlichen Arbeitsentgelts auf einen zwölfmonatigen Referenzzeitraum abzustellen ist. Entsprechendes kann in derartigen Fällen für den Referenzzeitraum zur Berechnung des Zuschusses zum Mutterschaftsgeld nach § 20 Abs. 1 S. 2 MuSchG gelten.
(ma)ProzessualesKeine Eröffnung des Rechtswegs zu den Arbeitsgerichten bei Klage auf Zahlung einer Energiepreispauschale nach §§ 112 ff., 117 EStGLAG Düsseldorf, Beschluss v. 5.10.2023 - 3 Ta 240/23, Leitsatz
Für die Klage eines AN gegen seinen AG auf Zahlung der Energiepreispauschale nach §§ 112 ff., 117 EStG ist der Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten mangels bürgerlicher Rechtsstreitigkeit nicht eröffnet. Eröffnet ist vielmehr, da es sich um eine öffentlich-rechtliche Abgabenstreitigkeit handelt, bei der der AG lediglich als "Erfüllungsgehilfe" bzw. "Zahlstelle" der Finanzverwaltung fungiert, allein der Rechtsweg zu den Finanzgerichten nach § 33 Abs. 1 Nr. 1 FGO.
(ma)Darlegungs- und Beweislast im Rahmen eines VergütungsanspruchsLAG Mecklenburg-Vorpommern, Urt. v. 28.9.2023 - 5 Sa 15/23, Leitsatz
Der Vergütungsanspruch des AN entfällt ganz oder teilweise, wenn der AN seiner Verpflichtung zur Arbeitsleistung nicht oder nicht in vollem Umfang nachkommt, es sei denn, die Vergütung ist aus an AG die Darlegungs- und Beweislast, dass und in welchem Umfang der AN seine Arbeitspflicht nicht erfüllt hat. Auf den entsprechenden Prozessvortrag des AG hat der AN sodann substantiiert zu erwidern. Das gilt auch bei Arbeitsleistungen im Home-Office.
(ma)SozialrechtKrebs als Berufskrankheit auch bei ehemaligen RauchernBSG, Urt. v. 27.9.2023 - B 2 U 8/21 R, Pressemitteilung v. 27.9.2023
Die Harnblasenkrebserkrankung eines Schweißers kann wegen der beruflichen Einwirkung aromatischer Amine trotz langjährigen Rauchens als Berufskrankheit anerkannt werden, wenn der Nikotinkonsum nach jahrelanger Abstinenz nicht mehr hinreichend wahrscheinlich die Krebserkrankung verursacht hat.
(ma)


  •  C. Literatur

AllgemeinEinsatz künstlicher Intelligenz im Vertrags-, Wirtschafts- und ArbeitsrechtProf. Dr. Markus Conrads / Prof. Dr. Sascha Schweitzer, Reutlingen, NJW 2023, 2809-2815
Im vorliegenden Beitrag befassen sich die Autoren mit dem Einsatz von künstlicher Intelligenz am Beispiel von ChatGPT-3 und ChatGPT-4 zur Lösung juristischer Fragestellungen. Dabei stellen sie fest, dass die Verwendung einer KI bei der juristischen Falllösung durchaus hilfreich sein kann. Sie machen aber auch deutlich, dass, um zu einer brauchbaren Lösung zu kommen, juristische Vorkenntnisse erforderlich sind.
(ib)Rechtsprechungsübersicht zum IndividualarbeitsrechtRA/FA Prof. Dr. Bernd Schiefer, Düsseldorf, DB 2023, 2369-2379
Im vorliegenden Beitrag gibt der Autor einen Überblick über die Rechtsprechung zum Thema Individualarbeitsrecht im Zeitraum vom März bis Mitte September 2023. Er erläutert dabei die Entscheidungen der Rechtsprechungen zu den Themen Abmahnung, AGB-Kontrolle, AGG, Altersgrenze bei Arbeitnehmern, Ausstellung einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung, Arbeitszeit, Aufhebungsvertrag, Ausschlussfristen, außerordentliche Kündigung, Befristung, betriebliche Übung, betriebsbedingte Kündigung, Betriebsübergang, Direktionsrecht, Elternzeit, Entgeltgleichheit, krankheitsbedingte Kündigung, Kündigungsfrist, Kündigungsschutz, Massenentlassung, Mutterschutz, Nachtarbeit, Rückzahlungsklauseln, Sondervergütung, Teilzeitbeschäftigung, Urlaub und Videoüberwachung.
