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Mai 2024

Inhalt

 

A. Gesetzgebung

B. Rechtsprechung

 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 

C. Literatur

 

Allgemein

 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 

D. Entscheidungsbesprechungen


 
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A. Gesetzgebung

Krebsgefahr am Arbeitsplatz: Deutschland hat EU-Richtlinie nicht fristgerecht umgesetzt
Pressemitteilung der EU-Kommission vom 24.5.2024
Deutschland und elf weitere EU-Mitgliedstaaten haben die Richtlinie zum Schutz vom Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern vor Gefährdung durch Karzinogene, Mutagene oder reproduktionstoxische Stoffe bei der Arbeit noch nicht in nationales Recht umgesetzt und der Kommission noch nicht die entsprechenden Maßnahmen mitgeteilt. Die Frist lief am 5. April 2024 ab. Deshalb hat die EU-Kommission gegen diese Mitgliedstaaten Vertragsverletzungsverfahren eröffnet und ihnen ein Aufforderungsschreiben geschickt.

Weitere Informationen und Verfahrensschritte sind auf der Seite der Pressemitteilung der EU-Kommission abrufbar.
(gk)Kabinett beschließt Rentenpaket II
Pressemitteilung des BMAS vom 29.5.2024
Das Bundeskabinett hat am 29.5.2024 das Rentenniveaustabilisierungs- und Generationenkapitalgesetz beschlossen. Mit dem sogenannten Rentenpaket II werden zwei zentrale Vorhaben des Koalitionsvertrages umgesetzt: die dauerhafte Sicherung der Haltelinie für das Rentenniveau bei 48 Prozent sowie der Einstieg in eine teilweise Kapitaldeckung für die gesetzliche Rentenversicherung durch den Aufbau des Generationenkapitals.

Weitere Einzelheiten zu dem Rentenpaket II sind auf der Seite der Pressemitteilung des BMAS abrufbar.
(gk)Beratungsgegenstände des Bundestages

165. Sitzung, 24.4.2024: Keine relevanten Beratungsgegenstände.

166. Sitzung, 25.4.2024: 

  • Beratung des Antrags Abgeordneter und der Gruppe Die Linke „Für das Recht auf politischen Streik“ (BT-Drs. 20/10746) sowie Überweisung an Ausschüsse
  • Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Arbeit und Soziales (11. Ausschuss) zu dem Antrag Abgeordneter und der Gruppe BSW „Armut trotz Arbeit verhindern – Gesetzlichen Mindestlohn auf 14 Euro erhöhen“ (BT-Drs. 20/10366, 20/11094). Annahme der Beschlussempfehlung auf Drs. 20/11094. Das bedeutet: Ablehnung des Antrags auf Drs. 20/10366

167. Sitzung, 26.4.2024: Keine relevanten Beratungsgegenstände.

168. Sitzung, 15.5.2024: Keine relevanten Beratungsgegenstände.

169. Sitzung, 16.5.2024: 

  • Beratung des Antrags Abgeordneter und der Gruppe Die Linke „Demokratie stärken – Betriebsräte vor mitbestimmungsfeindlichen Arbeitgebern schützen“ (BT-Drs. 20/11151) sowie Überweisung an Ausschuss
  • Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Arbeit und Soziales (11. Ausschuss) zu dem Antrag Abgeordneter und der Gruppe Die Linke „Gesetzliche Rente stärken – Beitragseinnahmen der gesetzlichen Rentenversicherung jetzt erhöhen, statt auf Aktienrente zu setzen“ (BT-Drs. 20/10477, 20/11260). Annahme der Beschlussempfehlung auf Drs. 20/11260. Das bedeutet: Ablehnung des Antrags auf Drs. 20/10477
  • Beratung des Antrags der Fraktion der CDU/CSU „Reintegration in das Erwerbsleben verbessern – Durch Lotsen positive Effekte für den Arbeitsmarkt und die Sozialversicherung nutzen“ (BT-Drs. 20/9738) sowie Überweisung an Ausschüsse

170. Sitzung, 17.5.2024: 

  • Beratung des Antrags Abgeordneter und der Gruppe Die Linke „Ausbildungsqualität verbessern – Berufsbildungsgesetz umfassend novellieren“ (BT-Drs. 20/10801) sowie Überweisung an Ausschüsse
  • Beratung des Antrags Abgeordneter und der Fraktion der AfD „Aufschwung für Deutschland – Starke Wirtschaft und soziale Verantwortung“ (BT-Drs. 20/11378) sowie Überweisung an Ausschüsse

(gk)Beratungsgegenstände des Bundesrates

1044.Sitzung, 17.5.2024:

  • Stellungnahme zu dem Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Befristungsrechts für die Wissenschaft (BR-Drs. 156/24)

(gk)Veröffentlichungen im Bundesgesetzblatt

Keine relevanten Veröffentlichungen.
(gk)Veröffentlichungen im Amtsblatt der EU (Teil L)

  • Verordnung (EU) 2024/1258 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. April 2024 zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 561/2006 hinsichtlich der Mindestanforderungen an Mindestfahrtunterbrechungen sowie die täglichen und wöchentlichen Mindestruhezeiten im Sektor des Personengelegenheitsverkehrs und hinsichtlich der Befugnis der Mitgliedstaaten, Sanktionen für in einem anderen Mitgliedstaat oder einem Drittstaat begangene Verstöße gegen die Verordnung (EU) Nr. 165/2014 zu verhängen
  • Beschluss (EU) 2024/1298 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. April 2024 über die Inanspruchnahme des Europäischen Fonds für die Anpassung an die Globalisierung zugunsten entlassener Arbeitnehmer — Antrag Deutschlands (EGF/2023/003 DE/Vallourec)
  • Beschluss (EU) 2024/1299 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. April 2024 über die Inanspruchnahme des Europäischen Fonds für die Anpassung an die Globalisierung zugunsten entlassener Arbeitnehmer — Antrag Dänemarks (EGF/2023/004 DK/Danish Crown)
  • Beschluss (EU) 2024/1300 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. April 2024 über die Inanspruchnahme des Europäischen Fonds für die Anpassung an die Globalisierung zugunsten entlassener Arbeitnehmer (EGF/2024/000 TA 2024 — technische Hilfe auf Initiative der Kommission)
  • Berichtigung der Richtlinie (EU) 2023/2668 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. November 2023 zur zur Änderung der Richtlinie 2009/148/EG über den Schutz der Arbeitnehmer gegen Gefährdung durch Asbest am Arbeitsplatz (ABl. L, 2023/2668, 30.11.2023)
  • Richtlinie (EU) 2024/1500 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Mai 2024 über Standards für Gleichbehandlungsstellen im Bereich der Gleichbehandlung und Chancengleichheit von Frauen und Männern in Arbeits- und Beschäftigungsfragen und zur Änderung der Richtlinien 2006/54/EG und 2010/41/EU
  • Richtlinie (EU) 2024/1499 des Rates vom 7. Mai 2024 über Standards für Gleichbehandlungsstellen im Bereich der Gleichbehandlung von Personen ungeachtet ihrer Rasse oder ethnischen Herkunft, der Gleichbehandlung von Personen in Beschäftigung und Beruf ungeachtet ihrer Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung und ihrer sexuellen Ausrichtung sowie von Frauen und Männern im Bereich der sozialen Sicherheit und im Bereich des Zugangs zu und der Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen und zur Änderung der Richtlinien 2000/43/EG und 2004/113/EG
(gk)

