Juni 2024
Inhalt
Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz: Neue Wege zur Verfolgung tariflich begründeter Rechte?
Transformationseinheiten als Alternative zur Transfergesellschaft
Aufklärung sog. MeToo-Vorwürfe
Soziale Dimensionen des European Green Deal
Unionsrechtliche Anerkennung von Auswirkungen häuslicher Gewalt auf die Arbeitswelt (Teil II)
Arbeitsrecht in Zeiten der Kriege und Krisen
Verstaatlichung der Lohnpolitik – Grundrechtliche und unionsrechtliche Rahmenbedingungen
Legalisierung von Cannabis und die Auswirkungen auf das Arbeitsrecht
Arbeitszeiterfassung – Aktueller Stand und offene Fragen
Soziale Grundrechte des Grundgesetzes
Lehren aus den Lokführerentscheidungen des LAG Hessen für das Koalitions- und Arbeitskampfrecht
Grenzen des Streikrechts und ihre praktische Effektivität im Überblick
Wellen- und Solidaritäts- Streiks in Verkehrs-Unternehmen
Allgemeinverbindlicherklärung durch Arbeitskampf
Befristung von Arbeitsverträgen im Profisport
BB-Rechtsprechungsreport zur betrieblichen Altersversorgung 2023/2024
Betriebsrentenanwartschaften werden unverfallbar
„Zuletzt erreichter Lebensstandard“ – Die letzten zehn Jahre entscheiden
Künstliche Intelligenz und betriebliche Mitbestimmung
Der Gesetzentwurf zur Betriebsratsvergütung – eine erste Bewertung
Datenschutzrechtliche Fragen bei der Nutzung von Künstlicher Intelligenz im Arbeitsverhältnis
Equal Pay – Ende der unternehmerischen Entscheidungsfreiheit?
Rassismus und Fremdenfeindlichkeit als politische Betätigung im Betrieb
Europäische Rechtssetzung zum Mindestlohn
Die Darlegungs- und Beweislast bei Klagen auf Entfernung einer Abmahnung aus der Personalakte
Tarifanwendung bei der öffentlichen Auftragsvergabe
Zwischen Kooperation und Konflikt – Tarifpolitik im Staatskorsett
Die Berücksichtigung von Urlaub bei der Berechnung von Mehrarbeitszuschlägen
Das Urlaubskassenverfahren als besondere Ausprägung der Bauwirtschaft
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Ratifikation des ILO-Übereinkommens Nr. 184 zu Arbeitsschutz in der LandwirtschaftMeldung des BMAS vom 12.6.2024
Deutschland hat das ILO-Übereinkommen Nr. 184 über den Arbeitsschutz in der Landwirtschaft ratifiziert. Dieses ist das erste internationale Instrument, welches umfassende Standards in Bezug auf die Sicherheit und den Gesundheitsschutz von Arbeitnehmer*innen in der Landwirtschaft normiert. Die Ratifikation ist in enger Zusammenarbeit mit den Sozialpartnern erfolgt und setzt eine Vereinbarung aus dem Koalitionsvertrag um.
Weitere Informationen sind auf der Seite der Meldungen des BMAS abrufbar.(ck)
Kommission schlägt Leitlinien für die Beschäftigungspolitik der Mitgliedstaaten vor
Meldung der Europäischen Kommission vom 19.6.2024
Die Kommission hat Leitlinien für die beschäftigungspolitischen Maßnahmen der Mitgliedstaaten im Jahr 2024 vorgeschlagen. Diese Leitlinien, die Teil des Frühjahrspakets des Europäischen Semesters 2024 sind, setzen gemeinsame Prioritäten für die nationalen Beschäftigungs- und Sozialpolitiken, um diese gerechter und integrativer zu gestalten.
Weitere Informationen sind auf der Seite der Meldungen der Europäischen Kommission abrufbar.(ck)
Arbeits(schutz)rechtliche Empfehlungen für hybride Bildschirmarbeit
Meldung des BMAS vom 19.6.2024
Das Bundesamt für Arbeit und Soziales hat arbeitsrechtliche und arbeitsschutzrechtliche Empfehlungen zur Gestaltung gesunder hybrider Bildschirmarbeit veröffentlicht. Diese wurden in einer Politikwerkstatt mit über 100 Fachexpert*innen erarbeitet. Das BMAS reagiert mit diesen Empfehlungen auf einen Auftrag aus dem Koalitionsvertrag.
Weitere Informationen sind auf der Seite der Meldungen des BMAS abrufbar.(ck)
Beratungsgegenstände des Bundestages171. Sitzung, 5.6.2024
Keine relevanten Beratungsgegenstände.
172. Sitzung, 6.6.2024
- Beratung des Antrags Abgeordneter der AfD und der Fraktion der AfD zu dem Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Verbesserung und Durchsetzung der Arbeitsbedingungen von Praktikanten und zur Bekämpfung von Scheinpraktika („Praktikumsrichtlinie“) (BT-Drs. 20/11628) sowie Überweisung an Ausschüsse
- Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Arbeit und Soziales (11. Ausschuss) zu dem Antrag der Fraktion der CDU/CSU „Arbeitszeit flexibilisieren – Mehr Freiheit für Beschäftigte und Familien“ (BT-Drs. 20/10387, 20/11490) und Ablehnung des Antrags
173. Sitzung, 7.6.2024
Keine relevanten Beratungsgegenstände.
174. Sitzung, 12.6.2024
Keine relevanten Beratungsgegenstände.
175. Sitzung, 13.6.2024
- Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Neunundzwanzigsten Gesetzes zur Änderung des Bundesausbildungsförderungsgesetzes (29. BAföGÄndG) (BT-Drs. 20/11313) und Ablehnung des Antrags
- Erste Beratung des von der Fraktion der CDU/CSU eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Aufhebung des Gesetzes über die unternehmerischen Sorgfaltspflichten zur Vermeidung von Menschenrechtsverletzungen in Lieferketten (Lieferkettensorgfaltspflichtenaufhebungsgesetz) (BT- Drs. 20/11752) sowie Überweisung an Ausschüsse
176. Sitzung, 14.6.2024
- Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Berufsbildungsvalidierungs- und –digitalisierungsgesetzes (BVadiG) (BT-Drs. 20/10857)
(ck)
Beratungsgegenstände des Bundesrats
1045. Sitzung, 14.6.2024:
Keine relevanten Beratungsgegenstände.(ck)Veröffentlichungen im Bundesgesetzblatt
Teil I
- Verordnung zur Änderung der Ausbildungsverordnungen der luftfahrttechnischen Ausbildungsberufe (BGBl. Nr. 186) vom 18.6.2024
Teil II
Keine relevanten Veröffentlichungen.(ck)
Veröffentlichungen im Amtsblatt der EU (Teil L)
- Beschluss (EU) 2024/1708 des Rates vom 30. Mai 2024 zur Festlegung des Standpunkts, der im Namen der Europäischen Union in dem durch das Abkommen über Handel und Zusammenarbeit zwischen der Europäischen Union und der Europäischen Atomgemeinschaft einerseits und dem Vereinigten Königreich Großbritannien und Nordirland andererseits eingesetzten Sonderausschuss für die Koordinierung der sozialen Sicherheit im Hinblick auf die Annahme einer Empfehlung mit weiteren Leitlinien für die Durchführung des Protokolls über die Koordinierung der sozialen Sicherheit zum genannten Abkommen betreffend die Auslegung von Artikel KSS.11 des genannten Protokolls über die auf entsandte Arbeitnehmer und Selbstständige, die vorübergehend eine Tätigkeit in einem anderen als dem zuständigen Staat ausüben, anzuwendenden Rechtsvorschriften zu vertreten ist
(ck)
BAG, Urt. v. 13.3.2024 – 10 AZR 117/23, Leitsatz
Für ein Auskunftsverlangen beitragspflichtiger Arbeitgeber, anspruchsberechtigter Arbeitnehmer oder „konkurrierender“ Arbeitgeberverbände gegen die Sozialkassen im Maler- und Lackiererhandwerk besteht keine ausdrückliche gesetzliche Grundlage, auch nicht nach dem Informationsfreiheitsgesetz. Auskunftsansprüche können sich aber nach allgemeinen Grundsätzen aus Treu und Glauben ergeben.
(ma)
BAG, Urt. v. 13.3.2024 – 10 AZR 117/23, Leitsatz
Die Befugnis zur Öffentlichkeitsarbeit der Sozialkassen des Maler- und Lackiererhandwerks folgt auch ohne explizite Regelung aus dem in der jeweiligen Satzung dem Vorstand zugewiesenen Aufgabenbereich der Geschäftsführung.(ma)
SARS-CoV-2-Infektion als Krankheit i.S.d. § 3 Abs. 1 EFZG auch bei symptomlosen Verlauf
BAG, Urt. v. 20.3.2024 – 5 AZR 234/23, Leitsatz
Eine SARS-CoV-2-Infektion stellt auch bei einem symptomlosen Verlauf eine Krankheit i.S.v. § 3 Abs. 1 EFZG dar. Diese führt zur Arbeitsunfähigkeit, wenn es dem Arbeitnehmer infolge einer behördlichen Absonderungsanordnung rechtlich unmöglich ist, die geschuldete Tätigkeit bei dem Arbeitgeber zu erbringen und eine Arbeitsleistung in der häuslichen Umgebung nicht in Betracht kommt.