(ib)Workation – Wer trägt die Kosten, wenn im Ausland der Laptop kollabiert?RA/FA Thomas Hey / Lara Paulina Sander, BB 2023, 2296-2298
Die Autoren erörtern in diesem Beitrag die während der Corona-Pandemie populär gewordene Arbeitsform des Arbeitens aus dem Urlaubsort und daraus resultierende Probleme und Risiken. Dabei gehen sie unter anderem darauf ein, wie es rechtlich zu bewerten ist, wenn der Arbeitnehmer im Ausland aufgrund technischen Ausfalls, ob selbstverschuldet oder nicht, seine Arbeit nicht verrichten kann und wer die damit einhergehenden Ausfälle ausgleichen muss. Die Autoren kommen zu dem Entschluss, dass das Betriebsrisiko, sofern es nicht vom Arbeitgeber auf den Arbeitnehmer übertragen wurde, beim Arbeitgeber liegt. Wurde das Betriebsrisiko auf den Arbeitnehmer übertragen, kann im Falle eines Arbeitsausfalls beispielsweise Überstundenabbau verlangt oder unbezahlter Urlaub vereinbart werden. 
(ib)Mobile Arbeit und ArbeitsschutzProf. Dr. Wolfhard Kohte, Halle, AuR 2023, 366-372
Im vorliegenden Beitrag befasst sich der Autor mit der Frage, ob das Arbeitsschutzgesetz bei mobiler Arbeit Anwendung findet. Dabei geht er besonders auf die Anwendung der Verordnung zur arbeitsmedizinischen Versorgung, die Betriebssicherheitsverordnung, die Arbeitsstättenverordnung und des Arbeitsschutzgesetzes ein. Weiter thematisiert er auch die Arbeitszeiten, die Rolle der Aufsichtsbehörden und ob der Betriebsrat ein Mitbestimmungsrecht besitzt.
(ib)Das Monument au Travail von Constantin Meunier – alias: Arbeit als Fundament der NationProf. Dr. Filip Dorssemont, Louvain, SR 2023, 199-212
Der Autor behandelt in diesem Beitrag die Geschichte Meuniers, die Entstehungsgeschichte des „Denkmals der Arbeit“ und dessen Bedeutung.
(ib)Aktuelle Entscheidungen zum Zugang von Willenserklärungen gegenüber AbwesendenRA Dr. Johann Ante, Dortmund, NZA-RR 2023, 505-509
In seinem Beitrag beschäftigt sich der Autor mit der Frage des Zeitpunktes des Zugangs von Willenserklärungen bei verschiedenen Übermittlungsarten. Der Verfasser geht hierbei insbesondere auf die Übermittlung per Telefax, E-Mail, SMS, Online-Portal, sowie Einwurf-Einschreiben und per persönlichen Einwurf bzw. auf die Übermittlung durch einen Boten ein.  
(jl)Die neuen Bürden der ArbeitszeiterfassungRAin/FAin Claudia Posluschny/ RAin/FAin Michaela Zenkert, München, BB 2023, 2356-2358
Hintergrund dieses Beitrags ist der Beschluss des BAG vom 13.9.2022 bezüglich der Arbeitszeiterfassung. Die Verfasserinnen stellen den daraufhin erarbeiteten Referentenentwurf des BMAS zur Neufassung des ArbZG vor und erläutern anschließend die erste instanzgerichtliche Entscheidung im Zusammenhang mit der Einsetzung einer Einigungsstelle, welche die Rechtsprechung des BAG aufgreift.
(jl)Corona-positiv, aber keine Symptome – Trotzdem zur Arbeit?RA Prof. Dr. Robert von Steinau-Steinrück/Paula Sophie Kurth, Berlin, NJW-Spezial 2023, 626-627
Die Autoren befassen sich in diesem Beitrag mit den durch die Aufhebung der gesetzlichen Isolationsregelung entstandenen Probleme. In diesem Zusammenhang beleuchtet der Beitrag insbesondere die Frage, ob der corona-positive Arbeitnehmer kraft Direktionsrecht angewiesen werden kann, seine Arbeit aus dem Homeoffice zu erbringen und ob, falls sich der corona-positive, aber symptomlose Arbeitnehmer krankmeldet, dieser einen Anspruch auf Entgeltfortzahlung hat. Im letzten Teil ihres Beitrags behandeln die Autoren schließlich die Reaktionsmöglichkeiten des Arbeitgebers, wenn dieser den Verdacht einer zu Unrecht ausgestellten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung hat. 