  • B. Rechtsprechung

AllgemeinBergleute erhalten keinen Arbeitgeberzuschuss zum Austausch der KohleöfenLAG Düsseldorf, Urt. v. 17.5.2024 - 12 Sa 1016/23, Pressemitteilung v. 17.5.2024
Nach dem Ende des Steinkohlenbergbaus klagen mehr als 100 ehemalige Bergleute gegen ihren ehemaligen AG auf einen Zuschuss zur Umrüstung ihrer Kohleöfen. Eine Klage war vor dem LAG Düsseldorf ebenso wie vor dem ArbG Essen erfolglos. Ein auf die allgemeine Fürsorgepflicht gestützter Anspruch scheide schon deshalb aus, weil durch eine tarifvertragliche Vereinbarung in 2015 eine Konkretisierung der Fürsorgepflicht erfolge und damit eine abschließende Regelung getroffen worden sei. Im Übrigen könnten die Bergleute angesichts des langjährigen politischen Prozesses zum Steinkohlenausstieg nicht darauf vertrauen, dass die Belieferung auch nach dem Ende des deutschen Steinkohlenbergbaus fortgesetzt werden würde. Für die zwischenzeitlich eingetretenen Veränderungen auf dem Heizungsmarkt müsse die Beklagte nicht einstehen.
(ma)ArbeitsvertragsrechtAnspruch auf gesetzlichen Mindestlohn bei Tätigkeiten im Yoga-AshramLAG Hamm, Urt. v. 14.5.2024 - 6 Sa 1128/2, 6 Sa 1129/23, 6 Sa 1112/23, Pressemitteilung v. 14.5.2024
Das LAG Hamm hat entschieden, dass die Klage von drei Parteien auf Zahlung des gesetzlichen Mindestlohns Erfolg hat. Die Parteien waren sog. Sevakas, die für einige Zeit in einem Ashram des Beklagten lebten und Dienste verrichteten. Gegenstand der Sevadienste sind beispielsweise Tätigkeiten in Küche, Haushalt, Garten, Gebäudeunterhaltung, Werbung, Buchhaltung und die Durchführung von Yoga-Unterricht sowie die Leitung von Seminaren. Nach Ansicht des LAG handele sich bei den jeweiligen Rechtsbeziehungen um Arbeitsverhältnisse. Der Beklagte sei in den streitgegenständlichen Zeiträumen weder Religions- noch Weltanschauungsgemeinschaft gewesen. Auch die Vereinsautonomie stehe den Ansprüchen nicht entgegen. Bei dem Umfang der Zahlungsansprüche seien die tatsächlich geleisteten Arbeitsstunden sowie weitere Zeiten zu berücksichtigen, für die ein Zahlungsanspruch in Höhe des Mindestlohns bestehe.
(ma)BetriebsverfassungsrechtKeine Anpassung nach oben im Rahmen einer Betriebsvereinbarung betreffend die Verteilung staatlicher MittelBAG, Urt. v. 30.1.2024 - 1 AZR 74/23, Leitsatz
Der Verstoß einer Betriebsvereinbarung gegen den betriebsverfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz begründet keinen Anspruch eines – aus dem Kreis der Begünstigten ausgeschlossenen – AN auf eine „Anpassung nach oben“, wenn Regelungsgegenstand der bereits vollständig durchgeführten Betriebsvereinbarung ausschließlich die Verteilung staatlicher Mittel (hier: einer Corona-Prämie) auf die Beschäftigten ist.
(ma)Wirksame Errichtung der betrieblichen Einigungsstelle erst mit formeller Wirksamkeit des arbeitsgerichtlichen BeschlussesLAG Köln, Beschluss v. 16.5.2024 - 9 TaBV 24/24, Pressemitteilung v. 17.5.2024
Eine im Verfahren nach § 100 ArbGG gerichtlich eingesetzte betriebliche Einigungsstelle ist erst mit der formellen Wirksamkeit des arbeitsgerichtlichen Beschlusses wirksam errichtet. Wird sie gleichwohl vorher tätig, kann der Spruch der Einigungsstelle die fehlende Einigung zwischen Betriebsrat und AG nicht durch einen Spruch ersetzen.
(ma)§ 40 BetrVG im Rahmen eines einstweiligen Verfügungsverfahrens für einen noch zu beauftragenden RechtsanwaltArbG Stuttgart, Beschluss v. 8.5.2024 - 30 BVGa 8/24, Leitsatz
Die Durchsetzung der Übernahme von Rechtsanwaltskosten nach § 40 BetrVG durch ein Betriebsratsmitglied gegenüber dem AG im Rahmen eines einstweiligen Verfügungsverfahrens für einen (noch zu beauftragenden) Rechtsanwalt in einem anderweitigen Beschlussverfahren ist nur in Ausnahmekonstellationen denkbar. Ein Verfügungsgrund im Bereich der Kostenerstattung nach § 40 BetrVG setzt eine wesentliche Erschwerung der Betriebsratstätigkeit voraus, woran es regelmäßig fehlt, wenn die Frage der Kostenerstattung von Rechtsanwaltskosten erst im Hauptsacheverfahren geklärt wird und nicht vorab.
(ma)EuroparechtGrenzgänger müssen die gleichen sozialen Vergünstigungen erhalten wie gebietsansässige ANEuGH, Urt. v. 16.5.2024 - Rs. C-27/23, Pressemitteilung v. 16.5.2024
Die Regelung eines Mitgliedstaats, nach der gebietsfremde AN im Unterschied zu gebietsansässigen keine soziale Vergünstigung für in ihrem Haushalt untergebrachte Pflegekinder erhalten können, ist mit dem Unionsrecht nicht vereinbar. Nach dem EuGH liege hierin eine ungerechtfertigte indirekte Diskriminierung aufgrund der Staatsangehörigkeit. Grenzgänger würden im Hinblick darauf, dass sie Steuern und Sozialabgaben im Aufnahmemitgliedstaat aufgrund der dort von ihnen ausgeübten unselbständigen Erwerbstätigkeit entrichten, zur Finanzierung der sozialpolitischen Maßnahmen dieses Staats beitragen. Deshalb müssten ihnen die Familienleistungen sowie die sozialen und steuerlichen Vergünstigungen unter den gleichen Bedingungen zugutekommen können wie inländischen AN.