(ma)
BAG, Urt. v. 19.6.2024 – 5 AZR 192/23, Pressemitteilung v. 19.6.2024
Betreiber von Pflegeeinrichtungen i.S.d. vormaligen § 20a Abs. IfSG a.F. durften in der Zeit vom 16. März 2022 bis zum 31. Dezember 2022 nicht gegen das Coronavirus SARS-CoV-2 geimpfte Mitarbeiter ohne Fortzahlung der Vergütung von der Arbeit freistellen. Ein Anspruch auf Vergütung wegen Annahmeverzugs (§ 615 Satz 1 i.V.m. § 611a Abs. 2 BGB) bestand nicht, da die Mitarbeiter keinen Immunitätsnachweis i.S.d. § 20a IfSG a.F. vorgelegt haben und damit außerstande waren, die geschuldete Arbeitsleistung zu bewirken (§ 297 BGB). Ein Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall nach § 3 Abs. 1 EFZG bei gleichzeitiger krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit scheiterte hingegen am Grundsatz der sog. Monokausalität, denn die Erkrankung war wegen des zugleich fehlenden Immunitätsnachweises nicht die alleinige Ursache für den Verdienstausfall.
Zur Abmahnung dieser Arbeitnehmer waren die Arbeitgeber dagegen nicht berechtigt. Eine Abmahnung soll den Arbeitnehmer grundsätzlich auf eine Verletzung arbeitsvertraglicher Pflichten aufmerksam machen, ihn für die Zukunft zu einem vertragstreuen Verhalten auffordern und ihm mögliche Konsequenzen für den Fall einer erneuten Pflichtverletzung aufzeigen. In der unterlassenen Vorlage eines Immunitätsnachweises (§ 20a Abs. 2 IfSG a.F.) lag keine abmahnfähige Pflichtverletzung. Das in Art. 2 Abs. 1 GG wurzelnde Selbstbestimmungsrecht der im Pflegebereich Tätigen, in freier Entscheidung eine Impfung gegen das Coronavirus SARS-CoV-2 abzulehnen, sowie deren Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit (Art. 2 Abs. 2 S. 1 GG) hatten Arbeitgeber als höchstpersönliche Entscheidung der Arbeitnehmer zu respektieren. Wegen des vom Beklagten zu achtenden besonderen Charakters dieser grundrechtlich geschützten Entscheidung der Klägerin erwies sich die Abmahnung als ungeeignetes Mittel zur Verhaltenssteuerung. Aufgrund der mit ihr verbundenen Gefährdung des Bestands des Arbeitsverhältnisses war sie – anders als der vorübergehende Verlust der Entgeltansprüche für die befristete Dauer der Freistellung – eine unangemessene Druckausübung und damit unverhältnismäßig.
(ma)
BAG, Urt. v. 5.3.2024 – 9 AZR 204/23, Leitsatz
Die Erfüllung der Offenlegungspflicht nach § 1 Abs. 1 S. 5 AÜG und der Konkretisierungspflicht nach § 1 Abs. 1 S. 6 AÜG setzt das Bestehen eines formwirksamen Arbeitnehmerüberlassungsvertrags im Zeitpunkt des Überlassungsbeginns voraus.
(ma)
BAG, Urt. v. 21.3.2024 – 2 AZR 79/23, Leitsatz
Ein Arbeitsverhältnis wird nur von einem Betriebs(teil)übergang i.S.v. § 613a Abs. 1 S. 1 BGB erfasst, wenn der Arbeitnehmer zuvor individual- und ggf. kollektivrechtlich wirksam der dann übergehenden wirtschaftlichen Einheit zugeordnet wurde.(ma)
BAG, Urt. v. 21.3.2024 – 2 AZR 79/23, Leitsatz
Fehler bei der Unterrichtung nach § 613a Abs. 5 BGB, die für den Willensbildungsprozess der Arbeitnehmer, ob sie einem Übergang ihres Arbeitsverhältnisses widersprechen, regelmäßig ohne Belang sind, führen nicht dazu, dass die Widerspruchsfrist des § 613a Abs. 6 S. 1 BGB nicht zu laufen beginnt.(ma)
BAG, Urt. v. 20.6.2024 – 8 AZR 253/20, Pressemitteilung v. 20.6.2024
Die Verarbeitung von Gesundheitsdaten durch einen Medizinischen Dienst, der von einer gesetzlichen Krankenkasse mit der Erstellung einer gutachtlichen Stellungnahme zur Beseitigung von Zweifeln an der Arbeitsunfähigkeit eines Versicherten beauftragt worden ist, kann nach Art. 9 Abs. 2 Buchst. h DSGVO auch dann zulässig sein, wenn es sich bei dem Versicherten um einen eigenen Arbeitnehmer des Medizinischen Dienstes handelt. Ein Arbeitgeber, der als Medizinischer Dienst Gesundheitsdaten eines eigenen Arbeitnehmers verarbeitet, ist nicht verpflichtet zu gewährleisten, dass überhaupt kein anderer Beschäftigter Zugang zu diesen Daten hat.
(ma)
EuGH, Urt. v. 20.6.2024 - Rs. C-540/22, Pressemitteilung v. 20.6.2024
Eine Maßnahme, wonach in Mitgliedstaaten entsandte Arbeitnehmer nach 90 Tagen eine Aufenthaltserlaubnis einholen müssen, ist nach dem EuGH mit dem Unionsrecht vereinbar. Eine solche Behandlung stelle zwar eine Beschränkung des freien Dienstleistungsverkehrs dar. Sie sei aber geeignet, die Rechtssicherheit für entsandte Arbeitnehmer zu verbessern und damit gerechtfertigt. Zudem werde dadurch sichergestellt, dass die betreffenden Arbeitnehmer keine Gefahr für die öffentliche Ordnung begründen. Die Gebühren, die für die Ausstellung einer Aufenthaltserlaubnis zu entrichten sind, müssten jedoch angemessen sein und annährend den Verwaltungskosten entsprechen, die durch die Bearbeitung eines Antrags auf Erteilung einer solchen Erlaubnis entstehen. Diese Prüfung obliege dem vorlegenden Gericht.(ma)
Schadensersatzanspruch darf vom Nachweis eines spezifischen Schadens abhängig gemacht werden
EuGH, Urt. v. 20.6.2024 - Rs. C-367/23
Eine Regelung, die den Nachweis des Bestehens eines Schadens für die Gewährung eines Schadensersatzes wegen des Verstoßes gegen eine nationale Vorschrift, mit der eine unionsrechtliche Richtlinie umgesetzt wurde, voraussetzt, verstößt nach dem EuGH nicht gegen Unionsrecht. Gegenstand des Verfahrens war ein Verstoß eines Arbeitgebers gegen die in Art. 9 Abs. 1 Buchst. a der RL 2003/88/EG geregelte Verpflichtung zur regelmäßigen Untersuchung des Gesundheitszustands von Nachtarbeitern. Der EuGH hat in seiner Entscheidung zunächst klargestellt, dass es nach dem Grundsatz der Verfahrensautonomie Sache der innerstaatlichen Rechtsordnung der Mitgliedstaaten sei, die verfahrensrechtlichen Modalitäten der Rechtsbehelfe, die zum Schutz der Rechte der Bürger bestimmt sind, festzulegen. Art. 267 AUEV räume dem EuGH keine Befugnis ein, die unionsrechtlichen Normen auf einen Einzelfall anzuwenden. Vielmehr sei die Befugnis auf die Auslegung der Verträge und Rechtsakte der Organe der Europäischen Union beschränkt. Bei der Festlegung der verfahrensrechtlichen Modalitäten der Rechtsbehelfe müsse lediglich der Äquivalenz- und Effektivitätsgrundsatz beachtet werden. Der Äquivalenzgrundsatz besagt, dass die durch die Mitgliedstaaten für unionsrechtliche Sachverhalte festzulegenden Modalitäten nicht ungünstiger sein dürfen als diejenigen, die für gleichartige innerstaatliche Sachverhalte gelten. Der Effektivitätsgrundsatz hingegen setzt voraus, dass die festzulegenden Modalitäten die Ausübung der durch das Unionsrecht verliehenen Rechte nicht praktisch unmöglich machen oder übermäßig erschweren. Das Erfordernis der Darlegung eines tatsächlich entstandenen Schadens verstoße nach dem EuGH für sich genommen nicht gegen den Äquivalenzgrundsatz. Die Feststellung eines Verstoßes gegen den Effektivitätsgrundsatz sei hingegen Sache des vorlegenden Gerichts. Der EuGH hat zwar weiterhin ausgeführt, dass ein Schadensersatzanspruch des Arbeitnehmers bei bloßem Feststellen eines Verstoßes die Durchsetzungskraft der in Art. 9 Abs. 1 Buchst. a der RL 2003/88/EG vorgesehenen Schutzvorschriften erhöhe und geeignet sei, von der Wiederholung rechtswidriger Verhaltensweisen durch den Mitgliedstaat abzuschrecken. Dies bedeute jedoch nicht, dass durch den Schutz der unionsrechtlich gewährleisteten Rechte eine ungerechtfertigte Bereicherung der Anspruchsberechtigten durch die Mitgliedstaaten hingenommen werden müsse. In Anbetracht der Ausgleichsfunktion des Schadensersatzanspruchs sei der Ersatz des tatsächlich entstandenen Schadens ausreichend, ohne dass es erforderlich sei, den Arbeitgeber zur Zahlung von Strafschadensersatz zu verpflichten.