(jl)Corona – und was jetzt? Entgeltfortzahlung nach drei Jahren Pandemie-ArbeitsrechtRA Dr. Stefan Schmidt-Lauber/RA Dr. Sebastian Naber/Dr. Marvin Ruth, Hamburg, NZA 2023, 1220-1225
Dieser Beitrag beschäftigt sich mit durch die Corona Pandemie aufgekommene arbeitsrechtlichen Fragen und geht hierbei insbesondere auf § 3 EFZG, die Grenzen der Betriebsrisikolehre und das Verhältnis zwischen § 616 BGB und § 56 Ia IfSG ein. Dabei beschränkt sich der Beitrag nicht auf eine bloße Rückschau, sondern untersucht auch, welche Erkenntnisse sich für zukünftige Pandemien ziehen lassen. 
(jl)ArbeitnehmerüberlassungDie Ermittlung der Überlassungshöchstdauer bei mehreren Einsätzen bei demselben EntleiherProf. Dr. Wolfgang Hamann, Duisburg-Essen, NZA 2023, 1151-1157
Der Autor befasst sich im vorliegenden Beitrag damit, wann die Überlassungshöchstdauer eines Leiharbeiters überschritten wird und welche rechtlichen Konsequenzen damit einhergehen. Dazu beschreibt er zunächst, wann die Überlassungshöchstdauer von 18 Monaten überschritten wird. Außerdem erörtert er, wann ein Einsatz des Leiharbeiters bei demselben Entleiher vorliegt und wie die Überlassungszeiten berechnet werden. Abschließend fast der Autor die einzelnen Schritte zusammen, die bei einer Mehrfachüberlassung beachtet werden müssen.
(ib)Betriebliche AltersversorgungÜber den funktionswidrigen Einsatz von tarifdispositivem Gesetzesrecht am Beispiel der § 19, § 1a Abs. 1a BetrAVGVRiBAG a.D. Prof. Klaus Bepler, Halle-Wittenberg, SR 2023, 182-190
Der Autor befasst sich im vorliegenden Beitrag mit dem neuen Betriebsrentenstärkungsgesetz vom 17. August 2017, welcher in § 1a Abs. 1a im Falle einer Entgeltumwandung, die eine Einsparung von Sozialversicherungsbeiträgen auf Seiten des Arbeitgebers mit sich bringt, eine Verpflichtung des Arbeitgebers zur Zahlung eines Zuschusses zur betrieblichen Altersversorgung in Höhe von 15 % regelt. Gem. § 19 I BetrVG ist dieser Anspruch aus § 1a BetrVAG tarifdispositiv. Der Autor geht auf die Frage ein, wie Tarifverträge behandelt werden, die vor Inkrafttreten des Betriebsrentenstärkungsgesetzes geschlossen worden sind und keine oder von § 1 Abs. 1a BetrVAG abweichende Regelungen enthalten. Der Autor erörtert, dass § 19 I BetrVG nur auf Tarifverträge anwendbar ist, die nach Inkrafttreten des Betriebsrentenstärkungsgesetzes abgeschlossen wurden und auch nur diese nachteilig abweichende Regelungen für den Arbeitnehmer enthalten dürfen.
(ib)BetriebsverfassungsrechtMitbestimmungsrecht bei der Einrichtung einer internen Meldestelle nach dem HinSchGRA/FA Dr. Jörg Fecker / Philipp Schrodi, LL.B., Stuttgart, BB 2023, 2229-2233
Im vorliegenden Beitrag wird von den Autoren erörtert, ob und inwieweit dem Betriebsrat ein Mitbestimmungsrecht gem. § 87 BetrVG bei der Umsetzung des Hinweisgeberschutzgesetz bzgl. der Einrichtung einer internen Meldestelle im Unternehmen zukommt. Die Autoren stellen fest, dass sowohl ein Mitbestimmungsrecht gem. § 87 Nr. 1 als auch gem. § 87 Nr. 6 BetrVG bei der Umsetzung der internen Meldestelle Anwendung findet. Der Betriebsrat darf jedoch nicht darüber entscheiden, wen der Arbeitgeber mit der Besetzung der internen Meldestelle beauftragt.