(ma)Bedeutung der Begriffe „Elternurlaub“, „Vaterschaftsurlaub“ und „Mutterschaftsurlaub“ im UnionsrechtEuGH, Urt. v. 16.5.2024 - Rs. C-673/22
Elternurlaub ist gem. Art. 5 i.V.m. Art. 3 Abs. 1 Buchst. b der RL 2019/1158 eine viermonatige Arbeitsfreistellung von Eltern anlässlich der Geburt oder Adoption eines Kindes zur Betreuung, bevor das Kind ein bestimmtes Alter, das maximal acht Jahre beträgt, erreicht. 
Vaterschaftsurlaub bezeichnet gem. Art. 4 i.V.m. Art. 3 Abs. 1 Buchst. a der RL 2019/1158 die Arbeitsfreistellung für zehn Arbeitstage für Väter oder – soweit nach nationalem Recht anerkannt – gleichgestellte zweite Elternteile, die anlässlich der Geburt eines Kindes zum Zweck der Betreuung und Pflege genommen werden muss. 
Mutterschaftsurlaub ist gem. Art. 8 der RL 92/85, ein Urlaub für schwangere AN und Wöchnerinnen von mindestens 14 Wochen ohne Unterbrechung, die sich auf die Zeit vor und/oder nach der Entbindung aufteilen.
Der Gerichtshof hat außerdem klargestellt, dass der Elternurlaub und der Mutterschaftsurlaub unterschiedliche Ziele verfolgen. Während der Elternurlaub den Eltern gewährt wird, damit sie sich bis zum Erreichen eines bestimmten Alters um ihr Kind kümmern können, soll der Mutterschaftsurlaub den Schutz der körperlichen Verfassung der Frau und den Schutz der besonderen Beziehung zwischen der Mutter und ihrem Kind während der Zeit gewährleisten, die sich an die Schwangerschaft und Entbindung anschließt, damit diese Beziehung nicht durch die Doppelbelastung aufgrund der gleichzeitigen Ausübung eines Berufs gestört wird.
(ma)Vorabentscheidungsersuchen: Rechtsfolgen von Fehlern im AnzeigeverfahrenBAG, Beschluss v. 23.5.2024 - 6 AZR 152/22 (A), Pressemitteilung v. 23.5.2024
Der Sechste Senat des BAG hat nach § 45 Abs. 3 S. 1 ArbGG bei dem Zweiten Senat des BAG angefragt, ob dieser an seiner Rechtsauffassung festhält, dass eine im Rahmen einer Massenentlassung erklärte Kündigung nichtig ist, wenn im Zeitpunkt ihres Zugangs keine oder eine fehlerhafte Anzeige nach § 17 Abs. 1 und Abs. 3 KSchG vorliegt.
Der Zweite Senat hat das Anfrageverfahren ausgesetzt und den EuGH um die Beantwortung von erforderlichen Fragen zur Auslegung der den §§ 17 ff. KSchG zugrundeliegenden Richtlinie 98/59/EG des Rates vom 20. Juli 1998 zur Angleichung von Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über Massenentlassungen ersucht.
In Ergänzung dieser Vorlage hat der Sechste Senat den EuGH um die Auslegung des Unionsrechts u.a. dazu ersucht, ob der Zweck der Massenentlassungsanzeige erfüllt ist, wenn die Agentur für Arbeit eine fehlerhafte Massenentlassungsanzeige nicht beanstandet und sich damit als ausreichend informiert betrachtet.
(ma)Kündigung/KündigungsschutzAG darf Rot als Farbe der Arbeitsschutzhose vorschreibenLAG Düsseldorf, Urt. v. 21.5.2024 - 3 SLa224/24, Pressemitteilung v. 21.5.2024
Die Kündigungsschutzklage eines Beschäftigten in einem Industriebtrieb blieb vor dem LAG Düsseldorf ohne Erfolg. Die AG war aufgrund ihres Weisungsrechts berechtigt, Rot als Farbe für die Arbeitsschutzhosen vorzuschreiben. Da das Allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers nur in der Sozialsphäre betroffen war, genügten sachliche Gründe. Diese waren vorhanden. Ein maßgeblicher berechtigter Aspekt war die Arbeitssicherheit. Die AG durfte Rot als Signalfarbe wählen, weil der Kläger auch in Produktionsbereichen arbeitete, in denen Gabelstapler fuhren. Aber auch im Übrigen Produktionsbereich erhöhte die Farbe Rot die Sichtbarkeit der Beschäftigten. Weiterer sachlicher Grund auf Arbeitgeberseite war die Wahrung der Corporate Identity in den Werkshallen. Überwiegende Gründe vermochte der Kläger, welcher die rote Arbeitshose zuvor langjährig getragen hatte, weder schriftsätzlich noch im Termin vorzubringen. Sein aktuelles ästhetisches Empfinden betreffend die Hosenfarbe genügte nicht. Die Interessenabwägung fiel zu Lasten des Klägers aus. Nach zwei Abmahnungen und der beharrlichen Weigerung, der Weisung der Beklagten nachzukommen, überwog trotz der langen beanstandungsfreien Beschäftigungsdauer das Beendigungsinteresse der Beklagten. 
(ma)Keine Ersetzung der Zustimmung zu einer beabsichtigten außerordentlichen Verdachtskündigung eines BetriebsratsvorsitzendenLAG Hamm, Beschluss v. 10.5.2024 - 12 TaBV 115/23, Pressemitteilung v. 10.5.2024