(ma)
BAG, Urt. v. 25.4.2024 – 8 AZR 140/23, Leitsatz
Die Wiedereinstellung eines Bewerbers, dessen Arbeitsverhältnis aufgrund einer tarifvertraglichen Altersgrenze beendet wurde, kann wegen seines Alters abgelehnt werden, falls ein jüngerer qualifizierter Bewerber zur Verfügung steht. Dies entspricht dem mit der Altersgrenze verfolgten Ziel der ausgewogenen Beschäftigungsverteilung zwischen den Generationen.
(ma)
LAG Baden-Württemberg, Teilurteil v. 19.6.2024 – 4 Sa 26/23, Pressemitteilung v. 19.6.2024
Steht fest, dass ein Arbeitnehmer im Hinblick auf einen oder mehrere Vergütungsbestandteile niedriger vergütet wurde als diejenige Vergleichsgruppe des anderen Geschlechts, die eine gleiche oder gleichwertige Arbeit verrichtet, muss der Arbeitgeber darlegen und beweisen, dass ausschließlich andere Gründe als das Geschlecht zu einer ungünstigeren Behandlung des Arbeitnehmer geführt haben. Beruft sich der AG darauf, dass die Personen aus der Vergleichsgruppe eine größere Berufserfahrung, eine längere Betriebszugehörigkeit und/oder eine höhere Arbeitsqualität aufwiesen, muss er darlegen, wie er diese Kriterien im Einzelnen bewertet und zueinander gewichtet hat. Gelingen ihm die entsprechende Darlegung und gegebenenfalls der entsprechende Beweis nicht, steht dem Arbeitnehmer eine höhere Vergütung nach Maßgabe des Entgeltgleichheitsgesetzes zu.
(ma)
BAG, Urt. v. 23.5.2024 – 6 AZR 155/21, Leitsatz
Der Verstoß des Arbeitgebers gegen die Übermittlungspflicht gemäß § 17 Abs. 3 S. 1 KSchG führt nicht zur Unwirksamkeit der im Rahmen einer Massenentlassung erklärten Kündigung(en).
(ma)
Kündigung eines Redakteurs bei der Deutschen Welle wegen antisemitischer Äußerungen wirksam
LAG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 4.4.2024 – 5 Sa 894/23, Pressemitteilung v. 12.6.2024
Das LAG Berlin-Brandenburg hat – anders als noch das ArbG Berlin – entschieden, dass die fristlose Kündigung eines in der arabischen Redaktion der Deutschen Welle beschäftigten gehobenen Redakteurs wirksam ist. Der Redakteur sei als sogenannter Tendenzträger verpflichtet gewesen, sowohl bei seiner Arbeitsleistung als auch im außerbetrieblichen Bereich nicht gegen die Tendenz, das heißt die grundsätzlichen Zielsetzungen, der Deutschen Welle zu verstoßen. Dazu gehörten die Grundsätze, das Existenzrecht Israels nicht in Frage zu stellen und sich gegen Antisemitismus sowie jegliche Versuche, diesen zu verbreiten, einzusetzen. Da derartige Äußerungen eines Redakteurs auch im privaten Bereich geeignet seien, den Ruf der Deutschen Welle als Stimme der Bundesrepublik Deutschland im Ausland zu schädigen, liege eine schwerwiegende Verletzung vertraglicher Nebenpflichten vor, die zum Ausspruch einer fristlosen Kündigung berechtigten. Auch wenn der Redakteur nach Begründung des Arbeitsverhältnisses keine zu beanstandenden Äußerungen mehr veröffentlicht habe, hätten sich die zuvor getätigten und auch nach Begründung des Arbeitsverhältnisses noch öffentlich abrufbaren Äußerungen weiter ausgewirkt. Da der Redakteur aufgrund der Rundfunkfreiheit der Deutschen Welle gemäß Artikel 5 Absatz 1 S. 2 GG gehalten sei, die Tendenz der Deutschen Welle zu wahren, könne er sich für antisemitische und das Existenzrecht Israels leugnende Äußerungen auch nicht mit Erfolg auf seine Meinungsfreiheit nach Artikel 5 Abs. 1 S. 1 GG berufen.
(ma)
Kein Weiterbeschäftigungsanspruch eines Vorfeld-Initiators einer Betriebsratswahl
LAG Köln, Urt. v. 19.1.2024 – 7 GLa 2/24, Pressemitteilung v. 10.6.2024
Das Landesarbeitsgericht Köln hat in einem nunmehr veröffentlichen Urteil entschieden, dass der Sonderkündigungsschutz eines sogenannten Vorfeld-Initiators einer Betriebsratswahl nicht per se geeignet ist, einen Weiterbeschäftigungsanspruch im gekündigten Arbeitsverhältnis zu begründen. Vorfeld-Initiatoren sind Arbeitnehmer, die in einem frühen Stadium ihre Absicht zur Gründung eines Betriebsrats in einer notariell beglaubigten Erklärung dokumentieren und entsprechende Vorbereitungshandlungen unternehmen. Das für Vorfeld-Initiatoren geltende Kündigungsverbot in § 15 Abs. 3b KSchG stelle lediglich eine kollektivrechtliche Rechtsposition dar, auf die es bei der durchzuführenden Interessenabwägung nicht ankomme. Die besonderen Kündigungsschutzregelungen für bestimmte Mandatsträger im Rahmen der Betriebsverfassung würden in erster Linie die Wahl der Betriebsverfassungsorgane sowie die Kontinuität ihrer Arbeit sichern. Damit diene § 15 KSchG nicht primär den persönlichen Interessen des erfassten Personenkreises, sondern den kollektiven Interessen der Belegschaft an der unabhängigen Amtsführung des Betriebsrats.
(ma)
Keine Änderung des Streitwerts bei einem späteren Ausspruch einer weiteren Kündigung
LAG Berlin-Brandenburg, Beschluss v. 5.6.2024 – 26 Ta (kost) 6015/24, Leitsatz
Wird eine außerordentliche Kündigung in engem zeitlichen und inhaltlichen Zusammenhang mit einer ordentlichen Kündigung ausgesprochen und folgt zu einem späteren Zeitpunkt eine weitere ordentliche Kündigung, verringert nicht allein die Existenz der ersten - mit der außerordentlichen Kündigung in zeitlichem Zusammenhang ausgesprochenen - ordentlichen Kündigung den Streitwert unter den Betrag, der anzusetzen wäre, wenn zunächst nur eine außerordentliche und deutlich später eine ordentliche Kündigung ausgesprochen worden wäre.
(ma)
Begriff der Tätigkeit im Sanitätsdienst des Justizvollzugsdienstes i.S.d. § 47 Nr. 3 TV-L
BAG, Urt. v. 21.3.2024 – 6 AZR 174/23, Leitsatz
Eine Tätigkeit im Sanitätsdienst des Justizvollzugsdienstes im Sinne des § 47 Nr. 3 TV-L, die zu einem Anspruch auf vorzeitige Beendigung des Arbeitsverhältnisses unter Gewährung einer Übergangszahlung führt, liegt nur dann vor, wenn diese überwiegend „am Patienten selbst“ erbracht wird. Zuarbeitende und unterstützende medizinische Tätigkeiten, die nicht „am Patienten selbst“ ausgeübt werden, genügen dafür nicht.
(ma)
BAG, Urt. v. 19.6.2024 – 5 AZR 167/23, Pressemitteilung v. 19.6.2024
Hat ein Arbeitgeber einen Arbeitnehmer, der während der Geltungsdauer des vormaligen § 20a IfSG a.F. die in Abs. 1 aufgestellten Voraussetzungen nicht erfüllte, von der Erbringung der Arbeitsleistung freigestellt, sind die Zeiten dieser unbezahlten Freistellung bei der Berechnung des Jahresurlaubs zu berücksichtigen. Dem Arbeitnehmer steht nur ein anteilig kürzerer Urlaubsanspruch zu. Der Erholungszweck des Anspruchs auf bezahlten Jahresurlaub beruht nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union auf der Prämisse, dass der Arbeitnehmer im Lauf des Bezugszeitraums tatsächlich gearbeitet hat. Etwas anderes gilt nur, wenn der Umstand, dass der Arbeitnehmer nicht gearbeitet hat, allein auf Entscheidungen des Arbeitgebers beruht, was hier nicht der Fall ist.
(ma)
RA Dr. André Fischer (LL.M.) / Ass. Iur. Emil Sokoll, Frankfurt a.M., NZA 2024, 656-665
Die Abgrenzung von Arbeitnehmern und Selbstständigen bereitet auch mit Schaffung des § 611a BGB Schwierigkeiten. Die Verfasser stellen die Kernelemente der Abgrenzung dar und bewerten eine Entscheidung des BAG vom 1.12.2020, in welcher dieses einen klagenden Plattformarbeiter (Crowdworker) als Arbeitnehmer eingeordnet hatte.(ck)
Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz: Neue Wege zur Verfolgung tariflich begründeter Rechte?