(ib)Die Erzwingbarkeit einer Betriebsvereinbarung zur mobilen Arbeit durch die EinigungsstelleDirektor des ArbG Heilbronn Dr. Carsten Witt, Heilbronn, NZA 2023, 1157-1160
In diesem Beitrag befasst sich der Autor mit dem im Zuge des Betriebsrätemodernisierungsgesetzes eingefügten § 87 I Nr. 14 BetrVG und wie weit ein damit einhergehendes Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats in Sachen mobiler Arbeit reicht. Dabei geht er vor allem auf die Frage eines Mitbestimmungsrechts in den Bereichen Einführung und Beendigung, mobile Arbeitstage, Ort, technische Ausstattung und Aufwendungsersatz ein. Abschließend stellt der Autor fest, dass dem Betriebsrat in Sachen Einführung und Beendigung von mobiler Arbeit und der Entscheidung, wer Homeoffice machen darf, kein Mitbestimmungsrecht zukommt. In allen anderen Bereichen seien noch keine gerichtlichen Entscheidungen getroffen worden, sodass die Frage nach einem dortigen Mitbestimmungsrecht offenbleibt.
(ib)ComplianceCompliance bei der ArbeitszeiterfassungVanessa Dorothea Dohrmann, LL.M., Siegen, DB 2023, 2308-2312
Die Autorin befasst sich im vorliegenden Beitrag mit dem Entwurf zur Neuregelung der Arbeitszeiterfassung (ArbZG-RefE) und deren Umsetzung im Unternehmen. Nach § 16 II ArbZG muss vom Arbeitgeber die Arbeitszeit des Arbeitnehmers aufgezeichnet und zwei Jahre aufbewahrt werden, die über die Regelarbeitszeit von acht Stunden hinausgeht. Dies soll sich nach der ArbZG-RefE dahingehend ändern, dass der Arbeitgeber verpflichtet ist, sowohl Überstunden als auch Anfang und Ende der Arbeitszeiten zu erfassen. Dabei steht ihm die Form der Dokumentation frei. Die Autorin geht auf die Frage ein, ob der Arbeitgeber die Arbeitszeiterfassungspflicht auf den Arbeitnehmer, vor allem bei mobiler Arbeit oder im Homeoffice, delegieren kann. Sie stellt abschließend vor, wie eine Compliance-Richtlinie zur Arbeitszeiterfassung aussehen kann.
(ib)Kündigung/KündigungsschutzDie krankheitsbedingte als „behinderungsbedingte“ KündigungDr. Stephan Seiwerth, LL.M., Köln, NZA 2023, 1146-1151
Im vorliegenden Beitrag beschäftigt sich der Autor mit der Frage, wann eine Krankheit im Sinne des Kündigungsschutzes eine Behinderung darstellt und eine „krankheitsbedingte“ personenbedingte Kündigung gem. § 1 KSchG gerechtfertigt sein kann. Der Autor stellt klar, dass dabei auch das Diskriminierungsrecht beachtet werden muss. Abschließend fasst er zusammen, dass die Anforderungen des Kündigungsschutzgesetzes und die des Diskriminierungsrechts nicht weit auseinander liegen, sodass deren kumulative Anwendung keinen großen Unterschied macht jedoch trotzdem sinnvoll ist. Weiter stellt er fest, dass dort wo das Kündigungsschutzrecht keine Anwendung findet, wie beispielsweise in Kleinbetrieben, durch die Anwendung des Ultima-Ratio-Prinzips, der Negativprognose und einer Interessenabwägung der Arbeitnehmer vor willkürlichen Kündigungen geschützt werden kann.
(ib)Die Erklärung einer Kündigung durch eine GbR nach Inkrafttreten des MoPeGWiss. Mit. Dr. Marie-Katrin Schaich, Passau, NZA 2023, 1226-1228
Hintergrund des Beitrags ist das Gesetz zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts, welches die Möglichkeit zur Eintragung der Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) in ein neu geschaffenes Gesellschaftsregister vorsieht. Die Verfasserin untersucht die Wirksamkeit einer Kündigung durch eine eGBR und einer nicht in das Gesellschaftsregister eingetragene GbR. Diese Frage wird insbesondere anhand des § 174 BGB, beziehungsweise anhand § 174 BGB analog, beleuchtet. 