Das LAG Hamm hat eine Zustimmung des Betriebsrats zum Ausspruch einer außerordentlichen fristlosen Verdachtskündigung des Betriebsratsvorsitzenden nicht ersetzt. Die AG beabsichtigte, dem für Betriebsratsarbeit freigestellten Vorsitzenden des für ihren Betrieb zuständigen Betriebsrats eine außerordentliche Verdachtskündigung auszusprechen. Sie berief sich u.a. auf den dringenden Verdacht der unzutreffenden Dokumentation der "Arbeitszeit“ und einen dadurch bei ihr aufgrund der Auszahlung von Vergütung für "Mehrarbeitsstunden“ entstandenen Vermögensschaden. Der Betriebsrat erteilte die Zustimmung zum Ausspruch der beabsichtigten außerordentlichen fristlosen Verdachtskündigung nicht. Auch das LAG Hamm hat den Antrag der AG abgewiesen. Es bestünden zwar Verdachtsmomente, jedoch liege kein für den Ausspruch einer beabsichtigten Verdachtskündigung erforderlicher dringender Verdacht der Pflichtverletzung vor. Es seien auch andere Geschehensabläufe denkbar, die den Ausspruch einer außerordentlichen Kündigung nicht rechtfertigen würden. Daher fehle es an einem wichtigen Grund zur Rechtfertigung der beabsichtigten außerordentlichen Kündigung.
(ma)Wirksame Kündigung während der Probezeit wegen Hochladens eines Videos über die Berichterstattung seines AGArbG Berlin, Urt. v. 22.5.2024 - 37 Ca 12701/23, Pressemitteilung v. 23.5.2024
Das ArbG Berlin hat die Probezeitkündigung eines Auszubildenden bei dem Springer-Konzern für wirksam erachtet, der ein Video mit dem Titel „Wie entsteht eine Lüge“ über die Berichterstattung seines AG zum Angriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 bei YouTube eingestellt hat. Das ArbG hat die erste Kündigung aufgrund einer fehlerhaften Betriebsratsanhörung für unwirksam erachtet, die zweite Kündigung jedoch für wirksam. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass das Ausbildungsverhältnis während der Probezeit jederzeit und ohne Verpflichtung zur Angabe eines Grundes gekündigt werden könne. Die Kündigung stelle auch keine Maßregelung dar, sondern eine berechtigte Wahrnehmung der unternehmerischen Interessen. Die grundgesetzlich geschützte Meinungsfreiheit rechtfertige das bei YouTube eingestellte Video nicht.
(ma)Mutterschutz und ErziehungsurlaubKein Verstoß der Regelungen betreffend die Stufenlaufzeit während der Inanspruchnahme von Elternzeit gegen höherrangiges RechtBAG, Urt. v. 22.2.2024 - 6 AZR 126/23, Leitsatz
Die Hemmung der Stufenlaufzeit durch § 17 Abs. 3 S. 2 TVöD-AT während der Inanspruchnahme von Elternzeit verstößt nicht gegen höherrangiges Recht. Auch der Stufenrückfall und der Verlust der in der alten Entgeltgruppe und -stufe zurückgelegten Stufenlaufzeit in der neuen Entgeltgruppe aufgrund einer Höhergruppierung sind lediglich die Folge dieser Hemmung und daher mit höherrangigem Recht vereinbar.
(ma)ProzessualesKein Ablehnungsgesuch nach UrteilsverkündungBAG, Beschluss v. 25.4.2024 - 8 AZN 833/23, Leitsatz
Nach der Verkündung des Urteils kann ein am Urteil beteiligter Richter nur bezogen auf noch zu treffende weitere Entscheidungen abgelehnt werden. Ein auf die Verhinderung der Absetzung des bereits verkündeten Urteils zielendes Ablehnungsgesuch ist im arbeitsgerichtlichen Verfahren grundsätzlich unzulässig.
(ma)Kontrollpflichten eines Rechtsanwalts bei Fristsachen - Änderung der Rechtsprechung?BAG, Beschluss v. 23.5.2024 - 6 AZR 155/23 (A), Pressemitteilung v. 23.5.2023
Der Sechste Senat des BAG beabsichtigt, sich der Rechtsprechung des BGH zur Sorgfaltspflicht des Rechtsanwalts in Fristsachen anzuschließen, wonach ein Rechtsanwalt den Ablauf von Rechtsmittelbegründungsfristen immer dann eigenverantwortlich zu prüfen hat, wenn ihm die Akten im Zusammenhang mit einer fristgebundenen Verfahrenshandlung, insbesondere zu deren Bearbeitung, vorgelegt werden. Dabei muss der Rechtsanwalt auch alle weiteren unerledigten Fristen einschließlich ihrer Notierung in den Handakten prüfen, wobei er sich hierbei grundsätzlich auf die Prüfung der Vermerke in der Handakte beschränken darf, sofern sich keine Zweifel an deren Richtigkeit aufdrängen.
Hierin liegt eine entscheidungserhebliche Abweichung zur Rechtsprechung des Ersten, Dritten, Achten und Neunten Senats des BAG, wonach ein Rechtsanwalt bei Vorlage der Handakten zur Anfertigung der Rechtsmittelschrift neben der Rechtsmittelfrist auch die ordnungsgemäße Notierung der Rechtsmittelbegründungsfrist im Fristenkalender zu kontrollieren hat.
Der Sechste Senat hat deshalb in dem Verfahren nach § 45 Abs. 3 S. 1 ArbGG angefragt, ob der Erste, Dritte, Achte und Neunte Senat an ihrer Rechtsauffassung festhalten, und den Rechtsstreit bis zur Beantwortung der Divergenzanfrage entsprechend § 148 ZPO ausgesetzt.
(ma)