RA Prof. Dr. Dr. h.c. Manfred Löwisch, Freiburg, BB 2024, 1332-1337
Das am 1.1.2023 in Kraft getretene Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz garantiert die Möglichkeit, Verhandlungen zu führen sowie die Anerkennung und Realisierung der in den Verhandlungen erzielten Ergebnissen. Auch eine Durchsetzung und Verfolgung der tariflich begründeten Rechte ermöglicht das Gesetz: Dieses hält ein Beschwerdeverfahren nach § 8 Abs. 1 S. 1 LkSG, sowie behördliche Maßnahmen nach §§ 14 I Nr. 1,2 und 15 LkSG bereit, die im Wege der Verwaltungsvollstreckung durchgesetzt werden können.(ck)
Transformationseinheiten als Alternative zur Transfergesellschaft
RA Dr. Burkard Göpfert (LL.M.) / RAin Dr. Susanna Stöckert, München, NZA 2024, 737-740
Anlässlich vermehrter Personalabbau-Ankündigungen von Unternehmen aufgrund des Fachkräftemangels stellen die Verfasser als vorzugswürdiges Instrument der Personalanpassung das Modell der Transformationseinheit als Alternative zur Transfergesellschaft vor.(ck)
Aufklärung sog. MeToo-Vorwürfe
RAin/FA Dr. Carolin Weyand, Frankfurt, BB 2024, 1016-1020
In diesem Artikel erörtert die Autorin den Umgang mit MeToo-Vorwürfen in Unternehmen. Sie stellt die Wichtigkeit einer unabhängigen und neutralen Untersuchung durch externe Experten dar, damit objektive Ergebnisse gewährleistet und die Rechte aller Beteiligten geschützt werden können. Des Weiteren erachtet sie hohe rechtliche Standards als besonders wichtig, um schwerwiegende Folgen zu vermeiden. Außerdem findet sie präventive Maßnahmen wie Schulungen und ein klares Führungsvorbild als besonders sinnvoll, um das Bewusstsein zu schärfen und zukünftige Vorfälle zu verhindern.(ib)
Soziale Dimensionen des European Green Deal
Prof. Dr. Dörte Busch, Berlin, ZESAR 2024 143-151
Die Autorin analysiert in diesem Beitrag die sozialen Aspekte des European Green Deal, welcher bis 2050 die Klimaneutralität der EU anstrebt und nachhaltige Wirtschaft fördern soll. Sie macht deutlich, dass der Green Deal soziale Inklusion und Gerechtigkeit in den Mittelpunkt stellt, indem er Maßnahmen zur Unterstützung von Arbeitnehmern in Übergangsbranchen trifft und zur Sicherstellung fairer Arbeitsbedingungen führt. Abschließend stellt die Autorin fest, dass eine erfolgreiche Umsetzung des Green Deal nicht nur ökologische, sondern auch erhebliche soziale Vorteile bringen kann, indem sie zu einer gerechteren und nachhaltigeren Gesellschaft beiträgt.(ib)
Unionsrechtliche Anerkennung von Auswirkungen häuslicher Gewalt auf die Arbeitswelt (Teil II)
Prof. Dr. Ursula Rust, Bremen, ZESAR 2024 152-162
Im zweiten Teil dieses Beitrags untersucht die Autorin die Auswirkungen häuslicher Gewalt auf die Arbeitswelt im Rahmen des europäischen und internationalen Rechts. Dazu betont sie die Bedeutung von Übereinkommen wie der Istanbul-Konvention und der ILO-Konvention Nr. 190, die von der Union unterstützt und von den Mitgliedsstaaten umgesetzt werden sollen, um Gewalt und Belästigung am Arbeitsplatz zu bekämpfen. Außerdem hebt sie die Notwendigkeit eines umfassenden rechtlichen Rahmens und spezifischer Maßnahmen zum Schutz der Opfer und zur Förderung sicherer Arbeitsbedingungen hervor.(ib)
Dr. Vladimir Bogoeski, Amsterdam, SR 2024 56-73
Der Autor untersucht in diesem Beitrag die Arbeitsbedingungen von migrantischen Saisonarbeiter*innen in der deutschen Landwirtschaft während der COVID-19-Pandemie. Er zeigt auf, dass die prekären Arbeits- und Lebensbedingungen dieser Arbeiter*innen nicht nur eine Folge der Pandemie, sondern auch das Resultat bestehender Ausbeutungsstrukturen sind, die durch die Pandemie verstärkt wurden. Außerdem stellt er klar, dass sich die Arbeits- und Lebensbedingungen durch mangelnde gesetzliche Absicherung und unzureichende staatliche Aufsicht weiter verschlechtert haben.(ib)
Arbeitsrecht in Zeiten der Kriege und Krisen
Präsidentin des BAG Inken Gallner, Erfurt, AuR 2024, 184-187
In diesem Beitrag beschreibt die Autorin die aktuellen Herausforderungen, vor denen das Arbeitsrecht angesichts der globalen Krisen steht. Sie betont, dass das Arbeitsrecht ein Spiegel der politischen, wirtschaftlichen und sozialen Veränderungen ist und eine zentrale Rolle für den Zusammenhalt der Gesellschaft spielt.(ib)
Präsident des BSG aD Prof. Dr. Rainer Schlegel, Kassel, AuR 2024, 187-189
Der Autor hebt in diesem Beitrag die Bedeutung von Respekt für den Sozialstaat und seine Träger hervor. Er argumentiert, dass der Sozialstaat auf der Leistungsfähigkeit der Wirtschaft und der Gesellschaft basiert und dass Solidarität und gegenseitige Unterstützung entscheidend sind. Des Weiteren kritisiert er die Erwartungshaltung, dass der Staat alle Probleme allein lösen könne. Stattdessen betont er die Notwendigkeit des individuellen Engagements und der Zusammenarbeit innerhalb der Gesellschaft.(ib)
Dr. Philip Musiol, Bonn, BB 2024, 1268-1271
In diesem Beitrag behandelt der Autor rechtliche Fragen im Zusammenhang mit Whistleblower-Meldungen an unzuständige Stellen innerhalb eines Unternehmens und die damit verbundenen Repressalien. Er stellt fest, dass das Hinweisgeberschutzgesetz nur Schutz bietet, wenn Meldungen an die dafür vorgesehenen Meldestellen gerichtet werden. Weiterhin betont er, dass Whistleblower, die ihre Meldung an die zuständige Stelle weiterleiten, ab diesem Zeitpunkt Schutz genießen und dass auch unzuständige Stellen, die Hinweise weiterleiten, als „verbundene Personen“ geschützt sein können.(ib)
Verstaatlichung der Lohnpolitik – Grundrechtliche und unionsrechtliche Rahmenbedingungen
Prof. Dr. Martin Franzen, München, ZfA 2024, 156-180
Der Autor befasst sich in diesem Beitrag mit der Verstaatlichung der Lohnpolitik und untersucht die rechtlichen Rahmenbedingungen aus der grundrechtlichen und unionsrechtlichen Perspektive. Die Lohnfindung in Deutschland beruht auf der Tarifautonomie, welche in Art. 9 III GG verankert und traditionell den Tarifvertragsparteien überlassen ist. Es besteht jedoch die Möglichkeit, dass der Staat auf die Lohnpolitik Einfluss nimmt, indem er Mindestlöhne festsetzt, kooperative Rechtssetzungen durchführt oder insbesondere durch Tariftreueregelungen Anreize im Beschaffungswesen setzt. Diese Eingriffe durch den Staat sind aber durch das Unionsrecht, insbesondere die Arbeitnehmer-Entsenderichtline, begrenzt. Der Autor kommt zu dem Ergebnis, dass der Staat auf die Lohnpolitik einwirken kann, dies aber nur innerhalb bestimmter Rahmenbedingungen möglich ist.(ib)