(jl)ProzessualesUnmittelbar – die Geltung von Richtlinien der Europäischen UnionDr. iur. utr. Frank Hennnecke, Ludwigshafen, ZESAR 2023, 375-378
Der Autor befasst sich im vorliegenden Artikel am Beispiel der EuGH-Rechtsprechung im Fall Hartberg-Fürstenfeld mit der Frage, ob EU-Richtlinien unmittelbar angewendet werden dürfen, wenn diese vom Mitgliedsstaat nicht rechtzeitig oder mangelhaft in nationales Recht umgesetzt werden.
(ib)SozialrechtSozialer Schutz bei Arbeit vom Homeoffice im BinnenmarktProf. Dr. Dr. h.c. Eberhard Eichenhofer, Berlin, ZESAR 2023, 355-363
Im Rahmen seines Beitrags befasst sich der Autor mit dem Thema Homeoffice während und nach der Corona-Pandemie. Dabei geht er darauf ein, welche Rechte bzgl. der Sozialleistungen Anwendung finden, wenn im Zuge des Homeoffice die Tätigkeit in einem anderen Mitgliedsstaat verrichtet wird und ob die Verwaltungskommission darüber entscheiden darf. Nach Ansicht der Verwaltungskommission soll, wenn der/die Arbeitnehmer*in weniger als 50 % im Homeoffice in einem anderen Mitgliedsstaat arbeitet, das Recht über die Sozialleistungen des Staates Anwendung findet, in dem der/die Arbeitnehmer*in beschäftigt ist. Weiterhin sollen Vereinbarungen zwischen den Mitgliedsstaaten getroffen werden. Abschließend betont der Autor, dass er dies als eine gute Lösung empfindet.
(ib)Im Familienkreis, inhaltlich harmonisiert, nicht allzu teuer: Die Pflege in Italien und ihre Perspektive nach dem Altersgesetz 33/2023Dr. Edoardo D’Alfonso Masarié, München, ZESAR 2023, 364-365
Der Autor befasst sich in diesem Beitrag mit dem in Italien neuen Altersgesetz 33/2023. Zu Beginn des Artikels macht er als Problem aus, dass die Bevölkerung Italiens immer älter wird, die Ausgaben im Gesundheitswesen und in der Pflege jedoch stagnieren. Weiter geht er auf die im Zuge des Altersgesetz 33/2023 gefassten Neuerungen bzgl. der häuslichen und familiären Pflege, staatlichen Leistungen und des zu zahlenden Pflegegeldes ein. 
(ib)Tarifrecht/TarifvertragsrechtSozialkassen als gemeinsame Einrichtungen der TarifvertragsparteienProf. Dr. Dr. hc. Eberhard Eichenhofer, Jena, SR 2023, 169-181
Im vorliegenden Beitrag behandelt der Autor die Wirkungs- und Anwendungsweise von Sozialkassen. Dabei erörtert er zunächst das Prinzip der Sozialkassen und deren Normierung im Tarifvertragsrecht. Weiter geht er auf die Frage ein, ob auch tarifungebundene Parteien zur Beitragszahlung an die Sozialkassen verpflichtet werden können, beziehungsweise von den Leistungen der Sozialkassen profitieren können. Er betrachtet dabei auch den Unterschied zwischen Sozialkassen und Sozialversicherungsträgern. Abschließend thematisiert er die Zukunft der Sozialkassen.
(ib)Die Re-Privatisierung des TarifvertragsrechtsDr. Felix Syrovatka, Berlin, SR 2023, 191-198
Der vorliegende Beitrag beschäftigt sich mit der geschichtlichen Entwicklung des Tarifvertragsrechts. Dabei stellt der Autor vor allem die sozialwissenschaftliche Sicht dar. Abschließend erörtert er die Risiken und Probleme des Paradigmenwechsels.