  •  C. Literatur

AllgemeinCannabis am Arbeitsplatz – Folgen des Cannabisgesetzes für die arbeitsrechtliche PraxisRA Dr. Stefan Müller, Leipzig, NZA 2024, 577-584
Mit dem am 1.4.2024 in Kraft getretenen Cannabisgesetz sind Konsum und Besitz von Cannabis unter bestimmten Voraussetzungen erlaubt worden. Arbeitnehmer sind dem Arbeitgeber gegenüber jedoch nach § 241 Abs. 2 BGB verpflichtet, die Grenzen und Verbote des Gesetzes wie § 2 und § 5 KCanG auf dem Weg zur Arbeit und während ihres Aufenthalts auf dem Betriebsgelände einzuhalten. Verstöße können zu einem Beschäftigungsverbot sowie im Einzelfall auch zu einer verhaltens- oder personenbedingten Kündigung führen. 
(ck) Die Bedeutung der Vertragsbezeichnung bei der Prüfung der ArbeitnehmereigenschaftDr. Alexander Stöhr, Wiesbaden, NZA 2024, 590-593
Nach der Rechtsprechung des BAG ist eine Arbeitnehmereigenschaft zu bejahen, wenn die Parteien das Verhältnis als „Arbeitsvertrag“ bezeichnet haben und somit ein Arbeitsverhältnis vereinbart haben, ohne dass es auf die tatsächliche Durchführung ankomme. Demgegenüber kann die Bezeichnung nach Ansicht des Verfassers bei Auslegung nach dem objektiven Empfängerhorizont nur eine Indizwirkung haben, insbesondere bei juristischen Laien. Maßgeblich muss eine Gesamtbetrachtung aller Umstände sein, wie bestimmte für einen Arbeitsvertrag typische vertragliche Regelungen und Umstände außerhalb der Erklärung. 
(ck) Homeoffice – Eine Betrachtung rechtlicher RandfelderPatrick Aligbe, LL.M., Ravensburg, NZA 2024, 593-599
Die bei mobilen Arbeitsformen geltenden rechtlichen Besonderheiten hinsichtlich des Arbeitsschutzes führen nach Ansicht des Verfassers nicht zu einem geringeren Schutz. Beispielsweise kann auch im Homeoffice ein Arbeitsunfall im Sinne von § 8 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII vorliegen. Zudem bestehen auch die allgemeinen arbeitsschutzrechtlichen Verpflichtungen des Arbeitgebers beispielsweise aus dem ArbZG oder dem MuSchG weiter. Bei mobilem Arbeiten im Ausland können je nach Dauer auch sozialversicherungsrechtliche Besonderheiten zu beachten sein. 
(ck) KI und Arbeitsrecht - Individual- und kollektivarbeitsrechtliche Aspekte und Lösungen zum KI-EinsatzRA/FA Dr. Andreas Kössel, München, DB 2024, 1069-1073
Wie können Arbeitgeber in der Praxis eine rechtssichere Umsetzung bei der Einführung und Anwendung von KI sicherstellen? Hierzu sind verschiedene individualarbeitsrechtliche Fragestellungen zu beachten wie die Erbringung der Arbeitsleistung mittels KI sowie dem Umfang des Weisungsrechts nach § 106 GewO bei der Nutzung von KI. Zudem nimmt das Betriebsverfassungsgesetz an drei Stellen ausdrücklich Bezug auf KI, sodass sich der Arbeitgeber auch mit den Rechten des Betriebsrats bei Einsatz von KI auseinandersetzen muss. 
(ck) 
Rechtsfolgen bei fehlerhafter bzw. unterlassener Massenentlassungsanzeige - Eine Vertiefung insbesondere zum Unionsrecht und zur nationalen ZivilrechtsdogmatikRA/FA Dr. Christian Hilbrandt, Hamburg, DB 2024, 1139-1142
Vor dem Hintergrund der beabsichtigen Rechtsprechungsänderung zweier BAG-Senate zu den Rechtsfolgen bei Fehlern der Massenentlassungsanzeige nach § 17 Abs. 1 KSchG sowie zu den hierzu dem EuGH vorgelegten Fragen diskutiert der Verfasser unionsgrundrechtliche Rechtsfragen zu Art. 16 und 30 GRCh sowie aus nationaler Sicht Wesensmerkmale von Ordnungsvorschriften und die Rechtsfolgen des § 134 BGB.
(ck)  Dauerbrenner Stellenausschreibung: „Junges dynamisches Team“ als Altersdiskriminierung? - Bestandsaufnahme und Entwicklung der RechtsprechungWiss. Mit. Jana Hagenmüller / Wiss. Mit. Georg Kuhs, Trier, DB 2024, 1206-1208
Anlass des Beitrags ist die Ende 2023 ergangene Entscheidung des LAG Mecklenburg-Vorpommern, die sich mit der Frage einer Diskriminierung durch die Formulierung „junges, dynamisches Team“ in einer Stellenausschreibung auseinandersetzt und hierbei in zentralen Punkten von der Ansicht des BAG abweicht. Nach Analyse der hierzu ergangenen Entscheidungen des BAG sowie der Urteilsbegründung des LAG kommen die Verfasser zu dem Ergebnis, dass es – trotz der Entscheidung des LAG Mecklenburg-Vorpommern – für Arbeitgeber ratsam sein dürfte, auf solche Formulierungen zu verzichten. (ck) Neues zum Annahmeverzug des ArbeitgebersRA Prof. Dr. Robert von Steinau-Steinrück / Hanna Eger, Berlin, NJW-Spezial 2024, 242-243
Bei einem Annahmeverzugslohnanspruch gegen den Arbeitgeber muss sich der Arbeitnehmer nach § 615 S.2 BGB sowie § 11 Nr. 1, 2 KSchG anderweitigen sowie böswillig unterlassenen Erwerb anrechnen lassen. Die Darlegungs- und Beweislast liegt insoweit grundsätzlich beim Arbeitgeber. Hierzu erkennt das BAG ihm jedoch in einer Rechtsprechungsänderung aus 2020 einen Auskunftsanspruch nach § 242 BGB aus arbeitsvertraglicher Nebenpflicht an. 
(ck) Anderweitiger Erwerb bei Annahmeverzugslohn: Auskunft und böswilliges Unterlassen - Die neue Rspr. zu Fragen der Anrechnungsmöglichkeiten bei Annahmeverzugsvergütung gem. § 615 Satz 2 BGB und § 11 Nr. 2 KSchGRA/FA Thomas Hey / RAin/FAin Dr. Karina Bischoff, Düsseldorf, DB 2024, 1274-1277