Legalisierung von Cannabis und die Auswirkungen auf das Arbeitsrecht
RA Prof. Dr. Robert von Steinau-Steinrück / RAin Kaja Thurner, Berlin, NJW-Spezial, 370-371
Die Autoren beschäftigen sich in diesem Beitrag damit, wie seit der Legalisierung mit dem Konsum von Cannabis im Arbeitsalltag umzugehen ist. Dazu zeigen sie Möglichkeiten auf, wie der Konsum von Cannabis während der Arbeitszeit gehandhabt werden kann und welche Regelungen der Arbeitgeber zum Cannabiskonsum aufstellen kann, um die Sicherheit am Arbeitsplatz zu gewährleisten. Des Weiteren erörtern sie Sanktionen, welche der Arbeitgeber gegen einen Arbeitnehmer bei unzureichender Arbeitsausübung aufgrund des Cannabiskonsums verhängen kann.(ib)
Arbeitszeiterfassung – Aktueller Stand und offene Fragen
Prof. Dr. Frank Bayreuther, Passau, AuR 2024, 190-196
Der Autor beleuchtet in diesem Beitrag die aktuelle Rechtslage und die Herausforderungen bei der Erfassung der Arbeitszeit in Deutschland. Dazu geht er auf das Urteil des BAG ein, welches Arbeitgeber verpflichtet, ein System zur Arbeitszeiterfassung einzuführen. Weiter behandelt er die praktischen und rechtlichen Fragen, insbesondere zur Beweislast bei Überstunden und zur Durchsetzung der Zeiterfassungspflicht durch Aufsichtsbehörden.(ib)
Soziale Grundrechte des Grundgesetzes
Prof. Dr. Thomas Klein, Saarbrücken, SR 2024, 85-96
Anhand verschiedener Urteile des BVerfG nimmt der Verfasser eine Einordnung der sozialen Grundrechte des Grundgesetzes und deren Ausprägung im Hinblick auf das Sozialstaatsprinzip vor. Dabei zeigt der Verfasser auf, dass die sozialen Grundrechte ihre Wirkung nicht nur im Verhältnis des Bürgers zum Staat, sondern auch in privatrechtlichen Beziehungen entfalten.(lh)
Dr. Bernhard Ulrici, Leipzig, EuZA 2024, 121-139
In diesem Beitrag beschäftigt sich der Autor mit unerlaubter Arbeitnehmerüberlassung aus dem Ausland unter Hinzuziehung der neuen Rechtsprechung des BAG. Diese Rechtsprechung legt fest, dass für eine grenzüberschreitende Arbeitnehmerüberlassung eine Genehmigung notwendig ist. Das Urteil vom 26.4.2022 betont, dass ein Arbeitsverhältnis zum Entleiher nur entsteht, wenn der Vertrag mit dem Verleiher gem. § 9 AÜG unwirksam ist. Dies ist aber oft nicht der Fall. Der Autor erläutert, dass diese Regelung dazu dient, Arbeitnehmer vor unseriösen Verleihern zu schützen und sicherzustellen, dass die Überlassung den rechtlichen und aufsichtsrechtlichen Anforderungen entspricht.(ib)
Lehren aus den Lokführerentscheidungen des LAG Hessen für das Koalitions- und Arbeitskampfrecht
Prof. Dr. Frank Bayreuther, Passau, NZA 2024, 649-655
Anlass des Beitrags sind zwei Entscheidungen des LAG Hessen zu Zulässigkeit und Grenzen des Streiks der GDL gegen die Deutsche Bahn AG. Die hierbei aufgeworfenen grundsätzlichen Fragen des Arbeitskampfrechts werden von dem Verfasser analysiert. Gegenstand sind dabei insbesondere Unternehmen im Bereich der Daseinsvorsorge, die zu einem Notdienst verpflichtet werden können, um die Bevölkerung mit lebenswichtigen Gütern oder elementaren Dienstleistungen zu versorgen.(ck)
Grenzen des Streikrechts und ihre praktische Effektivität im Überblick
RAin Nina Oldehaver, LL.M. / Lennart Buchholz, Hamburg, BB 2024, 1013-1016
Im folgenden Beitrag befassen sich die Autoren mit dem vor allem 2024 im Personenverkehr bereits häufig wahrgenommenen Streikrecht, insbesondere wie dieses eingegrenzt werden kann, ob diese Grenzen geeignet sind und welche Möglichkeiten der Arbeitgeber hat, um gegen die Arbeitsniederlegung vorzugehen. Sie stellen fest, dass das Arbeitskampfrecht überwiegend Richterrecht ist und vom BAG und BVerfG geformt wird. Außerdem betonen sie, dass die gegebenen Reaktionsmöglichkeiten der Arbeitgeber bei rechtswidrigen Streiks weitgehend ineffektiv sind und plädieren an den Gesetzgeber, klare Rahmenbedingungen zu formulieren, um ein Gleichgewicht zwischen den Tarifparteien zu gewährleisten.(ib)
Wellen- und Solidaritäts- Streiks in Verkehrs-Unternehmen
RA Prof. Dr. Cord Meyer, Stemwede/Berlin, BB 2024, 1140-1143
Der Autor erörtern in diesem Beitrag rechtliche Fragen zu Wellen- und Solidaritätsstreiks im Verkehrssektor. Er stellt fest, dass Wellenstreiks, welche durch spontane und wechselnde Arbeitsniederlegung gekennzeichnet, aber grundsätzlich erlaubt sind, die Planung für Arbeitgeber erschweren. Weiterhin führt er aus, dass Solidaritätsstreiks solche sind, bei denen Gewerkschaften die Forderungen anderer unterstützen. Diese sind nur in den Grenzen der Verhältnismäßigkeit und des Gemeinwohls zulässig. Abschließend betont der Autor die Notwendigkeit klarer gesetzlicher Regelungen, um den Arbeitskampf fair zu gestalten kritische Infrastrukturen zu schützen.(ib)
Allgemeinverbindlicherklärung durch Arbeitskampf
RA/FA Thomas Ubber / RAin Dr. Felicia von Grundherr, Frankfurt / München, ZfA 2024, 264-295
In diesem Betrag befassen sich die Verfasser mit der Frage, ob eine Gewerkschaft durch Streiks die Zustimmung der Arbeitgeberseite zu einer Allgemeinverbindlicherklärung (AVE) von Tarifverträgen erzwingen kann. Sie stellen fest, dass die Streikforderungen der Gewerkschaft nach einer gemeinsamen Beantragung einer AVE rechtswidrig sind, da das Gesetz die freiwillige Zustimmung beider Tarifparteien verlangt. Außerdem würde ein solcher Streik die Tarifautonomie und die positive Koalitionsfreiheit verletzen.(ib)
Dr. Caroline Frank, Münster, ZESAR, 217-227
Das Erfordernis des „gemeinsamen Antrags“ nach § 5 Abs. 1 S. 1 TVG führt zu der Frage der Erstreikbarkeit einer gemeinsamen Antragstellung auf Allgemeinverbindlicherklärung. Für die Beantwortung dieser Frage befasst sich die Verfasserin u.a. mit den einschlägigen Gerichtsentscheidungen, sowie der tariflichen Regelbarkeit einer solchen Antragsinitiative. Sie kommt zu dem Ergebnis, dass es den Sozialpartnern unbenommen bleibt, eine (schuldrechtliche) Koalitionsvereinbarung über die gemeinsame Antragstellung zu treffen, diese aber außerhalb von Art. 9 Abs. 3 GG bzw. § 1 Abs. 1 TVG stehe.