(ib) UrlaubsrechtFeiertagsvergütung – was gilt bei Zusammentreffen mit arbeitsfreiem Tag, Urlaub oder Arbeitsunfähigkeit?RAin/FAin Dr. Kerstin Reiserer/Rain Johanna Tormählen, Mannheim/Heidelberg, BB 2023, 2292-2296
Die Autorinnen befassen sich im vorliegenden Beitrag mit der Frage nach dem Vergütungsanspruch von Arbeitnehmern in den verschiedenen Konstellationen von Urlaub, Arbeitsunfähigkeit und Feiertagen. Dabei stellen sie grundsätzlich fest, dass der/die Arbeitnehmer*in die Feiertagsvergütung erhält, wenn er/sie nach ihrem Dienstplan oder festgelegten Arbeitszeiten grundsätzlich an dem Feiertag gearbeitet hätte. Fallen Urlaubstag und Feiertag zusammen, kommt es bei der Frage nach der Vergütungshöhe darauf an, ob der/die Arbeitnehmer*in grundsätzlich an Feiertagen arbeiten muss. Muss der/die Arbeitnehmer*in an Feiertagen arbeiten, steht ihm/ihr auch die Feiertagsvergütung zu. Dies gilt auch bei Arbeitsunfähigkeit an Feiertagen. Muss der/die Arbeitnehmer*in nicht an Feiertagen arbeiten, wird kein Urlaubstag abgezogen und der/die Arbeitnehmer*in hat einen Lohnanspruch nach § 2 I EFZG.
(ib)Urlaubsabgeltung und Verjährung - Zugleich Besprechung von BAG 31.1.2023 – 9 AZR 456/20, NZA 2023, 757Prof. Dr. Adam Sagan, MJur (Oxon)/Wiss. Mit. Christopher Schneider, Bayreuth/Düsseldorf NZA 2023, 1209-1215
Dieser Beitrag beschäftigt sich mit der Problematik der Verjährung von Urlaubsabgeltungsansprüchen, die – aufgrund unterlassener Mitwirkungsobliegenheit – gegenüber dem Arbeitgeber bestehen, wie der EuGH im Jahr 2018 entschieden hat. Das BAG entschied am 31.1.2023, dass in dem vorliegenden Fall, in welchem das Arbeitsverhältnis bereits vor der Entscheidung des EuGH endete, die Verjährung den Urlaubsabgeltungsansprüchen nicht entgegensteht. Diese Entscheidung wird in diesem Beitrag kritisch untersucht und die durch diese entstehenden Folgen werden vorgestellt. 
(jl)Urlaubsansprüche und die Regeln ihres Verfalls – Geltung auch für die Elternzeit?Wiss. Mit. Luca Petersen/Präsident des ArbG Dr. Esko Horn, Göttingen/Hamburg, NZA 2023, 1216-1219
Dieser Beitrag stellt zunächst die Grundätze der Rechtsprechung des BAG und des EuGH bezüglich des Verfalls und der Verjährung von Urlaubs- sowie Urlaubsabgeltungsansprüchen dar und untersucht sodann diese Ansprüche im Falle einer andauernden Arbeitsunfähigkeit infolge einer Langzeiterkrankung. Abschließend wird eine Übertragbarkeit auf den Urlaubsanspruch während und nach der Elternzeit diskutiert. 