In der neueren Rechtsprechung des BAG sowie des LAG Berlin-Brandenburg werden Leitlinien zu den Fragen um die Anrechnungsmöglichkeiten in § 615 Satz 2 BGB und § 11 Nr. 2 KSchG entwickelt. Danach müssen sich Arbeitnehmer in Branchen, in denen ein Fach- und Arbeitskräftemangel herrscht, aktiv und engagiert um neue Beschäftigung kümmern und dies auch beweisen können, um einer Anrechnung auf den Annahmeverzugslohn zu entgehen. Der Arbeitgeber sollte daher laut den Autoren des Beitrags den Arbeitsmarkt mitverfolgen und geeignete Stellenangebote zu Beweiszwecken sammeln. 
(ck) Die Errichtung ausländischer Rentnergesellschaften nach dem reformierten UmwandlungsgesetzRef. Dr. Philipp Treß, Berlin, NZA 2024, 518-523
Welche Gläubigerschutzvorschriften sind nach der Änderung des Umwandlungsgesetzes bei der grenzüberschreitenden Errichtung von Rentnergesellschaften zu beachten? Der Gläubigerschutz besteht insbesondere in einem Anspruch auf Stellung von Sicherheiten aus § 22 UmwG für innerstaatliche Umwandlungen bzw. § 314 UmwG für grenzüberschreitende Verschmelzungen. Zudem können die an einer Spaltung beteiligten Rechtsträger ihre Haftung nicht nur zeitlich, sondern nun auch in der Höhe des Nettoaktivvermögens nach § 133 UmwG beschränken. Zudem wurde als neues Rechtsinstitut eine Missbrauchskontrolle durch das Registergericht eingeführt. (ck) ArbeitnehmerüberlassungBranchenspezifische Verbote des Fremdpersonaleinsatzes – Leiharbeit auf Abschiedstournee?Prof. Dr. Gregor Thüsing, LL.M. (Harvard) und Wiss. Mit. Simon Mantsch, Bonn, NZA 2024, 584-589 
Aus Anlass einer gesetzlich vorgesehenen Evaluation des Gesetzes zur Sicherung von Arbeitnehmerrechten in der Fleischwirtschaft (GSA Fleisch), welches den Einsatz von Leiharbeitnehmern in der Branche weitgehend einschränkt, prüfen die Verfasser die Notwendigkeit solcher branchenspezifischen Überlassungsverbote. Gegen solche spreche auf verfassungsrechtlicher Ebene Art. 12 GG und Art. 3 Abs. 1 GG sowie auf Unionsebene die Dienstleistungsfreiheit nach Art. 56 ff. AEUV und die Arbeitnehmerfreizügigkeit 45 ff. AEUV. Zudem werde hierdurch auch die Tarifautonomie geschwächt. (ck) ArbeitskampfrechtDie Bindungswirkung von Streikaufrufen und Streikbeschlüssen auf gewerkschaftsangehörige Arbeitnehmer: Eine dogmatische Analyse der negativen StreikfreiheitHenrik Dietrich, Darmstadt, BB 2024, 950-957 
Angesichts der jüngsten Streikwellen widmet sich der Verfasser der Frage, ob Streikaufrufe vor dem Hintergrund der negativen Streikfreiheit eine Bindungswirkung haben. Hierzu erläutert er mögliche Rechtsgrundlagen eines Streikaufrufs, wobei sich eine Teilnahmepflicht des Mitglieds aus der allgemeinen Treue- und Förderpflicht ergeben könnte. Dies sei verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, denn eine Berufung auf die negative Streikfreiheit scheide aufgrund der durch das Mitglied ausgeübten positiven Koalitionsfreiheit aus. Die Teilnahmepflicht unterliege jedoch Grenzen, insbesondere bei rechtswidrigen Streiks. (ck) BefristungsrechtWirksame Arbeitsvertragsbefristung im Sport auch außerhalb des FußballsRA Dr. Jannes Drechsler, M.Sc., M.Jur., Frankfurt a.M., NZA 2024, 514-517 
Wie lässt sich die Befristung von Arbeitsverträgen mit Sportlern begründen?  Die Rechtsprechung durch das BAG zur Begründung der Befristung im Fußball lässt sich nach Ansicht des Verfassers hierauf übertragen, sodass die Befristung von Arbeitsverträgen auch in anderen kommerziell geprägten Mannschaftssportarten nach § 14 Abs. 1 S. 2 Nr. 4 TzBfG wirksam sei. Kern der Begründung ist die internationale Integration der Sportarten. Bei Wegfall der Befristung hätte dies Wettbewerbsnachteile im internationalen Transfermarkt und den internationalen Wettbewerben zur Folge, indem sich die Arbeitgeber nicht aus Leistungsgründen ohne weiteres von den Sportlern trennen könnten. 
(ck) Betriebliche AltersversorgungAusgewählte Entscheidungen aus der jüngeren Rechtsprechung zur betrieblichen AltersversorgungRA Jan Hansen / Ref. jur. Benedikt Strohdeicher, Köln/Frankfurt a.M., NZA-RR 2024, 225-231
Der Beitrag gibt einen Überblick über die wesentlichen Entwicklungen in der Rechtsprechung des BAG zur betrieblichen Altersversorgung in den Jahren 2020 bis 2023. Die dabei beleuchteten Themen sind insbesondere Versorgungsanwartschaften im Betriebsübergang, die Anpassungspflicht nach § 16 BetrAVG und verschlechternde Eingriffe in Versorgungsregelungen. 
(ck)Entgeltumwandlung zum Ausgleich von RentenminderungenRA Dr. Andreas Schönhöft / Richterin am SG Dr. Melanie Röpke, Hamburg, NZA 2024, 523
Als Ausgleich einer Rentenminderung können statt Abfindungszahlungen auch während des laufenden Arbeitsverhältnisses gezahlte Arbeitsentgelte durch Entgeltumwandlung in die Deutsche Rentenversicherung geleistet werden. Hierzu kommen vor allem einmalige Entgeltbestandteile wie Urlaubsgeld oder Bonuszahlungen in Betracht, die neben dem monatlichen Arbeitsentgelt eher für die DRV entbehrt werden können. Dies sei insbesondere deswegen attraktiv, weil Ausgleichszahlungen nach § 187a SGB VI zwar nicht sozialversicherungsfrei, nach § 3 Nr. 28 EstG aber steuerfrei sind. 