(lh)
Befristung von Arbeitsverträgen im Profisport
RA Prof. Dr. Daniel Benkert, Frankfurt a.M., NJW-Spezial 2024, 306-307
In diesem Beitrag beschäftigt sich der Autor mit der gesetzlichen Begrenzung von Kettenbefristungen im Profisport. Zunächst legt er dar, dass eine Befristung ohne Sachgrund gem. § 14 II 1 TzBfG nur bis zu zwei Jahre möglich ist. Anschließend geht er auf die Klage des Fußballspielers Heinz Müller gegen den 1 FSV Mainz 05 ein, welche durch das ArbG Mainz und das BAG unterschiedlich entschieden wurde. Des Weiteren erörtert der Autor die Problematik im Bereich des Basketballsports. Er kommt zu dem Ergebnis, dass bei Profi-Sportlern aufgrund des internationalen Transfersystems ein Sachgrund gem. § 14 II 1 TzBfG vorliegt, dies aber in Bereichen ohne internationale Transfersysteme oder hohe Abfindungszahlungen schwer zu rechtfertigen ist.(ib)
BB-Rechtsprechungsreport zur betrieblichen Altersversorgung 2023/2024
RA Dr. Michael Karst / RAin/FAin Christine Bleeck, Wiesbaden, BB 2024, 1076-1084
Die Autoren fassen in diesem Beitrag die Rechtsprechung des BAG zur betrieblichen Altersversorgung im Zeitraum vom April 2023 bis März 2024 zusammen. Dabei legen sie den Schwerpunkt auf die Einstandspflicht des Arbeitgebers bei Rentenverkürzungen durch Pensionskassen, die Berücksichtigung von Teilzeitbeschäftigung bei entgeltbezogenen Zusagen und die Kontrolle von Klauseln nach dem Recht der AGB. Außerdem erörtern sie die Auslegung von Versorgungszusagen im Betriebsübergang und die Anforderungen an die rechtliche Beendigung des Arbeitsverhältnisses für den Bezug einer Erwerbsminderungsrente.(ib)
Betriebsrentenanwartschaften werden unverfallbar
VRiBAG a.D. Dr. Bertram Zwanziger, Berlin, SR 2024 41-55
In diesem Beitrag diskutiert der Autor die Herausforderungen und Entwicklungen bezüglich der Unverfallbarkeit von Betriebsanwartschaftsrechten. Er erklärt, dass diese Problematik im Falle eines vorzeitigen Ausscheidens eines Arbeitnehmers ungeklärt war und erst 1972 durch das BAG entschieden wurde. Weiterhin betont er, dass diese Entscheidung und die darauffolgenden gesetzlichen Regelungen dazu führten, dass Betriebsrentenanwartschaften unter bestimmten Bedingungen unverfallbar wurden, was einen bedeutenden Fortschritt im Arbeitsrecht darstelle.(ib)
„Zuletzt erreichter Lebensstandard“ – Die letzten zehn Jahre entscheiden
Stefanie Beyer / RA Sebastian Walthierer, Fankfurt a.M., DB 2024, 1409-1412
In diesem Artikel analysieren die Autoren ein BAG-Urteil zur Berechnung von Versorgungsleistungen, das den durchschnittlichen Beschäftigungsgrad der letzten zehn Jahre für endgehaltsbezogene Zusagen heranzieht, was insbesondere Teilzeitbeschäftigte betrifft. Die Autoren diskutieren die Auswirkungen dieser Entscheidung auf die betriebliche Altersversorgung und die Gestaltungsfreiheit der Arbeitgeber bei der Formulierung solcher Zusagen.(ib)
RAin Dr. Isabel Schäfer / RAin Dr. Astrid Schnabel (LL.M.) / Wiss. Mit. Nele Mareike Runkowski, Hamburg, NZA-RR 2024, 281-288
Die Mitbestimmung des Betriebsrats bei der Einführung und Anwendung technischer Einrichtungen nach § 87 I Nr. 6 BetrVG wirft vor dem Hintergrund fortschreitender Digitalisierung die Frage nach einem Ausgleich der betrieblichen Mitbestimmung und dem Beschäftigtenschutz einerseits mit den Unternehmensinteressen andererseits auf. Die bisherige, durch die arbeitsgerichtliche Rechtsprechung geprägte, extensive Auslegung wird daher durch aktuelle Entscheidungen kritisiert.(ck)
Künstliche Intelligenz und betriebliche Mitbestimmung
RAin Dr. Flavia Lang / RA Dr. Hubertus Reinbach, Hamburg, DB 2024, 1396-1400
Bei dem Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) in der Arbeitswelt kommen je nach verwendetem KI-System und der konkreten Einsatzart Beteiligungsrechte des Betriebsrats in Betracht. Zentrale Norm ist hierbei § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG bezüglich der Einführung und Anwendung technischer Einrichtungen. Sinnvoll ist aus Sicht der Verfasser der Abschluss von Betriebsvereinbarungen zum Einsatz von KI, um Risiken wie der unerwünschten Preisgabe von unternehmens- und personenbezogenen Daten entgegenzuwirken.(ck)
Der Gesetzentwurf zur Betriebsratsvergütung – eine erste Bewertung
Prof. Dr. Markus Stoffels, Heidelberg, BB 2024 1204-1208
In diesem Beitrag bewertet der Autor den Gesetzesentwurf zur Neuregelung der Betriebsvergütung. Dabei kommt er zu einem positiven Ergebnis, da der Entwurf die bestehende Rechtslage präzisiert und das Prinzip der ehrenamtlichen Betriebstätigkeit stärkt. Er betont, dass durch betriebliche Vereinbarungen die Transparenz erhöht und das Risiko strafrechtlicher Konsequenzen für Arbeitgeber und Betriebsratsmitglieder verringert werden. Der Autor stellt abschließend fest, dass der Entwurf insgesamt mehr Rechtssicherheit schafft.(ib)
Andreas Zöllner, Hamburg, EuZA 2024 167-185
Der Autor untersucht in diesem Beitrag die Zuweisung der datenschutzrechtlichen Verantwortlichkeit nach § 79a BetrVG und die damit verbundenen unionsrechtlichen Bedenken. Er erläutert, dass der deutsche Gesetzgeber die datenschutzrechtliche Verantwortung für die Verarbeitung personenbezogener Daten durch den Betriebsrat dem Arbeitgeber zuweist, was als rechtlich umstritten gilt. Er kritisiert, dass diese Regelung die Anforderungen der DSGVO nicht erfüllt und damit unionsrechtswidrig ist, da der Betriebsrat selbst über Zwecke und Mittel der Datenverarbeitung entscheidet und somit die Verantwortung dafür tragen müsse.(ib)
RA Nico Bernhardt, Wetzlar, NZA 2024, 666-671
Der Beitrag beleuchtet Problemkreise um den Auskunfts- und Kopieanspruch gegen den Arbeitgeber aus Art. 15 DS-GVO. Thematisiert wird dabei die Frage, ob bei Auskunftsanträgen auch bei datenschutzfremden Motiven eine Einschränkung vorzunehmen ist und ob den Arbeitnehmer bei Aufforderung durch den Arbeitgeber eine Präzisierungspflicht trifft. Zudem wird untersucht, welche Risiken den Arbeitgeber bei Nichtbeantwortung des Auskunftsantrags treffen.(ck)
Datenschutzrechtliche Fragen bei der Nutzung von Künstlicher Intelligenz im Arbeitsverhältnis
Prof. Dr. Susanne Auer-Mayer, Wien, ZESAR 2024, 199-206
Der Einsatz von künstlicher Intelligenz im Arbeitsverhältnis wirft insbesondere unionsrechtliche Fragen auf. In Anbetracht der Entscheidung des EuGH in der Rechtssache Schufa Holding stellt sich laut der Autorin allerdings die Frage, ob der EuGH bei der Anwendung von Art. 22 DSGVO über das Ziel des Schutzes vor automatisierter Entscheidungsfindung hinausgeschossen ist.(lh)
Rechtsanwalt Dr. André Fischels, LL.M. / Ass. iur. Emil Sokoll, Frankfurt a.M., NZA 2024, 721-728
In Fortsetzung der Ausführungen zu neuen Impulsen zum Arbeitnehmerbegriff durch die Crowdworker-Entscheidung des BAG beleuchtet und bewertet dieser Beitrag die Vermutung der Arbeitnehmereigenschaft in der EU-Richtlinie zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen in der Plattformarbeit (Plattformarbeits-RL). Zudem wird von dem Autor ein Vorschlag zur Umsetzung des Vermutungstatbestandes in deutsches Recht gemacht.(ck)
RAin Dr. Clara Winkel, Düsseldorf, NZA 2024, 728-736
Die Fehlerfolge zum Massenentlassungsverfahren befindet sich auf dem Prüfstand, seitdem der 6. Senat des BAG eine Überprüfung des zum Massenentlassungsverfahren entwickelten Sanktionssystems angekündigt und der 2. Senat auf eine Divergenzanfrage den Reformbedarf bestätigt, aber eine Vorlage an den EuGH für erforderlich gehalten hat. Die Verfasserin untersucht daher die Sanktionen anderer Mitgliedstaaten bei Verletzung der Massenentlassungsrichtlinie sowie die derzeitigen nationalen und unionsrechtlichen Prämissen des Sanktionssystems des BAG im Hinblick auf das Anzeige- sowie das Konsultationsverfahren.(ck)
Equal Pay – Ende der unternehmerischen Entscheidungsfreiheit?