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  D. Entscheidungsbesprechungen

Rückzahlung von Fortbildungskosten – Nichtbestehen einer PrüfungRA Colin Blumauer, Hamburg, NZA-RR 2023, 509-511
BAG, Urteil vom 25.4.2023 – 9 AZR 187/22 
(jl)Datenschutzrechtlicher Auskunftsanspruch und Überlassung von DatenkopienRA Dr. Martin Riemer, Brühl/Rheinland, NZA-RR 2023, 520-521
OLG Köln, Urteil vom 10.8.2023 – 15 U 184/22 
(jl)Streik zur Erreichung der AVE in einer gemeinsamen InitiativeAss. jur. Daniel Stach, Berlin, NZA-RR 2023, 543-545
LAG Nürnberg, Urteil vom 20.7.2023 – 3 SaGa 6/23 
(jl) Sachverhaltssubsumtion in einem Unterrichtungsschreiben Sache des ArbeitnehmersFA RA Prof. Dr. Michael Fuhlrott, FHM, Hamburg, NZA-RR 2023, 557
BAG, Urteil vom 29.6.2023 – 2 AZR 326/22 
(jl)Kündigung von ungeimpften Mitarbeitern zum Schutz von Patienten und nicht zur MaßregelungRAin Kathy Just, Frankfurt am Main, NZA-RR 2023, 558
BAG, Urteil vom 30.3.2023 – 2 AZR 309/22 
(jl) Freistellungsanspruch des Betriebsrats gem. § 40 I BetrVG – Rechnung an den ArbeitgeberRA FA Kerstin Belovitzer-Franz, Stuttgart, NZA-RR 2023, 559
BAG, Beschluss vom 8.3.2023 – 7 ABR 10/22 
(jl) Mitbestimmungsrecht bei sozialen Medien mit KommentarfunktionRA FA Pascal Verma/Wiss Mit. David K. Takacs, Hamburg, NZA-RR 2023, 560
BVerwG, Beschluss vom 4.5.2023 – 5 P 16.21 
(jl) Freistellungsanspruch von den Kosten des BetriebsratsanwaltsRA FA Thomas Niklas, Köln, BB 2023, 2364 
BAG, Beschluss vom 8.3.2023 – 7 ABR 10/22 
(jl) Geändertes Abschlusszeugnis verstößt gegen MaßregelungsverbotRA FA Prof. Dr. Tim Jesgarzweski, Bremen, BB 2023, 2368
BAG, Urteil vom 6.6.2023 – 9 AZR 272/22 
(jl)Informationen an Behörden über Massenentlassung vermitteln keinen IndividualschutzProf. Dr. Adam Sagan, MJur (Oxon), Bayreuth, EuZW 2023, 861-862
EuGH, Urteil vom 13.7.2023 – C-134/22 
(jl)Kapitalzahlung statt Rente: Welcher Rechnungszins gilt? - Besprechung von BAG Urt. v. 17.1.2023 – 3 AZR 501/21, NZA 2023, 764Prof. Dr. Klaus Neef/RAin Dr. Rhea-Christina Klagges, Hannover, NZA 2023, 1228-1230
BAG, Urteil vom 17.1.2023 – 3 AZR 501/21 
(jl)Anpassung von Vergtungs- und Versorgungssystemen bei Fortgeltung von Versorgungszusagen im Zuge eines BetriebsübergangsRA Dr. David Sundermann, Köln, BB 2023, 2304-2304
BAG, Urteil vom 9.5.2023 – 3 AZR 174/22
(ib)Keine Widerlegung der Diskriminierungsvermutung nach § 22 AGG durch im Rahmen der Vertragsfreiheit erfolgte VerhandlungenBAG, Urteil vom 16.2.2023 – 8 AZR 450/21
Prof. Dr. Ringard Zimmer, Berlin, AuR 2023, 381-383
(ib)Stufenklage auf Auskunft und Gleichbehandlung nach dem arbeitsrechtlichen GleichbehandlungsgrundsatzVors. Richterin LAG Berlin-Brandenburg a.D. Oda Hinrichs, Berlin, AuR 2023, 384
BAG, Urteil vom 12.10.2022 – 5 AZR 135/22
(ib)Tarifflucht eines ArbeitgebersWiss. Mit. Pascal Annerfelt/Prof. Dr. Andreas Engelmann, Frankfurt a.M., AuR 2023, 389
Hessisches LAG, Urteil vom 19.9.2022 – 7 Sa 1116/18
(ib)Streikverbot im einstweiligen VerfügungsverfahrenAss. iur. Uwe Zabel, Frankfurt a.M., AuR 2023, 393
ArbG Koblenz, Urteil vom 17.8.2023 – 11 Ga 24/23
(ib)Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub/Altersteilzeitregelung/Nicht genommene Jahresurlaubstage/ArbeitsunfähigkeitDr. Alberto Povedano/Wiss. Mit. Matthias Sendner, Köln, ZESAR 2023, 383- 388
EuGH, Urteil vom 27.4.2023 - Rs. C-192/22
(ib)Altersdiskriminierung/Beamtenbesoldung/VergleichsstichtagsAssoz. Prof. Dr. Andreas Mair, Innsbruck, ZESAR 2023, 389
EuGH, Urteil vom 20.4.2023 – Rs. C-650/21
(ib)Entsendung von Arbeitnehmern/Verhältnismäßigkeit/Vorrang des UnionsrechtsDr. Frank Hennecke, Ludwigshafen, ZESAR 2023, 400
EuGH, Urteil vom 8.3.2022 – Rs. C-205/20
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