(ck) Die Garantiefrage in der betrieblichen Altersversorgung – Sinnhaftigkeit oder Hindernis?Prof. Dr. Heinz-Dietrich Steinmeyer, Münster, RdA 2024, 80-88 
Bis auf die 2018 eingeführte reine Betriebszusage enthalten alle Zusageformen des BetrAVG ein Leistungselement, bei denen die Einstandspflicht des Arbeitgebers nach § 1 Abs. 1 S. 3 BetrAVG greift. Dies behindert nach Ansicht des Verfassers die weitere Ausbreitung der betrieblichen Altersversorgung, weshalb er sich für das Sozialpartnermodell ausspricht, das die Bereitschaft der Arbeitgeber zur betrieblichen Altersversorgung erhöhen und den Arbeitnehmern zugleich Sicherheit bieten würde. 
(ck) DatenschutzDie Verarbeitung von Beschäftigtendaten in Systemen zur AngriffserkennungWiss. Mit. Till Schaller und Vors. Richter am VG Hans-Hermann Schild, Kassel, NZA 2024, 505-513
Nach § 8a Abs. 1a BSIG sind Betreiber Kritischer Infrastrukturen verpflichtet, Systeme zur Angriffserkennung einzusetzen. Zu den zu verarbeitenden Daten können nach der Gesetzesbegründung auch personenbezogene Daten der Beschäftigten gehören, was die Frage nach einer entsprechenden Ermächtigungsgrundlage aufwirft. Dies kann nach Ansicht der Verfasser sowohl Art. 6 Abs. 1 UAbs. 1 Buchst. f DS-GVO als auch eine Betriebsvereinbarung oder Dienstvereinbarung nach Art. 88 Abs. 1 und 2 DS-GVO i.V.m. § 26 IV BDSG, § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG/§ 80 Abs. 1 Nr. 21 BPersVG sein. (ck)EuroparechtDie EU-Entgelttransparenzrichtlinie – Eckpunkte und UmsetzungsspielräumeProf. Dr. iur. Stefanie Jung, Heilbronn, RdA 2024, 89-94
Der Beitrag gibt einen Überblick über die Regelungselemente der am 6.6.2023 in Kraft getretene und bis zum 7.6.2026 umzusetzende EU-Entgelttransparenz-Richtlinie und analysiert die rechtlichen Vorgaben sowie bestehende Umsetzungsspielräume für den deutschen Gesetzgeber. 
(ck) Die personelle Komponente des Art. 4 Abs. 4 der Beteiligungs-RL – Gleichbehandlung durch Bestandsschutz oder Gleichbehandlung trotz BestandsschutzDr. Caroline Frank, Münster, RdA 2024, 104-113
Art. 4 Abs. 4 der Beteiligungs-RL enthält lediglich einen gegenständlichen Schutzbereich ohne immanenten Gleichbehandlungsgrundsatz. Die Gleichbehandlung innerhalb des Bestandsschutzes richte sich vielmehr nach Art. 20 GRCh, wobei maßgeblich sei, ob eine Ungleichbehandlung innerhalb des mitgliedsstaatlichen Beteiligungsregimes zwingend sei und der Sicherheit der Arbeitnehmerbestimmung diene. (ck) Änderung der Europäischen Betriebsräterichtlinie – Der endgültige Wegfall der Privilegierung?RA/FA Dr. Hendrik von Mellenthin, LL.M., Düsseldorf, BB 2024, 948-950
Die EU-Kommission hat vorgeschlagen, die Privilegierung sogenannter Altvereinbarungen, die zu einer Befreiung von den Vorgaben des Europäischen Betriebsrätegesetzes führt, abzuschaffen. Der Verfasser hält dies aufgrund der Bewährung der konstruktiven und effektiven Zusammenarbeit von Arbeitnehmervertretern und Unternehmens- bzw. Konzernleitung auf der Grundlage von Altvereinbarungen für wenig sinnvoll. (ck) Kündigung/KündigungsschutzBedarf der Maßstab des Auflösungsantrages gemäß §§ 9, 10 KSchG der Korrektur?Honorarprof. Dr. Peter Schrader / Dr. Rhea-Christina Klagges / Irene Taut, Hannover, RdA 2024, 94-103
Kommt das Gericht zu dem Ergebnis, dass eine Kündigung das Arbeitsverhältnis infolge der Interessenabwägung nicht beendet hat, kann eine Weiterbeschäftigung des betreffenden Arbeitnehmers bzw. der Arbeitnehmerin aufgrund des fehlenden Vertrauens problematisch sein, sodass der Arbeitgeber einen Auflösungsantrag nach §§ 9, 10 KSchG stellen kann. Die Maßstäbe der Darlegungs- und Beweislast für einen solchen Antrag halten die Verfasser vor diesem Hintergrund sowie den erheblichen Anforderungen an die Begründetheit einer Kündigung zu hoch und schlagen daher Modifikationen vor. (ck) TarifrechtPerspektiven des Arbeitsrechts als Sozialprivatrecht – Tarifrecht als zukunftsfähiges VerhandlungsverfahrensrechtProf. Dr. Hermann Reichold, Tübingen, RdA 2024, 65-69 
Gegenstand des Beitrags ist die Rolle der kollektiven Akteure des Arbeitsrechts im Rahmen des vom Verfasser so bezeichneten „Sozialprivatrechts“, das heißt bei der Aushandlung von Arbeitsbedingungen wie beispielsweise der Einführung einer 32-Stunden-Woche in einer Wirtschaftsgesellschaft. 
(ck) Tarifautonomie und GleichheitsgrundrechtProf. Dr. Thomas Lobinger, Heidelberg, RdA 2024, 69-80 
Sind die Tarifvertragsparteien an das Gleichheitsgrundrecht des Art. 3 Abs. 1 GG gebunden? Der Verfasser weist darauf hin, dass die unmittelbare Bindung an die Grundrechte der Tarifautonomie widerspreche und daher nur eine mittelbare Grundrechtsbindung bestehe. Dies werde jedoch vom BAG insbesondere bei der Inhaltskontrolle von Tarifverträgen ignoriert. Der Verfasser zeigt daher auf, wie eine Inhaltskontrolle auch unter Beachtung von gleichheitsrechtlichen Erwägungen ohne Missachtung der Tarifautonomie durchgeführt werden kann. 
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  D. Entscheidungsbesprechungen