Oliver Baierl / RA/FA Dr. Martin Hörtz, Frankfurt a.M., DB 2024, 1546-1548
Anlässlich der in deutsches Recht umzusetzenden EU Pay Transparency Directive prüfen die Verfasser die bestehenden Prozesse zur Gehaltsfindung, insbesondere inwieweit die unternehmerische Entscheidungsfreiheit in Gehaltsfragen wie dem Umgang mit Besitzständen zunehmend eingeschränkt wird. Künftig müssen unternehmerische Entscheidungen laut den Autoren transparenter erläutert und eine Differenzierung begründet werden. (ck)
RiBAG a.D. Dr. Regine Winter, Erfurt, EuZA 2024, 140-166
In diesem Beitrag analysiert die Autorin die neue EU-Richtlinie 2023/970 zur Stärkung der Entgeltgleichheit durch Entgelttransparenz und Durchsetzungsmechanismen. Sie stellt dar, dass die Richtlinie umfassende Maßnahmen zur Durchsetzung gleicher Bezahlung für Männer und Frauen bei gleicher und gleichwertiger Arbeit fordert und dass sie dabei weit über das bestehende deutsche Entgelttransparenzgesetz hinausgeht. Die Autorin stellt abschließend fest, dass, um die Anforderungen fristgerecht umsetzen zu können, sowohl der Gesetzgeber als auch der Arbeitgeber und die Tarifvertragsparteien aktiv etwas tun müssen, um faire und diskriminierungsfreie Entgeltsysteme zu schaffen.(ib)
Prof. Dr. Leonhard Hübner / Prof. Dr. Markus Lieberknecht, Augsburg/Osnabrück, NJW 2024, 1841-1846
Gegenstand des Beitrags ist die am 24.4.2024 vom Europäischen Parlament verabschiedete Corporate Sustainability Due Diligence Directive (CSDDD). Die Verfasser erläutern die wichtigsten Inhalte und den daraus folgenden Umsetzungsbedarf. Hierbei kommen sie zu dem Ergebnis, dass die Pflichten der Unternehmen im Vergleich zum Lieferkettensorgfaltspflichtgesetz ausgeweitet werden, der persönliche Anwendungsbereich jedoch deutlich enger ist, sodass der deutsche Gesetzgeber die Richtlinie entweder überschießend umsetzen oder die weitergehenden Pflichten nur den Unternehmen, die unter die CSDDD fallen, auferlegen könnte.(ck)
Rassismus und Fremdenfeindlichkeit als politische Betätigung im Betrieb
Prof. Dr. Wolfgang Kleinebink, Wuppertal, DB 2024, 1343-1349
Der Autor behandelt in diesem Beitrag die Grenzen der Meinungsfreiheit und die Handlungsmöglichkeiten für Arbeitgeber bei rassistischen und fremdenfeindlichen Äußerungen im Betrieb. Dabei betont er, dass die Meinungsfreiheit im Betrieb gilt, aber durch allgemeine Gesetze und das Recht der persönlichen Ehre eingeschränkt wird. Außerdem stellt er fest, dass Arbeitgeber präventive Maßnahmen ergreifen und auf Vorfälle mit verschiedenen arbeitsrechtlichen Mitteln reagieren können. Er macht deutlich, dass besonders schwerwiegende Pflichtverletzungen, wie rassistische Beleidigungen, eine fristlose Kündigung rechtfertigen können.(ib)
Salome Bendrick, Hamburg, ZESAR 2024 163-169
In diesem Beitrag beschäftigt sich die Autorin mit der Kompetenz und Umsetzung der europäischen Mindestlohn-Richtlinie, deren Umsetzung bis zum 15.11.2024 erfolgen soll. Zunächst stellt sie kurz die elementaren Regelungsinhalte des Art. 5 ML-RL dar. Sie macht deutlich, dass das unionsrechtliche Verständnis der Angemessenheit als einzuhaltende Lohngrenze zu einer Vereinheitlichung der Löhne führt und unter die Kompetenzbeschränkung des Art. 153 V AEUV fällt. Anschließend erörtert sie mögliche Probleme und Lösungen bei der Umsetzung der Richtlinie in nationales Recht.(ib)
Europäische Rechtssetzung zum Mindestlohn
Prof. Dr. Lena Rudkowski, Gießen, ZfA 2024, 181-224
Die Autorin analysiert in diesem Beitrag die Mindestlohn-Richtlinie der EU, ihre Vereinbarkeit mit dem europäischen Primärrecht und die Auswirkungen auf das deutsche Recht. Sie kommt zu dem Ergebnis, dass die Richtlinie gegen Art. 153 V AEUV verstößt, da sie Regelungen zur Lohnhöhe und zum Koalitions- und Streikrecht enthält und somit primärrechtswidrig ist. Außerdem stellt sie fest, dass das deutsche Mindestlohngesetz und die Förderung tariflicher Verhandlungen angepasst werden müssen.(ib)
Die Darlegungs- und Beweislast bei Klagen auf Entfernung einer Abmahnung aus der Personalakte
RA Dr. Johannes Oehlschläger, München, NZA 2024, 671-675
Aus Anlass eines im Jahr 2019 ergangenen Urteils des ArbG Stendal widmet sich der Verfasser der Frage der Darlegungs- und Beweislast für die anspruchsbegründenden Tatsachen für den Entfernungsanspruch der Abmahnung aus der Personalakte. Hierbei unterscheidet er zwischen der isolierten gerichtlichen Geltendmachung des Anspruchs auf Entfernung der Abmahnung sowie der Abmahnung als Wirksamkeitsvoraussetzungen einer verhaltensbedingten Kündigung im Rahmen eines Kündigungsschutzverfahrens.(ck)
FA/RA Christian Koops / RA Dr. Philipp Schlotthauer, München, BB 2023, 1460-147
Anlass des Beitrags ist eine aktuelle Entscheidungsreihe des BSG zur Beschäftigteneigenschaft nach § 7 Abs. 1 S. 1 SGB IV von Geschäftsführern einer Ein-Mann-Gesellschaft. Dieses hatte die Beschäftigteneigenschaft bejaht, obwohl nur zwischen den jeweiligen Gesellschaftern ein Vertragsverhältnis bestand. Die Verfasser sehen hierin eine Rechtsfortbildung des Beschäftigtenbegriffes durch das BSG. (ck)
Tarifanwendung bei der öffentlichen Auftragsvergabe
Prof. Dr. Georg Caspers, Erlangen-Nürnberg, ZfA 2024, 225-244
In diesem Beitrag befasst sich der Autor mit den Entwicklungen und Rechtsfragen zur Tariftreuepflicht bei der Vergabe öffentlicher Aufträge. Dabei geht er auf das Rüffert-Urteil des EuGH ein. Zunächst erläutert er verschiedenen Ansätze einzelner Bundesländer und des Bundes zur Sicherstellung der Tariftreue durch neue Gesetze und Verordnungen. Weiter analysiert er die Vereinbarkeit der getroffenen Regelungen mit den EU-Richtlinien und der Dienstleistungsfreiheit, wobei er feststellt, dass viele Tariftreueverordnungen unionsrechtswidrig sind, da sie über den gesetzlichen Mindestlohn hinausgehen. Außerdem zeigt er verfassungsrechtliche Bedenken hinsichtlich der Koalitionsfreiheit und der Tarifautonomie auf. Abschließend betont er die Notwendigkeit einer sorgfältigen rechtlichen Abwägung bei der Umsetzung von Tariftreuepflichten, um die Vereinbarkeit mit dem Unionsrecht und der deutschen Verfassung zu gewährleisten.(ib)
Zwischen Kooperation und Konflikt – Tarifpolitik im Staatskorsett
RA Heribert Jöris, ZfA 2024, 245-263
Im vorliegenden Beitrag analysiert der Verfasser die historische Entwicklung und die aktuellen Herausforderungen der Tarifpolitik in Deutschland. Dazu befasst er sich kritisch mit staatlichen Eingriffen wie dem gesetzlichen Mindestlohn und dem Bundestariftreue- und Vergabegesetz. Er stellt fest, dass diese staatlichen Maßnahmen die Tarifbindung gefährden, anstatt sie zu stärken. Als Fazit hebt er hervor, dass ein gemeinsames Verständnis und ein ausgewogenes Tarifvertragspaket notwendig sind, um die Tarifbindung zu fördern.(ib)
Die Berücksichtigung von Urlaub bei der Berechnung von Mehrarbeitszuschlägen
Laurenz Weber, LL.B., Hamburg, DB 2024, 1478-1483
Der EuGH verpflichtet Tarifparteien, Urlaubszeiten bei der Berechnung von Mehrarbeitszuschlägen zu berücksichtigen. Nach Ansicht des Verfassers überdient er hiermit die unionsrechtlichen Rechtsgrundlagen und verletzt die Tarifparteien in ihrem Recht auf Kollektivverhandlungen aus Art. 28 GrCh. Alternativ sei denkbar, den Tarifparteien einzuräumen, Mehrarbeitszuschläge nur für tatsächlich geleistete Stunden zu vereinbaren, sie in dem Fall jedoch zu verpflichten, die Schwellenwerte entsprechend den Urlaubstagen anteilig herabzusetzen.(ck)
Das Urlaubskassenverfahren als besondere Ausprägung der Bauwirtschaft
Prof. Dr. Daniel Ulber, Halle, SR 2024, 97-104
Das Urlaubskassenverfahren hat sich im Hinblick auf die Besonderheiten in der Bauwirtschaft bewährt. Das System könnte daher laut dem Autor auch auf andere Branchen übertragen werden und so zur Bewältigung verschiedener Krisen beitragen. Eine Stärke des Systems sei die Möglichkeit, auf sich ändernde Umweltbedingungen zu reagieren und damit Betriebe zu entlasten.(lh)
Vereinbarkeit einer nationalen Regelung zum Verlust des Anspruchs auf finanzielle Abgeltung des Jahresurlaubs mit Unionsrecht
RAin/FAin Cyrielle Therese Ax, Frankfurt am Main, DB 2024, 1483
EuGH, Urteil vom 18.1.2024, C-218/22(ck)
Eltern können ElterngeldPlus auch bei längerer Arbeitsunfähigkeit beanspruchen
RA/FA Tomislav Santon, LL.M., Düsseldorf, DB 2024, 1484
BSG, Urteil vom 7.9.2023 – B 10 EG 2/22 R
(ck)
Keine Altersdiskriminierung durch Gewährung von Vertrauensschutz bei der Auslegung von Bezugnahmeklauseln in Altverträgen
RA Dr. Johann Ante, Dortmund, NZA-RR 2024, 328
BAG, Urteil vom 13.12.2023 – 4 AZR 286/22
(ck)
Begriff der Mehrarbeit bei der Berechnung des Zuschusses zum Kurzarbeitergeld
RA Dr. Johann Ante, Dortmund, NZA-RR 2024, 329
BAG, Urteil vom 7.2.2024 – 5 AZR 360/22
(ck)
Keine Umwandlung eines Arbeits- in ein Dienstverhältnis bei Verschmelzung
Wiss. Mit Stephan Sura, Köln, NZA-RR 2024, 330
LAG Düsseldorf, Beschluss vom 7.12.2023 – 3 Ta 273/23
(ck)
Kein Anspruch auf Lohnzahlung eines ungeimpften Altenpflegers nach Freistellungsempfehlung durch Gesundheitsamt
RAin Dr. Brigitte Glatzel, Mainz, NZA-RR 2024, 331
LAG Niedersachsen, Urteil vom 18.12.2023 – 4 Sa 166/23
(ck)
Arbeitnehmerstatus eines Marketingberaters in einer Rundfunkanstalt
RA Dr. Martin Söller, Bremen, NZA-RR 2024, 332
LAG Hessen, Urteil vom 16.10.2023 – 7 Sa 230/22
(ck)
Widerklage auf Auskunft hinsichtlich getätigter Erwerbsbemühungen
RA Dr. Anton Barrein, Hannover, NZA-RR 2024, 333
ArbG Gera, Urteil vom 24.4.2024 – 3 Ca 1106/23
(ck)
Kein Beweisverwertungsverbot von privaten Chats auf Dienst-PC selbst bei Privatnutzungsverbot
Wiss. Mit. Stephan Sura, Köln, NZA-RR 2024, 334
LAG Bremen, Urteil vom 7.11.2023 – 1 Sa 53/23
(ck)
Erfüllung der Pflicht zur Vorlage von Bewerbungsunterlagen durch Einräumen eines digitalen Leserechts
RA Dr. Johann Ante, Dortmund, NZA-RR 2024, 335
BAG, Beschluss vom 13.12.2023 – 1 ABR 28/22
(ck)
Anwendung des BetrAVG auf Pflegeschwestern unabhängig von der Arbeitnehmerstellung
RAin Dr. Brigitte Glatzel, Mainz, NZA-RR 2024, 336
LAG Düsseldorf, Urteil vom 19.1.2024 – 6 Sa 763/22
(ck)
Annahmeverzug – Kein Auskunftsanspruch über (eigeninitiative) Bewerbungsbemühungen
RA/FA Dr. Michael Weber / RA Adnan Alomerovic, München, DB 2024, 1549
LAG Köln, Urteil vom 27.4.2023 – 8 Sa 793/22
(ck)
BGH: Wirksamkeit von Bad-Leaver-Klauseln in Arbeitsverträgen mit variabler Vergütung
RA/FA Dr. Till Heimann / RA Norbert Stabenow, Düsseldorf, DB 2024, 1550
BGH, Beschluss vom 13.9.2023 – XII ZB 400/22
(ck)
Zulässige Gruppenbildung und Stichtagsregelung im Sozialplan
RAin Cora Sprengart, Frankfurt a.M., BB 2024, 1404
BAG, Urteil vom 30.1.3023 – 1 AZR 62/23
(ck)
Mitbestimmung nach § 99 BetrVG – Digitale Erfüllung der Pflichten ist möglich
RAin/FAin Dr. Henriette Norda, LL.M. / Pauline Blankenburg, Hamburg, BB 2024, 1087-1088
BAG, Beschluss vom 13.12.2023 – 1 ABR 28/22
(ib)
Teilnahmerecht der Gesamtschwerbehindertenvertretung an Betriebsversammlungen
RA/FAProf. Dr. Tim Jesgarzewski, Bremen, BB 2024, 1148-1149
BAG, Beschluss vom 12.12.2023 – 7 ABR 23/22
(ib)
Weiter Beurteilungsspielraum des Betriebsrats in Bezug auf durch Schulungen verursachte Kosten
RA/FA Dr. Christian Ley, München, BB 2024 1212-1213
BAG, Beschluss vom 7.2.2024 – 7 ABR 8/23
(ib)
Rahmenvereinbarung über befristete Arbeitsverträge/Öffentlicher Sektor/Lehrkräfte/Befähigungsnachweise/Dienstalter
Dr. Andreas von Medem / Yannik Luther, Köln, ZESAR 2024 184-187
EuGH, Urteil vom 30.11.2023 – Rs. C-270/22
(ib)
Verarbeitung personenbezogener Daten / Kopie der Daten / Patientenakte / Auskunftsantrag
Prof. Dr. Carsten Wendtland, Mühlheim am Main, ZESAR 2024 194-196
EuGH, Urteil vom 26.10.2023 – Rs. C-307/22
(ib)
Grundsatz der Nichtdiskriminierung von Teilzeitbeschäftigten bei Überstundenzuschlägen
Prof. Dr. Dirk Selzner, Mannheim, EuZA 2024, 216-226
EuGH, Urteil vom 19.10.2023 – C-660/20
(ib)
EuGH zum Individualschutz in der Massenentlassungsrichtlinie – Neue Impulse für das Sanktionsregime des BAG?
Dr. Lorenz Lloyd Fischer, Würzburg, EuZA 2024, 227-237
EuGH, Urteil vom 13.7.2023 – C-134/22
(ib)
Vereinigtes Königreich: Zulassung einer verspätet erhobenen Kündigungsschutzklage
Johanna Elsen, München, ZESAR 2024, 238
Employment Appeal Tribunal 16.11.2021, (2022) EAT 108, Industrial Relations Law Reports 2022, 906
(ib)
Vereinigtes Königreich: Staatlicher Coronazuschuss und Gehaltsanspruch der des Arbeitnehmers
Maria-Luisa Koller, München, EuZA 2024, 239
Employment Appeal Tribunal 18.11.2022, (2022) EAT 199, Industrial Cases Reports 2023, 955
(ib)
Frankreich: Erstattung des Arbeitslosengeldes bei unwirksamer Kündigung
Clara Hastedt, München, EuZA 2024, 240
Cour de cassation, chambre sociale 18.1.2023, Nr. 2120311, Revue de Jurisprudence Sociale 2023, Nr. 134
(ib)
Überstundenzuschläge bei Teilzeitbeschäftigung: Endlich Klarheit
Prof. Dr. Eva Kocher, Frankfurt (Oder), AuR 2024, 204-206
EuGH, Urteil vom 19.10.2023 – C-660/20
(ib)
Bedeutung der EuGH Entscheidung C-660/20 für das österreichische Recht
Prof. Dr. Martin Gruber-Risak, Wien, AuR 2024, 207-208
EuGH, Urteil vom 19.10.2023 – C-660/20
(ib)
Darlegungs- und Beweislast bei Fortsetzungserkrankungen
Clara Willeke / Prof. Dr. Judith Brockmann, Kassel, AuR 2024, 208-210
BAG, Entscheidung vom 18.01.2023 – 5 AZR 93/22
(ib)
Fehlerhafte Abordnung verstößt gegen das Gebot des gesetzlichen Richters
Thomas Gerretz, Münster, AuR 2024, 211-212
BAG, Entscheidung vom 21.11.2023 – 2 AZN 153/23
(ib)
Entgeltfortzahlung aufgrund einer SARS-CoV-2-Infektion und behördlicher Absonderungsanordnung
Dr. Till Bender, AuR 2024, 212-213
BAG, Beschluss vom 20.03.2024 – 5 AZR 234/23
(ib) Das BAG setzt Konkretisierung der Grundlagen der Anrechnung anderweitigen Verdienstes nach § 11 KSchG fort
RA/FA Dr. Maximilian Schmidt, Köln, DB 2024, 1350
BAG, Urteil vom 24.01.2024 – 5 AZR 331/22
(ib)
Eigenanteil an Aus- und Weiterbildungskosten
RAin Kira Fritsche, LL.M., Düsseldorf, DB 2024, 1413
BAG, Urteil vom 05.09.2023 – 9 AZR 350/22
(ib)
Teilzeitverlangen während der Elternzeit
RAin/FA Dr. Jessica Blattner, DB 2024, 1414
BAG, Urteil vom 05.09.2023 – 9 AZR 329/22
(ib)
Fristlose Kündigung wegen Äußerung in privater Chatgruppe – Berechtigte Vertraulichkeitserwartung und Beweisverwertungsverbot?
RA Philip Hackethal /RA Dr. Stefan Schmidt-Lauber, Hamburg, BB 2024, 1277-1278
BAG, Urteil vom 24.08.2023 – 2 AZR 17/23
(ib)
Zurück auf Anfang: Wirksame Kündigung ohne vorherige Massenentlassungsanzeige?
Dr. Laura Schmitt, LL. M. (Connecticut), Berlin, ZESAR 2024, 241
BAG, Vorlagebeschluss vom 1.2.2024 – 2 AS 22/23 (A)
(lh)
Schutz der Sicherheit und der Gesundheit der Arbeitnehmer/Arbeitszeitgestaltung/Anspruch auf Jahresurlaub/Quarantänemaßnahme
Prof. Dr. Lydia Bittner, LL. M.oec.int., Magdeburg, ZESAR 2024, 241
EuGH, Urteil vom 14.12.2023 – Rs. C-206/22
(lh)
Finanzielle Vergütung für nicht genommenen Jahresurlaub/Im öffentlichen Dienst beschäftigter Arbeitnehmer/Ausscheiden auf eigenen Wunsch
Dr. Thomas Dullinger, Wien, ZESAR 2024, 250
EuGH, Urteil vom 18.1.2024 – Rs. C-218/22
(lh)
Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf/Diskriminierung wegen einer Behinderung/Berufsunfall/Dauerhafte vollständige Berufsunfähigkeit/Angemessene Vorkehrungen
Mag.a Julia Rauch, Linz, ZESAR 2024, 256
EuGH, Urteil vom 18.1.2024 – Rs. C-631/22
(lh)