Kalenderjahresbezogene Urlaubsanrechnung bei DoppelarbeitsverhältnissenRA Dr. Johann Ante, Dortmund, NZA-RR 2024, 270 
BAG, Urteil vom 5.12.2023 – 9 AZR 230/22
(ck)Böswilliges Unterlassen von Zwischenverdienst bei Aufnahme einer neuen Tätigkeit nach drei MonatenRA Dr. Anton Barrein, Hannover, NZA-RR 2024, 271
LAG Köln, Urteil vom 10.10.2023 – 4 Sa 22/23
(ck)Kein immaterieller Schadensersatz bei verspäteter DS-GVO-Auskunft FA/RA Prof. Dr. Michael Fuhlrott, Hamburg, NZA-RR 2024, 272
LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 8.2.2024 – 5 Sa 154/23 
(ck)Druckkündigung erfordert vorheriges aktives arbeitgeberseitiges schützendes HandelnFA/RA Prof. Dr. Michael Fuhlrott, Hamburg, NZA-RR 2024, 273
LAG Nürnberg, Urteil vom 12.12.2023 – 7 Sa 61/23
(ck)Einstellung einer Vertretungskraft für Ausfälle bis zur Dauer von zwei Jahren vor krankheitsbedingter Kündigung zumutbarFA/RA Prof. Dr. Michael Fuhlrott, Hamburg, NZA-RR 2024, 274
LAG Schleswig-Holstein, Urteil vom 10.1.2024 – 3 Sa 74/23
(ck)Beendigung des Arbeitsverhältnisses als Leistungsvoraussetzung einer Invaliditätsrente 
RA Jan Hansen / Wiss. Mit. Benedikt Strohdeicher, Köln/Frankfurt a.M., NZA-RR 2024, 275
BAG, Urteil vom 10.10.2023 – 3 AZR 250/22
(ck)Wirksamkeit von Spätehen- und Mindestehedauerklauseln in der Hinterbliebenenversorgung RA Dr. Johann Ante, Dortmund, NZA-RR 2024, 276 
BAG, Urteil vom 21.11.2023 – 3 AZR 44/23
(ck)Betriebliche Altersversorgung im Konzern RAin Dr. Brigitte Glatzel, Mainz, NZA-RR 2024, 277
LAG Hamm, Urteil vom 27.9.2023 – 4 Sa 124/21
(ck)Keine Berechtigung einer privatrechtlich organisierten GmbH zur Nutzung des beB-Po RAin Dr. Brigitte Glatzel, Mainz, NZA-RR 2024, 278 
LAG Hamm, Beschluss vom 31.10.2023 – 7 TaBV 59/23
(ck)Notwendiger Kausalzusammenhang zwischen Verletzung des Datenschutzrechts und Schaden Wiss. Mit. Stephan Sura, Köln, NZA-RR 2024, 279 
EuGH, Urteil vom 14.12.2023 – C-340/21 
(ck)Kein Schadensersatz nach Art. 82 DS-GVO bei rein hypothetischem Missbrauchsrisiko Wiss. Mit. Stephan Sura, Köln, NZA-RR 2024, 280 
EuGH, Urteil vom 25.1.2024 – C-687/21 
(ck)Eigenkündigung: Arbeitnehmer müssen Personalvermittlungsprovision nicht erstatten RAin Verena Weber, München, DB 2024, 1074 
BAG, Urteil vom 20.6.2023 – 1 AZR 265/22
(ck)Sozialversicherungspflicht bei Ein-Personen-Kapitalgesellschaften RAin Cornelia-Cristina Scupra / RA Marko Vraetz, Frankfurt a.M./Köln, DB 2024, 1075 
BSG, Urteile vom 20.7.2023 – B12 BA 1/23 R, B 12 R 15/21 R, B 12 BA 4 /22 R 
(ck)Entgeltgruppen-Überleitung von BAT-O in TVÖD/VKA: Kein Gleichheitsverstoß bei Antragsfrist RA/FA Dr. Benedikt Forschner, LL.M., / RAin Sarah Schäfer, München, DB 2024, 1143
BAG, Urteil vom 5.7.2023 – 4 AZR 289/22 
(ck)Anti-Diskriminierungs-Formulierungen sind kein Indiz für Diskriminierung im Bewerbungsverfahren RA/FA Jan Jacob Roeder, LL.M, Berlin, DB 2024, 1209 
BAG, Urteil vom 23.11.2023 – 8 AZR 164/22 
(ck)Tatsächliche Vermutung für Unwirksamkeit der Kündigung bei zeitlichem und funktionellem Zusammenhang mit Betriebsübergang RA Dr. Johann Ante, Dortmund, DB 2024, 1210 
LAG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 17.11.2023 – 12 Sa 418/23
(ck)Zur vorsorglichen Beteiligung der Schwerbehindertenvetretung bei Bewerbungen und Anwendung des AGG auf Praktikanten RA/FA Tobias Darm-Tobaben, Hamburg, DB 2024, 1278 
BAG, Urteil vom 23.11.2ß23 – 8 AZR 212/22
(ck)Rückwirkende Genehmigung einer Rechtsanwaltsbeauftragung im Kostenfreistellungsverfahren RAin/FAin Martina Dierks, LL.M. / Ref. jur. Ipek Altinak, Hamburg, DB 2024, 1279 
LAG Nürnberg, Beschluss vom 27.09.2023 – 2 TaBV 8/23
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